Musawi Lari

Westliche Zivilisation und Islam

Sayyid Mudschtaba Musawi Lari

Ins Englische übersetzt von J.F. Goulding, hiernach ins Deutsche übertragen durch R.H. Sengler

Das folgende Manuskript ist eine geringfügig überarbeitete und sprachlich verfeinerte Version der 1995 in Qum erschienenen deutschen Übersetzung.

Delmenhorst 2004

Teil III - BEHANDLUNG SOZIALER PROBLEME IM ISLAM

Islam und Alkohol

Der Islam ist ein Glaube, der die Vernunft und das Gewissen anspricht. Da der Alkohol der Vernunft schadet und das Auffassungsvermögen eines Menschen, sein Empfinden für Moral, sein Denkvermögen und seine geistliche Empfänglichkeit herabsetzt, ist jedem Muslim der geringste Tropfen davon streng untersagt.

Es ist tragisch, wenn man an den Verbrauch von Millionen Litern alko­holischer Getränke denkt. Das einzige Ergebnis ist, das sie der Welt einen Teil der reifen Menschlichkeit, welche den Menschen vom Tier unterscheidet, wieder wegnehmen. Sie können die Menschheit daran hindern, das sie die reine und willkommene Bestimmung erreicht, vollkommen zu sein, wie es Gottes Plan war.

Der Islam erschien in einer Gesellschaft, in der Alkohol allgemein ver­breitet war - und verbot nicht nur die schmutzige Gewohnheit, son­dern konnte sie auch ausrotten, samt dem Unwissen und der Sittenlosigkeit, dem Eigennutz, der Gewalt und dem daraus folgenden Elend, dessen Ursache er war. Diese ganze segensvolle Wohltat wurde für die Menschheit von einem einzigen inspirierten Mann in Gang gesetzt, einem Gottesmann, welcher Kraft seines starken Glaubens gegen die Tyrannei der Trunksucht aufstand und die Menschen aufrief, sich von der Versklavung unter gemeinen Getränken zu befreien; stattdessen stellte er sie auf die königliche Straße zum Leben.

Er zeigte, das Trunkenheit eine Sünde ist, wies ihre schädliche Natur und zerstörerische Gewalt nach und erließ sein Verbot im Lichte eines Appells an den gesunden Menschenverstand und an das Gewissen. In der Sure „Der gedeckte Tisch“ (Maida V Vers 9) wurde ihm sinngemäß offenbart: „Be­rauschende Getränke. . . erregen Feindschaft und Hass unter euch und hindern euch, Gottes zu gedenken und Seine Gebote und Vorschriften zu erfühlen; ihnen verfallen zu sein, bedeutet, euch von den einzigen Straße zum Glück abbringen zu lassen und führt zu Gräuel und Exzessen.“

Eine Gruppe, die eifrig am Bechern war, als dieser Passus offenbart und ausgesprochen wurde, ging unten seinem Einfluss prompt auf die Straße, zertrümmerte die Gefäße, welche die berauschenden Getränke enthielten und schüttete den Inhalt aus. Uns bin Malek berichtete: „Als dieser Vers offenbart wurde, hielten wir gerade eine Trinkgesellschaft im Hause Abu Talahes ab; da erreichte uns die Stimme des Propheten: ,O Muslime! Nehmt zur Kenntnis, das berauschende Getränke verboten und Sünde sind und auf die Straße geschüttet gehören!’ Abu Talahe bat mich, alle berauschenden Getränke aus dem Hause zu entfernen und für ihn auszuleeren, was ich auch tat. Auf der Straße zerbrachen einige Flaschen, andere wurden gespült und gereinigt. So viel wurde an dem einen Tag in den Straßen von Medina ausgeschüttet, das noch lange danach, immer wenn es regnete, Farbe und Geruch des Weins vom Boden aufstiegen.“

Das Verbot wurde schnell in allen Ländern unter islamischer Herrschaft befolgt; eine Flut von moralischer Kraft und Streben nach höheren geisti­gen, sozialen und gewerblichen Zielen folgte rasch.

Bis zum heutigen Tag kann man Muslime in jedem Winkel der Erde finden, welche eifersüchtig ihre Lippen und ihr Leben von der Befleckung durch den Alkohol bewahrt haben. Für viele fürwahr hat der bloße Ge­danke, das Zeug zu berühren, sich niemals Eingang in ihre Gedanken verschafft. So tief hat sich diese gesündere Gewohnheit eingebürgert.

Einer der Mängel menschlicher Gesetze besteht nun darin, das die launenhafte Veränderlichkeit der menschlichen Natur ihnen zu schaffen macht. Als z.B. Amerika die Prohibition einführte und sie mit polizeilichen Mitteln durchzusetzen versuchte, war das Ergebnis das Gegenteil des gewünschten: Alkoholschmuggel, Schleichhandel und ungesetzlicher Alko­holkonsum lockerten den Respekt nicht nur vor diesem Gesetz, sondern von allen, während soziales Verhalten und Moral mit Lawinengeschwindigkeit abwärts glitten. Der Islam allerdings war erfolgreich bei der Durchsetzung des Alkoholverbots, weil es mit der Kraft eines göttlichen Befehls kam, einer von Gott inspirierten Vorschrift, die den Menschen im Licht der Vernunft und des gesunden Menschenverstandes verdeutlicht wurde.

Es stimmt, das in Amerika wohlgesonnene Menschen ein Jahrzehnt lang eine umfassende Propaganda in den Bundesstaaten gegen alkoholische Getränke unternommen hatten, unter Einsatz von Büchern, Filmen und Reden, wobei sie versuchten, die Schäden für Geist, Körper, Moral und die Finanzen des einzelnen und der Nation, die der Alkohol verursacht, be­greiflich zu machen. Die Schwierigkeit war die, das die Anstrengungen der Amerikaner nur im menschlichen Idealismus einer Mehrheit gründeten, welche 1918 die 18. (Prohibitions-)Ergänzung zur U.S.-Verfassung durch­setzte. Diese Idealisten hatten 14 Jahre nach dieser tragischen Erfahrung ein qualvolles Umdenken durchzumachen: 1933 sahen sie sich gezwungen, die Prohibition zu widerrufen.

Ihre Erfahrung bestätigte die alte Regel, das ein Gesetz, welches das moralische Niveau der Regierten überfordert, eine menschliche Reaktion provoziert, welche nicht nur das betreffende Gesetz in Misskredit bringt, sondern alle Gesetzgebung überhaupt, so das ein widerlicher Mob skrupel­loser Gangster Auftrieb erhält, um den unerlaubten Wünschen Vorschub zu leisten, welche keine Gesetzgebung ausrotten kann. Dieser Mob führt Kämpfe unter sich aus, um die riesigen Gewinne einzuheimsen, welche schwarz gebrannter oder geschmuggelter Alkohol und der ganze Schleich­handel einbringt, der den Gegenstand nicht bewältigten Verlangens herbeischafft.

Wie anders ist es, wenn der Islam auf grundlegenden, unveränderlichen, gottgegebenen Prinzipien führt, die dem inneren Wesen der menschlichen Natur nach ihrer Schöpfung, ihren Gaben und ihrer Bestimmung entsprechen, folglich solcher, nach denen jede gesunde menschliche Gemeinschaft leben muss. Sie werden deutlich und nüchtern ausgedrückt, entsprechend von der Vernunft begriffen und vom gesunden Menschenverstand bestätigt. Keine Propaganda, keine kostspielige Reklame, nur die einfache Feststellung, das Gott durch Seinen Propheten (auf dem Frieden ruhe) eine Anordnung getroffen hat. Nicht, um den Menschen gefallen zu wollen; nicht, um menschlicher Schwachheit Vorschub zu leisten, keine Augenwischerei, keine Vorsorge, dass das Fleisch seine Lüste zu befriedigen vermag. Es ist keine Furcht vor Strafe, sondern Liebe zu Gott, was die Muslime auf dem schmalen und geraden Weg hält.

Keine menschliche Gesetzgebung kann hoffen, jeden Übeltäter und Übertreter zu fassen, geschweige denn, jeden seiner verdienten Strafe zuzuführen. Es ist leicht, dem Auge des menschlichen Gesetzes ein Schnipp­chen zu schlagen. Aber Gottes Auge ist immer gegenwärtig. Das Gewissen des Muslims weiß das, und privat wie in der Öffentlichkeit gehorcht es in Ehrfurcht. Der Zensor und der Gesetzgeber sind in ihm. Die Ordnung der göttlichen Schöpfung liegt ausgebreitet von seinen Augen, und er weiß, dass er eine ähnliche göttliche Ordnung in seinem Privatleben und im Leben der Gesellschaft, wovon er ein Teil ist, widerspiegeln sollte. Die gleiche Vor­sehung, von den das Gebot kommt, gewährt auch die geistige Kraft, es in die Praxis umzusetzen. Denn ER ist „König des Jüngsten Gerichts und Herr beider Welten“, der jetzigen und der kommenden.

In solch göttlich inspiriertem Gesetz findet der Mensch die Sicherheit, welche der Seefahrer oder der Reisende in der weglosen Wüste am unbeweglichen Polarstern findet. Ein solches Gesetz passt sich keiner Mode oder Leidenschaft an. Es steht außerhalb und über dem unruhigen und launi­schen Menschenherzen. Es ist Ausdruck einer realistischen Einschätzung des Menschen im Lichte der Wahrheit. Es ruft ihn auf, diese Wahrheit in seinem Leben und Denken auszudrücken; die Wahrheit, welche die Speise der Seele ist: ewig, unverletzbar, über alle menschlichen Launen erhaben.

Die Zivilisation rühmt sich, sie gewährleiste die „Freiheit“, und der Westen gründet seine Regierungsweise auf den „Willen des Volkes“, repräsentiert in der Regierung. Aber wen „repräsentiert“ er? Wie wir bereits oben sagten, bedeutet eine „Mehrheit“ von 51% automatisch die Mimachtung des Willens der 49%, die ja auch „repräsentiert“ sind. Nach dem Prinzip „Ein Mann, eine Stimme“ wird das Volk, wenn die 51% Gangster sind, zu 100% von Gangstern repräsentiert sein. Gibt es da noch einen Unterschied zwi­schen einer tierartigen „Mehrheitsregierung“ und der Versklavung von Minderheiten?

Nur Gehorsam gegenüber der einzigen übergeordneten Autorität des transzendenten göttlichen Gesetzgebers wird die Menschen dahin bringen sich gegenseitig zu achten und das Gemeinwohl zu suchen. Die Erziehung schafft das nicht. Ein Dieb ist schlimm; ein gebildeter Dieb ist schlimmer; ein Dieb, der so gebildet ist, das er alle Waffen der modernen Technologie zu handhaben weiß, noch weit schlimmer. Ein führender Kopf in England spricht aus, der Westen müsse in Sack und Asche Buße tun für das verheerende Unglück, welches die Einfuhr des Alkohols bei unmündi­gen und unschuldigen Rassen verursacht hat. „Der Alkohol verwandelt kühl denkende Köpfe aus dem eisigen Norden in starrköpfige Esel, warmherzige Menschen aus sonnigeren Gefilden aber in wilde Dämonen“, meint er.

Voltaire schrieb: „Der Islam nimmt seinen Glauben ernst und belegt daher Gewohnheiten wie Glücksspiele und Alkohol mit dem Bann eines Sakrilegs; er qualifiziert sie als bloße fleischliche Spiele ab.“ Jules Ia Bourn schreibt: „Bevor die Araber Muslime wurden, tranken sie bis zum Exzess, spielten, nahmen sich so viele Frauen, wie sie wollten und gaben ihnen den Laufpass, wann immer ihnen danach zumute war. Die Witwen waren ein Teil der Erbschaft des Erbenden, der sie verheiratete oder verkaufte, was ihm gerade am gewinnbringendsten erschien. Der Islam änderte das von Grund auf.“ Professor Edward Montay fügt hinzu: „Der Qur’an verbot die Menschenopfer, die Aussetzung unerwünschter Töchter, den Alkohol und viele andere entwürdigende Praktiken. Der sich daraus ergebende Fort­schritt in der Kultur ist so groß, das er dem Propheten den Rang eines der größten Wohltäter der Menschheit verleiht.“

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