Bremer Bürgerschaft
behandelt den Fall
Am
18.9.2002 beschäftigte sich sogar die Bremer Bürgerschaft (15.
Wahlperiode, 64. Sitzung) mit der Angelegenheit in einer
Kleinen Anfrage der CDU. Die entsprechende Passage aus der
Bremischen Bürgerschaft (Landtag) aus dem Plenarprotokoll habe
ich voller Erstaunen studiert und die Pointe am Schluss
mehrfach gelesen. Erläuternde Kommentierungen habe ich
eingefügt und kenntlich gemacht:
Kleine Anfragen gemäß § 29 Abs. 2 der
Geschäftsordnung
..... 7. Antiisraelische Propaganda an
der Universität Bremen
Anfrage der Abgeordneten Herderhorst,
Eckhoff und Fraktion der CDU vom 3. September 2002
Die siebte Anfrage bezieht sich auf
antiisraelische Propaganda an der Universität Bremen. Die
Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Herderhorst,
Eckhoff und Fraktion der CDU.
Bitte, Herr Kollege Herderhorst!
Abg. Herderhorst (CDU): Wir fragen den
Senat: Wie schätzt der Senat die durch die "Frankfurter
Allgemeine Zeitung" vom 16. August 2002 berichteten
Aktivitäten des als Verwaltungsangestellten an der Universität
Bremen - Institut für Umweltverfahrenstechnik - als
Oberingenieur tätigen Ö. ein, und hält er die von seinem
Arbeitsplatz versendete e-Mail, die die Islamische Republik
Iran verherrlicht, mit seiner Dienststellung für vereinbar?
Inwieweit werden nach Meinung des Senats durch diese
Aktivitäten die Integrationsziele des Senats konterkariert?
Welche arbeits- und/oder dienstrechtlichen Konsequenzen werden
diese Aktivitäten des Ö. haben?
Präsident Weber: Die Anfrage wird
beantwortet durch Herrn Staatsrat Köttgen.
Staatsrat Köttgen: Herr Präsident,
meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die
Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Die zitierten
Aktivitäten des an der Universität Bremen beschäftigten
Mitarbeiters Ö. bestehen in einer vor mehr als sieben Jahren
versandten e-Mail und auch derzeit noch von Herrn Ö. privat
betriebenen Internetseiten. Die zuständigen Organe haben
keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen gesehen.
Zu Frage zwei: Die Aktivitäten des
Herrn Ö. stehen in vollständigem Widerspruch zur Politik des
Senats. Sie vermögen jedoch nicht die Umsetzung der
Integrationsziele des Senats zu behindern.
Zu Frage drei: Der Betroffene wurde
von der Universitätsleitung ermahnt und eindringlich darauf
hingewiesen, dass er dienstliche und private Angelegenheiten
streng zu trennen hat und sich in seiner politischen
Meinungsäußerung als Angestellter des öffentlichen Dienstes,
auch wenn er nicht Beamter ist, zurückzuhalten hat. Das hat
der Betroffene uneingeschränkt zugesichert. Weiter gehende
arbeitsrechtliche Konsequenzen sind nicht angezeigt.
Präsident Weber: Haben Sie eine
Zusatzfrage, Herr Kollege? - Bitte sehr!
Abg. Herderhorst (CDU): Herr
Staatsrat, laut Meldungen der Medien, der Printmedien
insbesondere, hat die Universität nach eigenen Bekundungen
damals die Absicht gehabt, eine Untersuchungskommission
einzusetzen und diesen Vorgang entsprechend zu untersuchen.
Wenn es so war, welches Ergebnis hat diese Untersuchung
gehabt?
Präsident Weber: Bitte, Herr
Staatsrat! Staatsrat Köttgen: Ich bin nur darüber informiert,
dass sich das Rektorat damit befasst hat und es die
notwendigen Konsequenzen gezogen hat, indem sie Herrn Ö. auf
seine Verpflichtungen aus seiner öffentlichen Beschäftigung
hingewiesen hat.
(Unsere Anmerkung: Die unwahre Behauptung
des Zeitungsartikels, die Universität wolle eine
Untersuchungskommission einsetzen, beruht wahrscheinlich auf
folgender Gegebenheit: Ich hatte den Journalisten Ulfkotte im
Telefonat am Vorabend des Artikels u.a. gefragt: "... was
bezwecken Sie? Wünschen Sie, dass morgen Nachmittag eine
Untersuchungskommission mich zu sich ruft ...?" Das hat
Ulfkotte dann gleich in eine “Meldung“ eingearbeitet, von der
auch die gesamte Universität überrascht war. Tatsächlich hat
sich der Rechtsbeauftragte der Universität im Auftrag des
Rektors – damals Prof. Timm – eingehend mit dem Fall
beschäftigt und der Rektor hat mich abschließend schriftlich
ermahnt, dienstliche Infrastruktur nicht für private Zwecke zu
missbrauchen, was ich glaubhaft zugesichert habe, wobei ich
auch den sieben Jahre zurückliegenden Fehler eingeräumt habe.)
Präsident Weber: Haben Sie eine
weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr!
Abg. Herderhorst (CDU): Wie ist es
dann zu werten, wenn der Senat Integrationsziele nicht
konterkariert sieht ob der Aktivitäten des Ö., die "FAZ"
dagegen berichtet, dass Standardbriefe des Ö. heruntergeladen
werden konnten, mit denen zum Beispiel Muslime ihre Töchter
vom Schwimmunterricht in der Schule abmelden können, und die
"FAZ" zu der Wertung kommt, ich zitiere: "Die
Integrationsbekundungen gehen somit einher mit der Loslösung
vom deutschen Alltag und der Herausbildung einer eigenen
Lebenswelt, in denen manchmal auch die geistige Nähe, etwa zur
Islamischen Republik Iran, deutlich wird."?
Präsident Weber: Bitte, Herr
Staatsrat!
Staatsrat Köttgen: Herr Abgeordneter,
auf der einen Seite hat die "FAZ" eine sieben Jahre alte
e-Mail zitiert, auf der anderen Seite ist es so, dass Herr Ö.
diese Internetseite privat von Niedersachsen aus betreibt, wo
sein Wohnsitz ist. Diese Meinungsäußerung, die er dort
bekundet, sehen wir nicht als einen Anlass an,
arbeitsrechtlich gegen ihn vorzugehen.
Präsident Weber: Haben Sie eine
weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr!
Abg. Herderhorst (CDU): Herr
Staatsrat, wollen Sie damit sagen, dass dieser in der Tat
sieben Jahre zurückliegende Vorgang das Einzige war, das Herrn
Ö. vorwerfbar wäre, oder haben Sie nicht auch die Erkenntnis,
dass Herr Ö. bis heute diese Aktivitäten entfaltet und
entsprechende Meldungen über das Internet abgibt?
Präsident Weber: Bitte, Herr
Staatsrat!
Staatsrat Köttgen: Es ist so, dass
Herr Ö. weiterhin diese Internetseiten betreibt, aber
beispielsweise die Staatsanwaltschaft in Niedersachsen
keinerlei Veranlassung sieht, irgendwelche Ermittlungen
aufzunehmen.
Präsident Weber: Haben Sie eine
weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr!
Abg. Herderhorst (CDU): Herr
Staatsrat, geht möglicherweise der Senat mit den Erkenntnissen
über diesen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, und das ist
ja besonders zu betonen, und seinen eindeutigen politischen
Aktivitäten nicht zu großzügig oder oberflächlich um, wenn der
Präsident des Senats, Dr. Scherf, aufgrund von Äußerungen des
Ö. bei der Vorbereitung einer Islamwoche, zu der Ö. seine
antiisraelischen Ansichten kundtat, klargemacht hat, das
wollen wir hier nicht, die Islamwoche ist der Verständigung
zwischen Muslimen und Juden verpflichtet?
Präsident Weber: Bitte, Herr
Staatsrat!
Staatsrat Köttgen: Ich glaube, es ist
ein großer Unterschied, ob ich als Dienstherr
arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen einen Mitarbeiter der
Universität ziehe oder ob ich es begrüße, wenn Herr Ö. an der
Islamwoche, die Herr Scherf veranstaltet hat, teilnimmt.
(Unsere Anmerkung:
Es ist anzumerken, dass ich bei besagter Sitzung klipp und
klar vor die Wahl gestellt wurde, entweder die Internetseiten
“Palästina-Spezial“ einzustellen oder von der Islamwoche
ausgeschlossen zu werden. Daraufhin habe ich im Namen sowohl
des Muslim-Markt als auch des Islamischen Weg e.V. die
Teilnahme an der Islamwoche abgesagt und bin somit der
unmissverständlichen Forderung durch den Bürgermeister Scherf
und seiner Mitarbeiter nachgekommen. Das aber scheint allen
Beteiligten an der Sitzung nicht bekannt gewesen zu sein)
Präsident Weber: Haben Sie eine
weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr!
Abg. Herderhorst (CDU): Herr
Staatsrat, Sie haben eben schon praktisch meine nächste Frage
beantwortet, dass nämlich die Staatsanwaltschaft Oldenburg
keine Ermittlungen aufgenommen hat. Dennoch ist es so - und
ich sitze gerade in einem Untersuchungsausschuss, in dem
dieses Thema im Gespräch ist -, dass es unter Umständen auch
außerhalb von strafrechtlichen Ermittlungen dienstrechtliche
Ermittlungen und Maßnahmen gibt, die sich in Ihrer Antwort so
ausdrücken, dass Sie den Angestellten lediglich verbal ermahnt
haben, das zukünftig zu unterlassen. Ob privat oder im Dienst,
da unterscheidet das Dienstrecht meines Wissens nicht,
deswegen frage ich auch weiter: Hält der Senat tatsächlich die
festgestellten Aktivitäten des Angestellten des öffentlichen
Dienstes mit Paragraph 8 BAT vereinbar, in dem es heißt: "Der
Angestellte muss sich durch sein gesamtes Verhalten zur
freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des
Grundgesetzes bekennen."?
(Beifall bei der CDU)
Dies insbesondere im Hinblick auf die
politisch eindeutigen Äußerungen, nachzulesen in diversen
Printmedien! Ist es damit getan, dass der Dienstherr die
Zurückhaltung bei politischen Meinungsäußerungen lediglich in
diesem Sinne verbal anmahnt?
Präsident Weber: Bitte, Herr
Staatsrat!
Staatsrat Köttgen: Ich habe Ihre Frage
bereits dahingehend beantwortet, dass der Senat keine
Veranlassung sieht, arbeitsrechtlich vorzugehen, das heißt,
dass Herr Ö. nicht gegen seine Verpflichtungen aus dem BAT
verstößt. Im Übrigen ist mir versichert worden, dass Herr Ö.
eindeutig erklärt hat, dass er auf dem Boden der Verfassung
der Bundesrepublik Deutschland steht und diese anerkennt.
(Unruhe bei der CDU)
(Unsere Anmerkung:
Von der schriftlichen Ermahnung durch den Rektor scheint hier
niemand zu wissen. Der Text des Briefes wird im Anschluss
wiedergegeben)
Präsident Weber: Haben Sie eine
weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr!
Abg. Herderhorst (CDU): Ursprünglich
wollte ich es mir ersparen, aber: Herr Staatsrat würden Sie
auch so verfahren, wenn es sich um einen deutschen Beamten
gehandelt hätte?
Präsident Weber: Bitte, Herr
Staatsrat!
Staatsrat Köttgen: Herr Ö. ist ein
deutscher Angestellter!
(Beifall bei der SPD - Abg.
Herderhorst [CDU]: Danke!)
Es ist wirklich
erschreckend, wie sowohl “Ankläger“ als auch “Verteidiger“
sich in einem deutschen Landesparlament über einen Sachverhalt
streiten, über den offensichtlich beide nicht hinreichend
informiert sind. Obwohl es sich “nur“ um eine Kleine Anfrage
noch dazu im kleinsten Bundesland handelt, verdeutlicht es
auch die Macht der Medien, die selbst unwahre Behauptungen bis
in deutsche Parlamente hineintragen können! Der Rektor der
Universität hatte bereits zwei Wochen vor obiger Sitzung einen
Brief an mich geschickt:
Universität Bremen
Der Rektor
Prof. Dr. Jürgen Timm
Postfach 33 04 40
28334 Bremen
Herrn Dr. Yavuz Özoguz
Im Hause
Private Nutzung von Einrichtungen der
Universität
Sehr geehrter Herr Dr. Özoguz,
wie Ihnen bereits von Mitarbeitern der
Rechtsstelle der Universität telefonisch ausgeführt wurde, ist
eine private Nutzung der Einrichtungen der Universität
grundsätzlich nicht zulässig. Dies gilt insbesondere auch für
die Verbreitung eigener politischer Meinungsäußerungen, die
nicht die Position der Universität Bremen widerspiegeln, über
Internet und e-Mail-Korrespondenz. Die entsprechenden
Einrichtungen der Universität und ihrer Fachbereiche und
Institute stehen ausschließlich für dienstliche Zwecke von
Forschung und Lehre zur Verfügung. In den angeführten
Telefonaten hatten Sie dies akzeptiert.
Ich fordere Sie hiermit nochmals
ausdrücklich auf, universitäre Einrichtungen in keiner Weise
für nicht-dienstliche Angelegenheiten zu nutzen, insbesondere
keinerlei Verbindung zu den privat von Ihnen betriebenen
Internet-Seiten entstehen zu lassen. Sollten Sie sich nicht
daran halten, sehe ich mich gezwungen, arbeitsrechtliche
Maßnahmen einzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Timm