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Muhammad Baqir al-Sadr

Zur Zeit der Eroberung von Natur aus belebtes Land

Viele Rechtsgelehrte sind der Meinung, dass die von Natur aus belebten Ländereien – also auch die in diesem Zustand eroberten Landflächen – wie Wälder und dergleichen den selben eigentumsrechtlichen Status erhalten, wie das Ödland, das wir soeben besprochen haben, d.h. sie halten diese allesamt für Eigentum des Imam, und sie berufen sich dabei auf den von den Imamen (a.) überlieferten gesetzgeberisch relevanten Ausspruch: „Alles herrenlose Land gehört dem Imam.“ Dieser Textbeleg spricht das Eigentum an allem Land, das keinen Besitzer hat, dem Imam zu, und die Wälder und dergleichen gehören dazu, denn Land kann nur aufgrund eigener Kultivierung besessen werden, aber die Wälder sind von Natur aus belebt, ohne dass ein bestimmter Mensch jeweils daran mitgewirkt hätte. Daher gelten sie im islamischen Recht [scharia] als “ohne Besitzer“, vielmehr fallen sie sogar in die Kategorie der “herrenlosen“ Ländereien, und unterliegen folglich dem Prinzip des staatlichen Eigentums.

Gegen diese Ansicht könnte man einwenden, dass die Anwendung des Prinzips vom Eigentum des Staates (bzw. des Imam) auf Wälder und dergleichen von Natur aus belebte Ländereien nur im Falle von Wäldern, die kampflos dem Territorium des Islam angegliedert wurden, richtig wäre, denn nur diese seien herrenlos. Dagegen seien diejenigen Wälder und natürlich belebten Flächen, die gewaltsam erobert und den Händen der Nichtmuslime entrissen wurden ... gemeinschaftliches Eigentum aller Muslime, denn sie fielen unter die Zuständigkeit der gesetzgeberischen Textquellen, die den Muslimen das gemeinschaftliche Eigentum am gewaltsam eroberten Land zusprechen. Und wenn die Wälder Kraft dieser Texte in den Bereich des “Eigentums der Gemeinschaft“ fallen, werden sie zu Land mit Besitzer, denn ihr Besitzer ist die gesamte Umma, und demnach wäre es nicht gerechtfertigt, sie den herrenlosen Ländereien zuzurechnen, von denen in dem Zitat: „Alles herrenlose Land gehört dem Imam“, die Rede ist. Mit anderen Worten: Die das Grundbesitzersatzabgabe-Land allgemein betreffenden Textquellen sollen auch für das herrenlose Land gültig sein. Diese Gültigkeit ist aber davon abhängig, dass die Textquellen zum Grundbesitzersatzabgabe-Land „solches mit dem Schwert eroberte Land, das sich in der Gewalt der Nichtmuslime befand“ zum Gegenstand haben, und nicht spezielle dasjenige eroberte Land, das Eigentum der Nichtmuslime war, denn im letzteren Fall wären die Wälder nicht Gegenstand der Textquellen, sondern nur im ersteren Fall, was klar ersichtlich ist. Weiterhin hängt die Gültigkeit noch davon ab, das die Herrenlosigkeit, die in dem Text, der das Eigentumsrecht des Imam fordert, vorausgesetzt wird, bei ihrem Eintreten und Andauern zu erfassen wäre.

Die explizite Aussage derjenigen Textquellen, die das herrenlose Land zum Eigentum des Imam erklären, ist aber, dass sie sich auf alles Land beziehen, das naturgemäß keinen Eigentümer hat. Mithin genügt das Nichtvorhandensein eines Eigentümers als Bedingung dafür, dass es als Eigentum des Imam gilt. Richtig ist also, dass das von Natur aus belebte Land Eigentum des Staates ist, ohne Unterscheidung dessen, was gewaltsam erobert wurde, von sonstigem Land.

Auf dieser Grundlage kann für den Einzelnen kein persönliches Recht an der Kontrolle über gewaltsam erobertes Land, wie Wälder oder dergleichen, entstehen, ebenso wenig wie das persönliche Recht an der Kontrolle über Grundbesitzersatzabgabe-Land, das durch die der Eroberung vorausgehende Kultivierung bereits belebt war, entsteht. Man könnte einwenden, dass von Natur aus belebtes Land auf der Grundlage der Beschlagnahmung angeeignet werden dürfe, in dem Sinne, dass die Beschlagnahmung bei der von Natur aus belebtem Land die gleiche Rolle spielen würde, wie die Urbarmachung bei von Natur aus totem Land. Diese Auffassung, wonach durch Beschlagnahmung Eigentumsrechte etabliert werden, stützt sich auf Überlieferungen, die besagen, dass jemand, der etwas in Besitz nimmt, Eigentumsrechte erlangt. Zu dieser Auffassung ist anzumerken:

·       Erstens: Einige dieser Überlieferungen sind von fraglicher Authentizität und daher nicht beweiskräftig, und manche belegen diese besagte Auffassung deshalb nicht, weil sie sich auf eine Beschreibung der Symbolkraft der Hand beziehen und die Beschlagnahmung als äußerliche Manifestation des Eigentumsstatus, nicht als dessen Ursache, darstellen. Und einige stehen in speziellen Zusammenhängen, wie der Ausspruch: „Für die Hand ist das, was sie ergreift, und für das Auge das, was es sieht“, der sich auf die Jagd bezieht.

·       Zweitens: Die Überlieferungen zum Thema der Beschlagnahme, selbst wenn sie im speziellen Fall der zur allgemeinen Nutzung freigegebenen primären Güter, die nicht zum gesetzlichen Eigentum einer Institution oder Einzelperson werden können, zutreffen mögen, gelten nicht für den Fall der Wälder usw.. Somit kann angenommen werden, dass der Wald Eigentum der Umma oder des Imam ist. Ausgehend davon müssen auf gewaltsam eroberte Wälder und sonstige von Natur aus belebte Ländereien die gleichen Bestimmungen angewandt werden, wie auf solches eroberte Land, das durch vorangehende menschliche Kultivierungsarbeit belebt war.

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