Gedichte im Islam
Der schlecht gekleidete König

von Saadi aus dem "Fruchtgarten". aus dem Persischen übersetzt von Otto Hauser

Es trug einst ein König von gabmilder Hand,
So hört‘ ich, aus unfeinem Zwilch ein Gewand.
O glückhafter Fürst, sprach da einer zu ihm,
Trag Seide aus China doch, wie dir geziem.
Er sprach: Dieses Kleid dient zu Hülle und Schutz,
Ein anderes diente zu Prunk nur und Putz.
Darum nicht erhebe ich Steuer und Fron,
Damit ich mich selbst schmück‘ und Krone und Thron.
Sag an, wenn wie Weiber ich Schleppmäntel trüg‘,
Wie männlich den Feind aus dem Feld ich dann schlüg‘?
Gewiss hab‘ ich Wünsche wohl hunderterlei,
Doch über den Schatz nicht gebiete ich frei.
Des Heers wegen füll‘ ich die Schatzhäuser an,
Doch nicht, dass ich schmücken und putzen mich kann.

Dient freudigen Muts der Soldat nicht dem Herrn,
So hält er den Feind von den Grenzen nicht fern.
Und raubt man dem Bauern den Esel vom Feld,
Was werden dem König dann Zehnten gestellt?
Der Feind nimmt den Esel, der König die Fron:
Wie bleibt da das Glück noch bei Krone und Thron?
Den Schwachen zu drücken ist unedel Tun:
Das Korn schnappt der Ameise weg nur das Huhn.
Das Volk ist ein Baum, der, in Treuen gepflegt,
Dem Wunsch deiner Freunde nach, Früchte dir trägt.
Reiß grausam mit Wurzel und Frucht ihn nicht aus;
Es schadet der Tor nur dem eigenen Haus.
Nur der ist von Jugend und Heil stets beglückt,
Der nie seinen Untertan quält und bedrückt.
Und zwingst du den Schwachen zu hartem Robott,
Vergiss nicht: er bringt seine Klage vor Gott.
Mit Milde vergrößere Herrschaft und Gut,
n Schlachten nicht fließ‘ aus den Adern das Blut.
Bei Mannessinn! Gilt‘s auch der Welt ganzes Rund,
Nicht netze ein Tropfe von Blut nur den Grund.

 

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