Musawi Lari

Westliche Zivilisation und Islam

Sayyid Mudschtaba Musawi Lari

Ins Englische übersetzt von J.F. Goulding, hiernach ins Deutsche übertragen durch R.H. Sengler

Das folgende Manuskript ist eine geringfügig überarbeitete und sprachlich verfeinerte Version der 1995 in Qum erschienenen deutschen Übersetzung.

Delmenhorst 2004

Die Familie im Islam

Während der einzelne die Kette im Gewebe der Gesellschaft ist und die soziale Ordnung der Schuss, ist die Familie die Einheit des Musters. Familien, in denen gegenseitiges Verständnis, Aufrichtigkeit und Zartgefühl re­gieren, sind die Details in dem harmonischen Muster. Aber eine Familie in Unordnung und Durcheinander entstellt es.

Der Instinkt zum Überleben ist uns Menschen angeboren. Kinder zu erzeugen ist Ausdruck eines tief verwurzelten Wunsches, denn ein Kind erscheint wie eine Ausweitung der eigenen Persönlichkeit und zugleich wie eine Garantie für die Fortdauer der gleichen Lebenskraft. Den grundlegende Ursprung des Dranges, eine Familie zu gründen, wird von vielen Denkern in diesem Überlebensinstinkt gesucht. Weil er eine Familie ernähren und unterhalten muss, wird der Mann angetrieben, etwas wirtschaftlich zu leisten.

Andere Denker halten dafür, den ursprüngliche Wunsch zur Familien­gründung sei nur der Sex-Instinkt; andere betonen mehr den Herdeninstinkt, wieder andere betrachten die Ehe als eine bloße kommerzielle Transaktion zwischen Familien für den Gewinn beider Teile. Tatsächlich erfordert das Gemeinschaftsleben in der Gesellschaft die Fa­milien als Baueinheiten. Die reine Liebe zwischen Mann und Frau zu nichts weiter als Sex, Gewinnstreben oder Schutz zu erniedrigen, heißt der mensch­lichen Natur ihre höchsten Fähigkeiten absprechen.

Manche behaupten, da in der Anfangszeit menschlichen Daseins die Frau als der schwächere Teil nur unter dem Schutz des Mannes existieren könnte, sei die Familie eine bloße weibliche, dem Manne übergestülpte Ein­richtung. Das ist offensichtlicher Unsinn; denn er beachtet nicht, das der Mann die Frau braucht, anders vielleicht als die Frau den Mann; aber das ist ein genauso tiefer und unlösbarer Teil seiner Natur. Natürlich wird in den meisten Fällen der Mann das Brot herbeischaffen müssen. Aber er braucht seine Genossin als Partnerin im Glück, in der Freude und gesunder Lebensführung. Heiraten ist das Ende des Alleinseins. Jedes Geschlecht braucht das andere. Darum „als Mann und Frau machte Er sie“.

Gott pflanzte den Sex-Instinkt ein. Er schuf zwei verschieden Geschlechter. Er schuf den Überlebensinstinkt, den Sicherheitsinstinkt und den Gesellschaftsinstinkt, beieinander zu leben. All dies waren Teile Seiner Vorsehung, als Er die Menschheit als Seine freudvolle Familie haben wollte. Die Soziologen teilen jedem Instinkt sein gebührendes Gewicht in dem Plan zu. Sie sagen, die genaue Rolle jedes Instinktes variiere mit der Wandlungen der Sozialstruktur. In der primitiven Gesellschaft ist die Notwendigkeit, Nahrung und Unterkunft zu finden, von erstrangiger Be­deutung. In der alten landwirtschaftlichen Gemeinschaft wurde das Bedürfnis nach Kindern eine Hauptnotwendigkeit, da viele Hände die Arbeit leichter machen. Heute ist der sexuelle Drang stark nach vorn gerückt, da die Menschheit Mittel erfunden hat, ausreichende Nahrung, zufriedenstellende Unterkünfte und arbeitende Maschinen herzustellen. Aber weit über den Instinkten gehören der Drang nach Liebe und das Bedürfnis geliebt zu werden, zu den höchsten Attributen der menschlichen Natur.

Der Islam bejaht den Anruf der Natur: Er besteht darauf, das die Familie Reinheit in der Öffentlichkeit am besten gewährleistet, er beteuert, das sie der einzig nichtige und legitime Weg dazu ist. In der Sure XVI: Nahl - ,“Die Biene“, Vers 72, steht sinngemäß geschrieben: „Gott hat Partner für euch aus eurer eigenen Natur geschaffen, hat durch sie Kinder, Enkel, Nachkommen für euch bereitet und euch Untenhalt vom besten für sie gegeben. Sollen sie nun an Nichtiges glauben und für Gottes Güte nicht dankbar sein?“

Der Islam steckt den Weg ab, um junge Leute davor zu bewahren, das der ihnen von Gott eingepflanzte Sexualdrang sie in den Jahren in die Irre führt, in denen ihr Charakter und ihr Gewissen noch nicht gereift sind und ihr Wille noch nicht von Besonnenheit gelenkt wird. Darum legt er den Eltern die Verantwortung auf, die Jugend zu ermahnen und ihnen Lebensregeln und Richtlinien der Lebensklugheit zu vermitteln, welche sie zur Frömmig­keit und zum natürlichen Gebrauch ihrer Kräfte für die Fortpflanzung führen. Er macht auch die Eltern dafür verantwortlich, frühzeitiges Heira­ten für diejenigen zu ermöglichen, die dafür reif genug sind. Junge Leute, die wirtschaftlich noch nicht in den Lage sind, eine Familie zu ernähren, können den Ansturm des Geschlechtsdrangs so stank empfinden, das ohne die Führung der Hand ihrer Eltern die Natur mit ihnen weggaloppiert und sie damit in Gefahr oder in die Falle unerlaubten Geschlechtsverkehrs stürzt. Die Eltern müssen die Lebenskraft in die gottgegebenen legitimen Kanale steuern, wo der Friede der Seele und ein ruhiges Gewissen das Glück eines gemeinsamen Lebens begleiten.

Der Prophet soll folgendermaßen von der Kanzel der Moschee gepredigt haben: „O Gemeinschaft der Muslime! Eure Töchter sind wie reife Früchte an einem Baum. Obst muss man pflücken, wenn es der beste Augenblick ist, sonst lassen die Sonne und andere Kräfte sie verderben. So müsst ihr auch euren Töchter in dem Augenblick das Heiraten ermöglichen, wenn sie reif sind, nicht später und nicht früher. Wenn sie sich zu lange herumtreiben, wird es eure Schuld sein, wenn sie unrettbar verderben. Es sind Menschenkinder, und was sie brauchen, müssen sie bekommen“.

Ali ibn Isbat schrieb als Antwort auf einen Brief, den er vom 5. Imam erhalten hatte: „Ich finde keine jungen Männer, die geeignet und passend sind, Gatten meiner Töchter zu werden. Was also muss ich tun?“ Der Imam schrieb ihm zurück: „Warte nicht, bis du junge Leute findest, die dir in jeder Hinsicht passen. Denn unser Heiliger Prophet sagte: ‚Wenn du keine jungen Leute für deine Töchter findest, die den persönlichen Wünschen entspre­chen, achte nur auf ihren Charakter, insbesondere ihre Sittlichkeit und ihren Glauben, und lass die Qualifikationen, die du von Ehegatten für deine Töchter forderst, allein der Glauben und die Reinheit sein, denn damit wird ein jungen Mann auch ein zufriedenstillender Ehemann; und wenn du jemand ohne diese Qualifikationen wählst, bist du persönlich verantwortlich, dein junges Volk fehlgeleitet und auf Abwege gebracht zu haben.’“

Der Islam legt also dem Heiraten nicht nur keine Hindernisse in den Weg, sondern benutzt diese Naturkraft zum Vorteil der Gesellschaft und des einzelnen - für sein körperliches Wohlbefinden, seine geistige Gesundheit, Gemütsruhe und den Frieden des Herzens. Der Islam betrachtet die Ehe als eine heilige Vereinigung von Herzen, eine Quelle der Gelassenheit und Sicherheit für beide Teile. Um diese Funktion zu erfühlen, benötigt er die Eigenschaften der Reinheit, der liebenden Wahnnehmung, der Menschlichkeit, Milde, Güte und des Glaubens ganz tief im Herzen. Wie es in der Sure XXX: „Rum (Byzantiner)“, Vers 21, sinngemäß geschrieben steht: „Zu Gottes Zeichen für dich gehört, das Er Kameraden für dich aus deinesgleichen geschaffen hat, mit denen du in Frieden zusammenleben kannst. Er ist’s, der Liebe und Mitgefühl unter euch gesetzt hat. Das sind wahrlich Zeichen für die, die nachdenken.“

Der Islam gibt klare Vorschriften, um die Beziehungen innerhalb der Fa­milie zu regeln. Sure IV: Nisa’a - „die Frauen“ nennt die Ehe „das feste Band“ und befasst sich in den ersten 42 Versen mit den praktischen Einzel­heiten des Heiratsvertrags und seiner Erfüllung.

Der Sinn fürs Zueinandergehören wird gestärkt; Anstand regelt den Beitrag, den jeder Partner in den Vertrag einbringt und ihm entnimmt. Jeder gibt nach seinem Vermögen und jeder nimmt nach seinen Bedürfnissen. Wie die Sure II: Baqara in Vers 228 sinngemäß zusagt: „Ehefrau und Ehe­mann, Frauen und Männer haben wechselseitige, mit dem gleichen Maßstab zu messende Rechte in Übereinstimmung mit dem, was recht und billig ist.“

Der Islam zollt den Fähigkeiten beider Geschlechter unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit, ihres Berufs und ihrer Arbeit genaueste und gewissenhafteste Aufmerksamkeit. Der Mann übernimmt die Pflicht, für den Le­bensunterhalt, für die materiellen Bedürfnisse und die Herstellung von Gebrauchsgegenständen zu sorgen. Die Frau ist Verwalterin des Hauses; sie ist verantwortlich für die Bedürfnisse der Familie, für die Erziehung der neuen Generation, für die Sorge um die Nachkommenschaft. Der Islam erkennt an, was für natürliche Folgen sich aus der Beschaffenheit der Frau ergeben und lässt sie in keiner Weise demütigen oder herabwürdigen; aber er schützt sie auch von der Verdorbenheit von Männern, die sie zur Sittenlosigkeit verführen möchten, und stattet sie mit einer Würde aus in- und außerhalb des Hauses, welche ihrer Berufung entspricht. Es ist natürlich möglich, das im Notfall von einen Frau gefordert werden kann, Aufgaben außerhalb des Hauses zu Übernehmen. Aber der Islam sucht solche Kontakte zwischen den Ge­schlechtern in der Zeit ihrer Berufstätigkeit zu vermeiden, wobei sich Zu­sammenarbeit in Vertraulichkeit, Kameradschaft in Begehrlichkeit verwandeln könnten. Daher dürfen Frauen sich nicht herausfordernd oder verfüh­rerisch kleiden oder die geschlechtliche Begier der Männer kitzeln, so das sie verrückt nach ihnen werden und sich Promiskuität entwickelt.

Wie jede andere Institution braucht die Familie und ihr Heim ein verantwortliches Haupt. Ohne eine feste Hand am Steuer kann die Familie ins Durcheinahntier abdriften. Daher muss entweder die Frau oder der Mann die Führung übernehmen, und die Natur zeigt, das es im allgemeinen richtiger ist, wenn der Mann steuert, wenngleich es Ausnahmefälle gibt, wo die Frau das Kommando übernehmen muss.

Wenn der Mann die Verantwortlichkeit für den Haushalt, dessen Un­terhalt und Wohlbefinden, die Kinder samt der Fürsorgepflicht für sie ak­zeptiert, verdient die Befehlsverantwortung des Oberhauptes, weil seine größere Kraft, Beharrlichkeit und Ausdauer ihn geeigneter als die Frauen machen, die schwere Bürde zu tragen, die Familie von Durcheinander und Zusam­menbruch zu schützen. Weiter ist die Frau ein erregbares Geschöpf und lässt sich daher schneller von Gefühlen beeinflussen. Die Frau lässt sich mehr von ihrem Herzen, der Mann eher von seinem Kopf leiten. Also erhält beim Islam der verständige Teil die Hauptverantwortung. Gleichzeitig legt der Islam fest, das Teamarbeit, Partnerschaft, Konsultation und gemeinsames Planen die Regel sein sollen. Dem Mann ist es keinesfalls überlassen, seine eigensüchtigen Wünsche bedenkenlos zu verfolgen. Er darf ganz entschieden seine Frau nicht tyrannisieren, beschimpfen oder brutal behandeln. In der Sure IV: Nisa’a - „Die Frauen“, Vers 19 steht sinngemäß: „Ihr Gläubigen! Ihr dürft nicht die Witwe eures Bruders ohne deren Einwilligung heiraten. Ihr dürft eure Frauen nicht barsch behandeln. Ihr dürft nicht eine Frau quälen, das sie euch um eine Scheidung angeht, bei dem sie den Teil der Mitgift, den sie von euch bekam, verwirkt - ausgenommen bei Sittenlosigkeit von ihr. Nein! Lebt freundlich und gerecht mit euren Frauen. Solltet ihn etwas bei ihnen missbilligen, könnte genau das der Punkt sein, durch den Gott euch segnen möchte“.

Indem der Mann die Last der äußeren Aufgabe für den Unterhalt der Fa­milie auf sich nimmt, bestimmt er alles, was für diese Aufgabe von Belang ist. Aber innerhalb der vier Wände des Hauses hat die Frau alle Befugnisse; ihr obliegt die Pflicht, die Einzelheiten für alles anzuordnen, worin sich das tägliche Leben abspielt, das Disponieren über die Gegenstände des Haus­halts und die Erziehung der Kinder. Der Prophet sagte: „Der Mann verdient den Unterhalt für die Familie, die Frau hat die Verantwortung für das Haus, ihren Garten und die Kinder.

Moderne Missachtung für das Band der Ehe rührt von der Gleichgültigkeit gegenüber dieser hohen Auffassung des Verheiratetseins her. Stattdes­sen ist sie durch eine Menge trivialer Träume und verdrehten Vorstellungen degradiert worden. Das Denken der Menschen über die Ehe lag in Trümmern, bevor ihre Familien begannen auseinander zu brechen. Zu viele sind in den Ehestand getreten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie wichtig die Harmonie von Geist und Seele zwischen Mann und Frau sind. Glücksjäger, Casanovas, Schürzenjäger, die ein hübsches Gesicht über alles andere stellen, haben die seelischen Werte aus dem Gesichtskreis fortge­wischt und ihre eigenen besten Interessen mit Füßen getreten.

Das Überwiegen solcher schlecht gegründeten Familien lässt eine tragische Zukunft befürchten. Die tiefe Unvereinbarkeit des Denkens zwischen Mann und Frau scheidet sie wie zwei Pole. Die Kluft zwischen beiden wird täglich tiefer. Zufriedenheit und Friede der Herzen fliehen von ihnen. Man geht ein­ander auf die Nerven. Die Harmonie, welche ethische Werte, Uneigennützigkeit und menschliche Zuneigung erzeugen, wenn beide Seiten alles tun, was sie können, um das seelische Leben des andern zu fördern, zieht aus. Eine Familie muss fest auf die gebührende Beachtung der Umwelt, den rich­tigen Rahmen für die Frau und die Vereinbarkeit des Denkens und der mo­ralischen Maßstäbe bei den Partnern gegründet sein. Die Ehe muss als heilig, als grundlegend angesehen werden. Nur unter diesem richtigen Ge­sichtspunkt können die unvermeidlichen Schwierigkeiten des Zusammenle­bens befriedigend gelöst werden.

Der Islam hat den schädlichen Folgen einer auf falsche Voraussetzungen hin geschlossenen Ehe, ihren Spaltungen, ihrem Unglück gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Er lässt die Familie daher nicht auf Wohlstand oder Leidenschaft gegründet sein, äußere Schönheit oder materielle Dinge über­haupt, sondern auf Glauben und Tugend, auf Keuschheit und Reinheit, auf geistig-seelische Eigenschaften und Zuneigungen sowohl beim Mann wie bei der Frau. Der Prophet soll geäußert haben: „Wer auch immer eine Frau nur um ihren Schönheit willen nimmt, wird nie finden, was er in ihr suchte. Wer eine Frau nur wegen ihres Vermögens nimmt - der Herr wird ihn im Stich lassen. Sucht daher eine Frau, deren Schönheit vom Glauben kommt und deren Vermögen ihre Reinheit ist.“ (Vassa’el Bd. 3, S. 6).

In dem Buch „Man Ia yahdhur“ S. 209 wird der Satz „Es gibt keine ge­liebtere Einrichtung als die Ehe“ als Richtschnur des Islam für die Eheschließung angeführt. Menschen, welche eine Familiengründung aus unvernünftigen oder falschen Gründen zu vermeiden trachten, werden hart zu­rechtgewiesen und für jede Art Vorwand verurteilt, zu der sie Zuflucht neh­men, um die gottgegebene Kraft des Geschlechtstriebs, statt ihn recht zu gebrauchen, zu pervertieren. In dem Buch „Safeené al-Bahar“ (Bd. 1 S. 561) lesen wir: „Heirat und Ehestand gehören zu meiner Religion. Wer auch immer gegen diese Art Lebensführung protestiert, schließt sich von meiner Re­ligion aus und ist keinen von den Meinen“. Ebenso ist der Islam dagegen, das Menschen sich heiraten, welche die charakterlichen Eigenschaften und die geistigen Vorzüge nicht besitzen, die gefordert werden; desgleichen, das man in Familien heiratet, die keinen Gewinn aus religiöser Erziehung nach ethischen Grundsätzen gezogen haben. Wie im „Vassa’el“, Kap. 7 des „Buchs der Ehe“ geschrieben steht, sagte der Prophet in einer Predigt: „Geht schönen Pflanzen und Blumen aus dem Weg, die an schmutzigen, verunreinigten Gewässern wachsen.“ Der Prophet wurde gefragt: „O Prophet Allahs! Was bedeutet eine Pflanze neben einem stagnierenden Tümpel?“ Er erwiderte: „Eine schöne Frau, die in einer verderbten Familie erzogen worden ist, welche keine kontrollierenden Instanzen bei der Erziehung kannte.“

Es ist natürlich, das Ehegatten, die nicht nach absoluten moralischen Normen und religiösen Vorschriften erzogen werden, eines wahren Familienglücks und -segens niemals sicher sein können. Die Frucht solcher Ehen können nur straffällige Kinder sein, roh, gewalttätig, ohne ausgeglichenes sicheres Wesen. Daher legt der Islam, um das Glück beider Teile zu sichern, auf alles, was Reinheit und Geisteshaltung betrifft, besonderen Wert. Weil er Vorsorge treffen will gegen das Heraufkommen einer Generation, die korrupt und pervertiert ist, sucht der Islam Eheschließungen mit Mitgliedern aus Familien zu verhindern, die verdorben und entehrt sind.

Wenn junge Leute, sobald sie ihren Partner fürs Leben zu wählen haben, dieses in Übereinstimmung mit den Vorschriften und Regeln des Islam tun wollten statt nach äußeren Merkmalen, und wenn sie die für das Glück lebenswichtigen Realitäten prüfen wollten und damit die falsche Denk­weise, die ihnen unreine, sich so rasch verflüchtigende Leidenschaften einge­geben haben, beiseite schieben, dann besteht kein Zweifel, das sich das Leid und die Katastrophen, die der Familien durch die Verfechter von sexuellen Freiheit und Permissivität zugefügt werden, alle schnellstens verflüchtigen würden. Aber manchen Jugendlichen unserer Tage ist beigebracht worden, das eine Ehe auf Probe, bloß um mal zu sehen, ob zwei im Geschlechtsverkehr zueinander passen, den nichtige Weg, ja die ideale Vorbereitung für eine glückliche Lebensgemeinschaft wäre. Wie können sie überhaupt denken, das ein kurzes Ausprobieren, ein flüchtiges Vergnügen zweier Körper, die seelischen Tiefen, die geistigen Fähigkeiten, die sittlichen Gaben und die Persönlichkeitszüge einer anderen Seele ausloten können? Erwarten sie, eine ewige Verbindung auf das Vergnügen einiger Augenblicke gründen zu können, so ist das ein blödsinniges Stück Unlogik. Das sollte genügen, es auf der Stelle zu verwerfen, ganz abgesehen von allem moralischem und see­lischem Schaden, welche solche Liebesverhältnisse auf Zeit unweigerlich auslösen. Die wahren Vorzüge eines Menschen kommen erst in einem langen, gemeinsamen Leben zum Vorschein. Das tägliche Anderssein und die Stufe, die sie zusammen erreicht haben, sind es, die das wahre innere Wesen zweier Partner zutage fordert. Geduld, Nachsicht, Ausgeglichenheit, Stetigkeit, Zufriedenheit, Selbstlosigkeit, Aufopferung des eigenen Ich zei­ge sich, wenn die Bedrängnisse des Lebens auf einen einstürmen. Wie können kurze Augenblicke von Ruhe und Spaß und „trips a deux“ bis zur Tiefe und ethischen Grundhaltung eines Charakters durchstoßen? Kann der Besuch eines Kinos oder einer anderen Vergnügungsstätte einem Paar sein wahres Selbst enthüllen? In Wirklichkeit versuchen bei Ehen auf Zeit beide Teile, ihre schlechten Seiten zu verbergen und sich ein Sonntagsge­sicht aufzusetzen, um dem anderen etwas vorzumachen.

Kann ein junger Mann in der Hitze der Leidenschaft eine Entscheidung treffen, die die schicksalsschwerste seines Lebens ist? Kann eine Ehe auf Zeit sicherstellen, das sie keine Unterschiede in der Einstellung, keinen schwachen Punkt in ihrem Verhältnis haben? Und wie kann ein junger Mensch, den die Umstände seiner Jahre bestimmen, wo der Drang, sexuellem Verlangen nachzugeben so stark ist, die wesentlichen Voraussetzun­gen für eine Heirat leidenschaftslos und unvoreingenommen abwägen? Wie kann er sicher sein, das es in ´der Zukunft keine Zwiste und Streitigkeiten geben wird?

Aus diesem Grunde empfiehlt der Islam, das von der endgültigen Unterschrift unter den Ehekontrakt die jungen Leute sich treffen und miteinander reden sollten; aber sie sollten auch, und das ist noch viel wichtiger, sich von unabhängigen Beobachtern, die sie aus langem Bekanntsein beurteilen können, eine Bewertung der Charaktereigenschaften, Neigungen, Eigentümlichkeiten und Fähigkeiten ihres beabsichtigten Partners geben lassen.

Oder, weil das Familienglück in erster Linie von der Gleichwertigkeit der Beziehungen zwischen Mann und Frau in ihrem gemeinsamen Leben ab­hängt, so ist auch, je fester die geistigen und ethischen Bande sind, desto sicherer das Glück der Familie, desto größer ihr Vermögen, die Erschütterungen des Lebens in selbstlosem Opfergeist gemeinsam zu bestehen.. Dar­um sagte der Prophet: „Der beste unten meinen Gefolgsleuten ist der Mann, der seiner Familie nicht barsch, sondern vollkommen freundlich und gütig begegnet.“ (Moralische Vortrefflichkeit: S. 247, „Makarem-ul-Akhlaq“) Und nochmals („Man Ia yahdhur“, 5. 625): „Der beste unter euch ist der, welcher seine Familie gut behandelt, und ich bin von allen der Freundlichste zu seiner Familie.“ Entsprechend sollte die Frau ihren Mann mit Herzlichkeit behandeln, was man ihre „heilige Glaubensanstrengung“ nennt (Tafseer- at-Door al-manthoor: „ Edelsteine der Weisheit“).

Eines der traurigen Hindernisse für Frühehen ist heute die Schwierigkeit, welche die Geldfrage für junge Leute aufwirft. Die Beschaffung der Mitgift, teure Feierlichkeiten, die hohen Kosten für Wohnungen und ein Dutzend weiterer überspannten Forderungen sind für den durchschnittlichen jungen Mann einfach zu viel. Darum besteht der Islam darauf, das der Staat Schritte unternehmen muss, damit sich diese Schwierigkeiten im Interesse der Institution Ehe überwinden lassen. Das Buch „Edelsteine der Weisheit“ lässt der Propheten des Islam sagen: „Es ist eine erfolgversprechende und wohltätige Handlungsweise, das die Braut ihre An­sprüche in punkto Mitgift und Zahlungsbedingungen für den Ehekontrakt milde und nachsichtig formuliert.“

Übertriebene Forderungen können enthüllen, das nicht nur die Familie der Braut, sondern möglicherweise die Braut selbst habgierig und unnachgiebig ist. Das Kapitel über Mitgiften in dem Buch „Vassa’el“ berichtet dazu die folgende Geschichte. Eines Tages saß der Apostel Gottes im Kreise seiner Begleiter, als eine junge Frau hereinstürzte und nach den üblichen geziemenden Begrüßungsformeln sagte: „O Apostel Gottes, ich möchte einen jungen Mann.“ Der Prophet wandte sich an alle Anwesenden und fragte: „Ist jemand geneigt, diese Frau zu heiraten?“ Ein Mann sagte ja. Der Prophet fragte, was für eine Mitgift er geben würde. Er erwiderte: „Ich habe nichts, was ich geben könnte.“ Also sagte der Prophet: „Nein!“ Die Frau kam bei einer späteren Gelegenheit wieder und bat darum, verheiratet zu werden. Niemand rührte sich. Schließlich gab der gleiche junge Mann, der weder Vermögen noch Besitz zu seiner Verfügung hatte, ein Zeichen, und der Prophet redete ihn so an: „Kennst du den Qur’an?“ Er sagte: „Sicherlich!“ Der gütige Prophet ordnete darauf an: „Ich werde dich mit dieser Frau zum Preis der Mitgift verheiraten, das du ihr jeden Tag einen Teil des Qur’ans beibringst.“

Der Islam lehnt es also ab anzuerkennen, das finanzielle Schwierigkeiten der Eheschließung junger Leute im Weg stehen könnten. Er lässt es zu, das Bedürftige und Arme auf gesetzliche Weise Familien gründen dürfen. Der Islam betrachtet die Angst vor Armut und ihren möglichen Folgen als falsche Entschuldigungen, das göttliche Lebensgesetz der Ehe zu umgehen, und sagt, das die Vorsehung die Bedürfnisse einer Familie kennt und sie nicht in Not geraten lassen wird.

In der Sure XXIV: Nur- „Licht“, V. 32, steht sinngemäß geschrieben: „Sorge für die Mittel, womit würdige und passende Leute, die keinen Ehegefährten haben, heiraten können. Wenn sie arm und bedürftig sind, wird Gott aus Seiner gnädigen Fürsorge heraus ihre Bedürfnisse befriedigen.“

Natürlich sind harte Arbeit und Fleiß der Weg, wie ein Mann seine Be­dürfnisse befriedigen sollte. Wenn ein Mann die Verantwortlichkeiten einer Ehe auf sich nimmt, muss er, wenn er auskommen will, seinen Fleiß und harte Arbeit steigern. Das gehört auch zu den Funktionen der Ehe, den Le­bensstandard für die gesamte Gesellschaft zu heben.

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