West-östlicher Divan
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West-östlicher Diwan

West-östlicher Divan

In zwölf Büchern

von Johann Wolfgang Goethe

Einlass

Huri

Heute steh' ich meine Wache
Vor des Paradieses Tor;
Weiß nicht grade, wie ich's mache,
Kommst mir so verdächtig vor!

Ob du unsern Mosleminen
Auch recht eigentlich verwandt?
Ob dein Kämpfen, dein Verdienen
Dich ans Paradies gesandt?

Zählst du dich zu jenen Helden?
Zeige deine Wunden an,
Die mir Rühmliches vermelden,
Und ich führe dich heran.

Dichter

Nicht so vieles Federlesen!
Lass mich immer nur herein!
Denn ich bin ein Mensch gewesen,
Und das heißt ein Kämpfer sein.

Schärfe deine kräft'gen Blicke!
Hier! - durchschaue diese Brust!
Sieh der Lebenswunden Tücke,
Sieh der Liebeswunden Lust!

Und doch sang ich gläub'ger Weise:
Dass mir die Geliebte treu,
Dass die Welt, wie sie auch kreise,
Liebevoll und dankbar sei.

Mit den Trefflichsten zusammen
Wirkt' ich, bis ich mir erlangt,
Dass mein Nam' in Liebesflammen
Von den schönsten Herzen prangt.

Nein! du wählst nicht den Geringern!
Gib die Hand, dass Tag für Tag
Ich an deinen zarten Fingern
Ewigkeiten zählen mag.

 

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