Gedichte im Islam
Das Gebet im Feld

von
Friedrich Rückert

Wer in seiner Heimat
Sein Gebete tut,
Soll zuvor sich waschen
Ganz mit reiner Flut.
Aber wer durchreiset
Wasserloses Land,
Nehme statt des Wassers
Eine Handvoll Sand.
Von dem Tau des Himmels
War der Sand getränkt,
Und noch in dem trocknen
Bleibt die Kraft versenkt.
Aber wenn umdrohet
Euren Ritt Gefahr,
Braucht ihr nicht vom Sattel
Abzusteigen gar.
Schlagt nur an den Sattel,
Dass ein Staub entsteigt,
Solcher der sich tanzend
In der Sonne zeigt.
Lasst für Sand ihn gelten
Wie den Sand für Flut;
Sprecht ein kurz Gebete
Reitend wohlgemut!
Denn der Allerbarmer
Will an jedem Ort
Mehr von euch nicht fordern,
Als euch leicht wird dort.
Kommt ihr heim zum Zelte,
Holt gemächlich nach
Alles, was der Andacht
Unterwegs gebrach.

von Friedrich Rückert aus
Sieben Bücher morgenländischer Sagen und Geschichten", Stuttgart 1837

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