Musawi Lari

Westliche Zivilisation und Islam

Sayyid Mudschtaba Musawi Lari

Ins Englische übersetzt von J.F. Goulding, hiernach ins Deutsche übertragen durch R.H. Sengler

Das folgende Manuskript ist eine geringfügig überarbeitete und sprachlich verfeinerte Version der 1995 in Qum erschienenen deutschen Übersetzung.

Delmenhorst 2004

Christentum und Islam in Afrika

Das etablierte Christentum fürchtet weder das Judentum, den Hinduis­mus oder den Buddhismus, denn diese Religionen sind Nationalreligionen, welche außerhalb ihres einheimischen Milieus nur wenig Einfluss haben. Also fühlen die Christen, der Islam sei die einzige Gefahr für sie. Denn der Islam besitzt eine Ideologie und eine Denkweise, die sie kennen, teils als Freunde, teils als Feinde. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, was der Papst vor dem Vatikanischen Konzil gesagt habe: “Der Islam ist eine viel ernstere Bedrohung für das Christentum als der Kommunismus.“

Obwohl die missionarischen Bemühungen des Islam praktisch gleich Null sind, so gewinnen ihn die schiere Weite seiner Kultur und Gefühlsstärke viele Konvertiten in verschiedenen Gebieten, besonders in Afrika, wo die unterdrückten Schwarzen seine umfassende Brüderlichkeit als ein so anzie­hendes Obdach empfinden, dass die Kirche die von ihm gewonnenen Zahlen nicht mehr übersehen kann.

Belgian Institutes berichtet, dass es zu Beginn unseres Jahrhunderts 4000 Muslime in einer Provinz in Kongo gab, woraus zu Beginn der 60er Jahre allein in Maniyema, Stanleyville und Kivu 236 000 geworden waren.

Die Pariser Zeitschrift „Peru“ zitiert Marcel Corder, europäischen Experten im Bereich des Islam in Afrika: „Der Islam dringt mit einer phantasti­scher Schnelligkeit vor und gewinnt im Jahresdurchschnitt eine halbe Mil­lion neuer Anhänger, nicht auf Grund seiner alten Wurzeln, sondern der neuen Lebensverhältnisse, die sich im vergangenen Jahnhundert gebildet haben, so dass, vorsichtig geschätzt, 50% der Schwarzafrikaner schon irgendwie Muslime sind ... 1950 eröffneten vier Graduierte aus El-Azhar Muslimschulen in Mabaku, welche mitreißende Fortschritte machten, bis die französische Regierung eingriff und sie schleunigst schloss.“

Dr. L. V. Vaglieri von der Universität Neapel schreibt: „Was ist der Grund dafür, dass trotz der erheblichen Freiheit, die Nicht-Muslime in Muslim-Gemeinschaften genießen und trotz totaler Abwesenheit von Muslim-Missionaren und der allgemeinen Schwäche aller Religionen überall einzig und allein der Islam in den letzten Jahren große Fortschnitte in Asien und Afrika gemacht hat? Heute ist es nicht mehr das Schwert, das den Übertritt erzwingt. Vielmehr ist es so, dass viele Länder, die einst unter mohammedanischer Herrschaft standen, nunmehr zu nichtmohammedanischen Regierungen gehören, welche ihre eigenen Religionen ihren Muslim-Untertanen aufzunötigen trachten - alles vergeblich! Worin besteht die verborgene Kraft dieses Glaubens? Was in der innersten Natur der Menschheit findet darin Zufriedenheit und Erfüllung? Welcher tiefe Trieb im Menschen antwortet auf den Ruf des Islam so enthusiastisch, so froh mit dem Ruf. "Hier bin ich"?“

Manche Christen scheuen vor nichts zurück, wo sie den Islam zu zerstören trachten. Professor Muhammad Qutb schreibt: „Eine Schifffahrtslinie eng­lischer Herkunft besitzt Niederlassungen in Südafrika. Einst stellte sie viele Muslime auf ihren Schiffen ein, aber dann, da sie eine christliche Gesellschaft war, beschloss sie, keine Muslime mehr zu beschäftigen. Um dieses Ziel zu erreichen, zahlte sie einen Teil der Heuer in Alkohol aus. Da Muslime Alkohol weder trinken noch verkaufen dürfen, kamen sie mit ihrer Heuer zu kurz. Ein muslimischer Rechtsanwalt erfuhr von ihrer Notlage und beriet sie dahin, die Annahme dieser Art von Zahlung, unerhört in jedem anderen Teil der Welt, zu verweigern und mit der Gesell­schaft von Gericht zu gehen, falls sie dem nicht stattgäbe. Und was tat die Gesellschaft? Kaum lag der Protest vor, als sie ihn schon zum Vorwand nahm, jeden Muslim zu entlassen. Eine schöne Menschlichkeit!“

Muslimische Gelehrte finden die Türen weit offen in Afrika. Die Menschen dieses Erdteils würden den Islam von ganzem Herzen und von ganzen Seele annehmen, wenn wir nur ein bisschen Eifer zeigten, ihnen die Botschaft zu bringen. Denn ganz Afrika sucht nach einer Religion, die Geistiges und Materielles verbindet, soziale Unvoreingenommenheit, also Gleichstellung, fordert und alle Menschen zu Frieden, Ruhe und Wahrheit ruft. Das moderne Christentum kann wegen seiner inneren Armut und Mangel dieses Verlangen nicht befriedigen. Die Kirche selbst wirkt trennend, da sie keine gemeinsamen Gottesdienste für Schwanz und Weiß zulässt. Die christ­liche Haltung der Schwarzen gegenüber ist schlicht unmenschlich.

Lumumba, der tote Führer aus dem Kongo, sagte einmal zu einer Pariser Zeitung: „Ich konnte nie verstehen, warum wir in den Schulen beigebracht bekamen, dass christliche Grundsätze unsere Hochachtung verdienten, während die Europäer draußen sich genau entgegengesetzt verhielten und alle menschlichen, zivilisierten Vorschriften mit Füßen traten. Die Art, wie die Europäer die Schwarzen behandelten, strafte alles, was sie uns in ihren Schulen lehrten, Lügen.“

Nicht nur in Afrika wird das Christentum vom Voranschreiten des Islam herausgefordert. In Amerika macht der Islam der schwarzen Bevölkerung große Hoffnungen. Man ist bemüht, den Islam nicht hochkommen zu lassen. Der Senat ersuchte den Präsidenten, die ,Schwarzen Muslime’ (Black Muslims) in den Bann zu setzen, ihre Tätigkeit für illegal zu erklären; aber Vorbeugungsmaßnahmen verstärken nur die Mitgliederzahl der Schwarzen Muslime und spornen ihren Eifer an. Sie haben jetzt 70 Niederlassungen in 27 Staaten. Islamische Kulturinstitute gibt es in Chicago und Detroit; islamische Zentren und Moscheen sind in zahlreichen Städten der USA erbaut worden.

Die Muslime geben eine Zeitung „Mohammed spricht“ heraus. Sie bringen Protest Demonstrationen auf die Beine, bei denen Spruchbänden „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist Sein Prophet „ mitgetragen werden.

Alle ,Schwarzen Muslime’ üben ihre religiösen Pflichten mit beispielhaf­tern Enthusiasmus aus. Die Frauen tragen den Schleier. Sie versuchen, Fleisch nur dann zu kaufen, wenn es die Stempelgarantie „Mond und Stern“ trägt. Der Umstand, dass gewisse Individuen sich bereichert haben, indem sie den Verkauf von geziemenden Kleidung, Lebensmitteln und anderen für Muslime unentbehrlichen Dingen monopolisierten; den Umstand, das ein paar Extremisten widerreligiöse Methoden angewandt haben und den Umstand, das viele der neuen Konvertiten erst einen rudimentären Begriff von der theologischen Wahrheiten haben, auf deren ihr Glaube beruht - alle diese Umstände negieren nicht die Segnungen, die den konvertierten Mas­sen bereits zuteil wurden. Es sind Missgeschicke, die in Ordnung gebracht werden, sobald Unterricht und Praxis den neugefundenen Glauben vertiefen. Denn die Schwarzen Muslime lernen eifrig arabisch und bestehen darauf, dass Schulen und Hochschulen Arabisch lehren, damit ihre Kinder den Qur’an im Original lesen können. Diebe unter ihnen dürfen bestraft werden. Selbst ihre Feinde geben zu, das die Schwarzen Muslime sich im Herzen gewandelt haben, und zwar durch das Licht des Qur’an, der sie an­leitet, den Verführungen und Befleckungen ihrer Vergangenheit zu ent­sagen.

Christliche Missionare in Afrika versuchen nicht, den Afrikanern beim Vorankommen zu helfen, damit sie mit den Weißen gleichziehen können. Sie wünschen vielmehr, das sie von Kirche und Staat der Weißen abhängig bleiben. Professor Westermann drückt sich in “Der Imperialismus und das Evangelium“ so aus: „Eine Bekehrung zum Islam hebt den sozialen Status des Bekehrten, vermehrt seine Selbstachtung, zeigt ihm, was in ihm steckt, lehrt ihm ein Weltbürger zu werden, definiert seine Beziehungen zu den Euro­päern mit Würde. Der Schwarze, der früher Abfall auf dem Kopf trug, erreicht im Islam einen Status, der ihm sogar unter Europäern Achtung verschafft. Wohingegen ein Schwarzer, der sein Heidentum aufgibt um Christ zu werden, sich in einem anderen Licht als die Schwarzen Muslime sieht, da die Grundlagen unserer Gesellschaft verschieden sind von denen, worin die Afrikaner entzogen wurden. Sie sehen zwar die äußerlichen Vorteile unserer Zivilisation, aber können ihr Wesen nicht begreifen, weil wir sie nichts Entsprechendes gelehrt haben. Auch haben sie ihren eigenen beson­deren Beitrag und dessen Eigentümlichkeiten nicht begriffen, weil wir Unsere Pflicht nicht verstanden haben, ihre schwarze kulturelle Herkunft zu studieren, den Afrikanern bei ihrem Fortschreiten in Gedankengängen zu helfen, die eine natürliche Fortsetzung ihrer geschichtlichen Entwicklung bis heute sind. Wenn wir das afrikanische Milieu mit unserem ebenso ober­flächlich vergleichen, wie die Afrikaner uns beurteilen, vermitteln wir unseren Mit-Europäern ein wenig schmeichelhaftes, einseitiges Bild des Schwarzen. Wir stellen ihn als einen minderwertigen Europäer dar. Aber der Islam zeigt ihn als einen Schwarzen, den er selbst und den andere achten. Er gibt ihm eine natürliche Gleichheit, die wir nicht begreifen. Er ist ein Geschöpf mit eigener Geschichte und Überlieferung. Christen hingegen, die das von ihnen erreichte Kulturniveau als das natürliche Überhaupt ansehen, behandeln schwarze Konvertiten mit der Herablassung, die man armen Wilden schuldet, die in Schmutz und Abfall leben. Sie fordern die Schwarzen heraus, ihre Überlegenheit zu verteidigen. Hierin geben die Schwarzen Muslime ihnen ihre Chance, während man schwarze Christen in Minderwertigkeit zurückstößt. Aus diesem Grunde branden die amerikanischen Neger zum Islam hin, weg vom Christentum. Denn sie sehen, das ihnen dort kaum ein gleicher Status wie ihren europäischen Brüdern zuge­standen wird, während der Islam ihnen die sofortige Anerkennung als Mit­menschen gewährt: gleich, frei und Brüder dieser Ende.“

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