Menschenrechte
Eines
der häufigsten Vorwürfe gegenüber dem Islam und den Muslimen
ist, dass Muslime aus ihrer Religion heraus die Menschenrechte
nicht achten würden. Die Beurteilung und der Umgang gegenüber
den Muslimen ist dabei geprägt von Überheblichkeit und
Arroganz, die sogar in eine Aussage des damaligen deutschen
Innenministers mündete, die er im Februar 2002 bei einer
Tagung des SPD-Forums Ostdeutschland zur Inneren Sicherheit in
Dessau von sich gab: "Es muss aber erlaubt sein zu sagen,
dass der muslimische Glaube eine Verirrung ist."
Sicher
muss es erlaubt sein, so etwas zu sagen. Aber darf ein
deutscher Innenminister das tun, ein Innenminister mit über
drei Millionen Muslimen in seinem Land? Oder würde der
deutsche Innenminister auch folgende Aussagen von sich geben:
"Es muss aber erlaubt sein zu sagen, dass der jüdische
Glaube eine Verirrung ist"? Der nachfolgende
CDU-Innenminister hat sogar eine Islam-Konferenz einberufen,
in der dann aber auch Leute mitwirkten, die sich gar nicht zu
einer islamischen Identität bekannten, sondern diese
bekämpften. Auch das konnte kaum zur wahren Integration
führen.
Bevor
Muslime und Nichtmuslime sich in diesem Land Auge in Auge
gegenübersetzen und aufrichtig Wege zum Wohl des Landes suchen
und sicherlich auch finden können, ist es sicherlich
bedeutsam, dass auch die Einstellung der Muslime zu den
Menschenrechten erkannt werden. Während es klipp und klar
erscheint, dass Muslime die Vorwürfe bezüglich
Menschenrechtsverletzungen schweigsam hinzunehmen hätten,
kommt es den Anklägern nur selten in den Sinn, dass auch
Muslime bezüglich Menschenrechten Anschuldigungen gegenüber
der “westlichen Welt“ haben könnten. Für einen früheren
deutschen Innenminister war es selbstverständlich, in aller
Öffentlichkeit zu sagen: "Es muss aber erlaubt sein zu
sagen, dass der muslimische Glaube eine Verirrung ist."
Aber wird es den Muslimen auch zugebilligt, zu sagen: "Es
muss aber erlaubt sein zu sagen, dass der westliche
Kapitalismus eine Verirrung ist", ohne gleich zum
Verfassungsfeind erklärt zu werden? Denn die
Menschenrechtsvorwürfe aus muslimischen Kreisen gegenüber
dieser Welt, in der wir alle gemeinsam leben müssen, sind
nicht leicht zu verkraften.
Im
Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über einige der
Vorwürfe, welche in den Herzen vieler Muslime wachsen, aber
die sie zumeist nicht zu äußern wagen. Wie aber würde es wohl
in deutschen Ohren klingen, wenn er von einem ausländischen
Staatsgast hören würde, dass er gekommen sei, um auch über die
Menschenrechtssituation in Deutschland zu sprechen!? Dabei
wären seine Vorwürfe durchaus diskussionswürdig. Folgende
Auflistung ist eine Sichtweise aus muslimischer Sicht. Sie
wird in dieser Form sicherlich nicht von einem Bürger der
westlichen Welt geteilt, aber genau darin besteht ja die
Chance zur Diskussion, zum Dialog und zur gegenseitigen
Bereicherung:
·
Menschenrechte in der westlichen Welt heißt, die brutalsten
Herrscher und Massenmörder der Welt mit biologischen und
chemischen Waffen auszustatten, damit diese ihr eigenes Volk
massakrieren. Als Zugabe werden die schon gedemütigten
Zivilisten wegen Besitzes von Massenvernichtungswaffen
massakriert und gegen den Willen des Volkes besetzt und
ausgebeutet (siehe Irak).
·
Menschenrechte gegenüber Gefangenen heißt, ihnen keinerlei
Rechte zuzubilligen, sie schlimmer als Tiere zu behandeln und
auf abgelegenen Inseln verschwinden zu lassen (siehe
Guantanamo) oder gleich eine ganze Stadt mit Frauen und
Kindern abzuriegeln (siehe Gaza).
·
Menschenrechte in der westlichen Welt heißt, von Menschen, die
vor Raketen und Kugelhagel fliehen, ein Visum zu verlangen,
wenn sie Moslems (Bosnier) sind, aber problemlose Aufnahme zu
gewähren, wenn sie Christen (Kroaten) sind.
·
Es sind die Merkmale der sogenannten Menschenrechte, dass weit
entfernte Länder in Schutt und Asche geschossen werden, um ein
paar Königen und Prinzen wieder auf den Öl-Thron zu verhelfen,
aber bei Massakern gegen die Moslems tatenlos zuzusehen (siehe
z.B. Kuwait).
·
Die Vertreter der Menschenrechte klagen immer wieder politisch
motiviert fremde Staaten wegen angeblichen
Menschenrechtsverbrechen an, während befreundeten Staaten viel
schlimmere und offenkundige Verbrechen schweigsam gewährt
werden (siehe Israel und USA).
·
Im Namen der Menschenrechte werden gutherzige Menschen im
eigenen Land zu spenden aufgefordert, um anschließend mit den
Spendengeldern abgelaufene Medikamente, nicht genießbare
Lebensmittel und schrottreife Geräte für teures Geld zu kaufen
und den verarmten und unterdrückten Menschen als mildtätige
Gabe oder Entwicklungshilfe aufzudrängen.
·
Die selbsternannten reichen und satten Vertreter der
Menschenrechte wollen Gesetze gegen Asylanten verabschieden,
obwohl sie weder absolut noch relativ (bezogen auf die
Bevölkerungszahl) ein Bruchteil so viele Asylanten und
Kriegsflüchtlinge aufgenommen haben wie z.B. das
vergleichsweise arme Land Iran.
·
Zur selbstbestimmten Wahrung der Menschenrechte darf ein
militärisch mächtiges Land wie die USA sich selbst anmaßen,
die Welt “neu zu ordnen“, ohne die zu ordnenden Länder zu
befragen und ohne für diese Arroganz von den sogenannten
Menschenrechtlern entschieden verurteilt zu werden.
·
Im Namen der Menschenrechte wird die parlamentarische
Demokratie als einziges menschenwürdiges System propagiert;
wenn aber die Moslems auf demokratischem Weg Mehrheiten
erlangen, wie z.B. in Algerien oder im Gaza-Streifen
geschehen, wird zur sogenannten Wahrung der Menschenrechte ein
blutiger Militärputsch oder gar Massaker begrüßt und
unterstützt, wobei zehntausende Unschuldige ermordet oder in
Lager deportiert werden.
·
Die Staaten, die sich selbst zum Vertreter der Menschenrechte
gekürt haben, schauen seit über 50 Jahren tatenlos zu, wie das
zionistische Regime in Palästina systematisch Moslems und
Christen ermordet, verfolgt, enteignet und vertreibt und
wöchentlich Nachbarländer bombardierte.
·
Die Führungsmacht der westlichen Welt, die USA, darf ohne
Kritik der selbsternannten Vertreter der Menschenrechte dem
zionistischen Regime in Palästina, trotz seiner nach wie vor
bestehenden Okkupation palästinensischen Bodens
Kreditbürgschaften in der Höhe von mehr als zehn Milliarden
auf einmal gewähren, während Dutzende von einfachen, armen,
unschuldigen Ländern unter der Last ihrer Schulden zerbrechen
und obwohl die USA selbst über jenes Geld gar nicht verfügt.
·
Werden irgendwo in der Welt Zivilpersonen oder westliche
Spione festgenommen, so schreien die selbsternannten Vertreter
der Menschenrechte laut auf. Kommen diese jedoch frei,
vergessen die Menschenrechtler die Tausende entführten Geiseln
in israelischen Gefangenenlagern, selbst wenn es sich bei den
Entführten um Kinder und prominente Geistliche handelt (wie
die verschleppten Gefangenen in israelischen Gefängnissen).
·
Menschenrechte in der westlichen Welt heißt, die Anmaßung
selbst zu bestimmen, wann das menschliche Leben beginnt und
die Anmaßung, Leben zu töten, wenn es die selbstbestimmten
Voraussetzungen nicht erfüllt (allein jährlich über 200.000
staatlich geförderte Ermordungen bis zu dreimonatiger noch
nicht geborener Menschen in Deutschland).
·
Menschenrechte im Westen heißt die Vergötterung von Frauen,
die ihren Körper in Filmen und Videoklips lüsternen Männern
“freizügig“ zur Verfügung stellen, aber gleichzeitig die
gesellschaftliche Verachtung und wirtschaftliche
Benachteiligung von Müttern und Hausfrauen, weil sie zur
Erziehung ihrer Kinder keinen Karriereberuf ausüben.
·
Im Namen der Menschenrechte wird den Menschen erlaubt, sich
öffentlich zu betrinken, öffentlich Ehebruch zu begehen,
Drogen zu nehmen, öffentlich grenzenlose Sexualität zu
propagieren und Sexualität zur kaufbaren Ware zu degradieren.
·
Im Namen der Menschenrechte wird die sogenannte Freiheit
derart vergöttert, dass es erlaubt ist, alle Propheten Gottes
und Seine Heiligen Bücher durch den abartigen Schmutz
geisteskranker dichterischer und filmischer Phantasien zu
ziehen.
·
Im Namen der Menschenrechte wird praktisch ein Generalverdacht
gegen alle Muslime der Welt ausgesprochen.
·
Im Namen der Menschenrechte wird alles mit allen Mitteln
erlaubt, was dem reichen westlichen Ländern nützt, unabhängig
davon, wie sehr es den armen, unterdrückten Menschen in aller
Welt schadet.
Gerne
regen wir dazu an, darüber zu diskutieren, inwieweit diese
obige Betrachtungsweise so vieler Muslime der Realität
entspricht, aber Tatsache ist, dass es aus Sicht vieler
Muslime als Realität empfunden wird. Ist es da wirklich
überraschend, wenn Muslime gegen derartig menschenverachtende
“Menschenrechte“ sind? Und wie könnte man sich auf universelle
Werte einigen, wenn die einen sich anmaßen, die Rechte für die
anderen festzulegen, ohne sich selbst an die eigenen Regeln zu
halten? Sicherlich wird so mancher Leser einige der obigen
Vorwürfe aus seiner Sicht entschieden zurückweisen. Aber ist
er auch in der Lage zu erkennen, dass seine Vorwürfe gegen
Andere aus deren Sicht ähnlich betrachtet werden könnten?
Scheinbar
prallen hier Welten aufeinander, aber genau dass muss unseres
Erachtens eben nicht sein! Warum können wir nicht auf gleicher
Augenhöhe miteinander ein faires Miteinander praktizieren?
Warum sollten die gegenseitigen Vorwürfe nicht gemeinsam dazu
genutzt werden, um beide Gesellschaften weiter zu entwickeln?
Warum sollten wir nicht diese Chance nutzen, die Gefahr der
Arroganz und Überheblichkeit durch einen “kritischen Dialog“
abzuwehren, den ein deutscher Außenminister vorgeschlagen
hatte und zum Dialog der Kulturen zu kommen, den ein
iranischer Präsident vorgeschlagen hat.
Eine
erhebliche Erleichterung für diesen zumindest von vielen
Muslimen im deutschsprachigen Raum angestrebten Dialog wäre
es, wenn Muslime nicht mit immer mehr und immer neueren
Attributen belegt werden würden, durch die kaum noch jemand
durchsteigt.