Gedichte im Islam
Romanus und Alp Arslam

von
Friedrich Rückert

Der tapfre Griechenkaiser
Romanus zieht ins Feld,
Und ihm zum Kampf entgegen
Zieht Alp Arslan der Held.

Alp Arslan führt die mindre,
Roman die größre Macht;
Alp Arslan geht entschlossen,
Wie in den Tod, zur Schlacht.

Ein weißes Sterbehemde
Von Leinwand legt er an,
Doch drunter einen Panzer
Von Erz, der schützen kann.

Ablegt er Pfeil und Bogen,
Womit er sonst bewehrt
Von ferne weiß zu treffen,
Und nimmt nur Keul’ und Schwert.

Denn nahe will er fechten;
Wie das die Seinen sahn,
Ergreift sie ein Verlangen
Dem Feid wie er zu nahn.

Drum hat der kleinre Haufe
Den größern heut besiegt;
Romanus, wie er tapfer
Entgegen kämpfte, erliegt.

Romanus ist gefangen
Geführt zu Alp Arslan.
Wär’ ich wie du gefangen,
Was tätst du mir, Roman?

Ich würde, spricht er grimmig,
Dir geben manchen Streich.
Doch jener spricht gleichmütig:
Was tu’ ich dir nun gleich?

„Wenn du bist grausam, trenne
Vom Haupte mir den Rumpf,
Und führe mich, wenn eitel,
Gefangen im Triumph.

Und bist du so großmütig,
Wie du dich rühmst zu sein,
So lass mich frei von hinnen,
Und was ich hab’ ist dein.“

Alp Arslan ist nicht grausam,
Auch eitel ist er nicht;
Und was von seiner Großmut
Man sagt, ist kein Gedicht.

Er lässt den Griechenkaiser
Mit all den Seinen ziehn,
Nachdem er Ehrenkleider
Den Tapfersten verliehn.

Doch macht er die Bedingung,
Daß auf dem Throne Frei
Der Kaiser ihm zu Solde
Verpflichtet jährlich sei.

Romanus geht, mit Glanze
Zu sitzen auf dem Thron,
Doch den hat eingenommen
Ein Gegenkaiser schon.

Er will doch die Bedingung
Erfüllen wie er kann,
Schickt eine kleine Summe,
Und schreibt an Alp Arslan:

Mehr kann ich dir nicht senden,
Bis ich den Thron erlangt;
Verhilf mir erst zum Throne,
Wenn dich nach mehr verlangt.

Zum Throne will ihm helfen
Alp Arslan, sich zum Lohn;
Da hört er, von den Seinen
Sei er ermordet schon.

Aus: Sieben Bücher Morgenländischer Sagen und Geschichten

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de