Zu den Argumenten der Gegner von Eigentum an Land
Die Einwände,
die gewöhnlich von den Gegnern des Eigentums an Land
vorgebracht werden, tendieren teilweise dazu, dessen
historische Realität, bzw. dessen bis in die vorgeschichtliche
Zeit zurückzureichenden Wurzeln in Frage zu stellen, und
manchmal gehen sie noch weiter und bezichtigen das Konzept des
Eigentums und des Anrechtes eines Einzelnen am Land selbst der
Beleidigung der Grundsätze sozialer Gerechtigkeit. Wenn die
Realität des Eigentums an Land, bzw. dessen historische
Zurückführung auf eigene Arbeit des Ackerbauern in Zweifel
gezogen werden, dann wird meistens auf Macht und Gewalt als
dessen Voraussetzung verwiesen, von denen behauptet wird, dass
sie im Laufe der Geschichte die Hauptrolle bei der ungerechten
Verteilung des Bodens und der Gewährung von besonderen Rechten
an Einzelpersonen gespielt haben. Und wenn Macht und Raub und
(Faktoren der) Gewalt die tatsächliche Rechtfertigung und der
historische Ursprung für das Eigentum an Land bzw. die
persönlichen Rechte daran, wie es die menschliche Geschichte
erlebt hat, gewesen sind ... dann ist es nur natürlich, diese
Rechte moralisch abzulehnen und das im Laufe der Geschichte
etablierte Eigentum an Land als eine Art von Diebstahl
anzusehen.
Wir streiten
die Faktoren der Gewalt und des Raubes und deren historische
Rolle nicht ab, aber diese Faktoren führen nicht das
ursprüngliche Auftreten von Landeigentum und persönlichen
Rechten in der Geschichte herbei, denn um sich des Landes
durch Gewalt und Raub bemächtigen zu können, muss dort jemand
vorhanden sein, dem man das Land wegnimmt und den man
gewaltsam vertreibt, um es dem eigenen Land hinzuzufügen. Dies
setzt voraus, dass jenes Land, das Gewalt und Raub ausgesetzt
ist, zuvor in den Besitz einer oder mehrerer Personen
übergegangen, bzw. dass diesen ein Anrecht darauf entstanden
war. Wenn wir dieses Recht, das schon vor den räuberischen
Handlungen bestand, untersuchen wollen, dann müssen wir dessen
Erklärung durch Macht und Gewalt beiseite lassen, um seinen
Ursprung anhand der Beziehung herauszufinden, die zwischen dem
Land und seinen rechtmäßigen Besitzern bestand. Außerdem wird
es sich bei der raubenden Person, von der wir annehmen, dass
sie sich irgendwann einmal des Landes mit Gewalt bemächtigt
hat, meistens nicht um einen Heimatlosen, ohne Wohnplatz und
eigenes Land gehandelt haben, sondern – wie es am
wahrscheinlichsten ist – um jemanden, der auf einer Landfläche
arbeiten und diese nutzen konnte, und dessen Möglichkeiten
sich ausweiten, so dass er auf die Idee kam, sich mit Gewalt
neuer Landflächen zu bemächtigen. Vor der Gewalt und
Machtausübung gab es also die produktive Arbeit und das Recht,
das auf eigener Arbeit und Nutzbarmachung des Landes beruhte.
Am ehesten ist anzunehmen, wenn wir uns eine Gruppe von
Menschen der primitiven Entwicklungsstufe vorstellen, die ein
Stück Land besiedelt und dort Ackerbau betreibt ... dass jeder
Einzelne von ihnen eine bestimmte Fläche dieses Landes, je
nach seinen Möglichkeiten, in Anspruch nimmt und für deren
Nutzung arbeitet. Aus dieser Aufteilung, die als
Arbeitsteilung beginnt – falls nicht alle Ackerbauern am
Ertrag der ganzen Fläche beteiligt werden – entstehen
schließlich die persönlichen Rechte der Individuen, und jeder
bekommt ein Anrecht auf das Land, dem er seine Mühe und Arbeit
gewidmet hat. Erst später machen sich die Faktoren der Gewalt
und Machtausübung bemerkbar, indem die Stärkeren und
Mächtigeren die Ländereien der anderen erobern und sich ihrer
Felder bemächtigen. Wir wollen damit nicht die persönlichen
Rechte und Eigentümer am Land, die im Laufe der Geschichte
entstanden sind, rechtfertigen, sondern wir wollen nur
feststellen, dass die Urbarmachung – d.h. die Arbeit an dem
Land – aller Wahrscheinlichkeit nach die primäre und alleinige
Ursache gewesen ist, welche die ursprünglichen Gesellschaften
als Ausgangspunkt des Anrechtes eines Einzelnen an dem Land,
das er kultivierte hatte und auf dem er arbeitete, anerkannt
haben, während alle anderen Ursachen sekundäre Faktoren waren,
die sich aus den komplizierter werdenden Lebensumständen
ergaben, durch welche die frühen Gesellschaften von ihrem
natürlichen Instinkt für das Richtige entfremdet wurden. Die
primäre Ursache verlor historisch immer mehr an Wirksamkeit,
während die Bedeutung der sekundären Faktoren zunahm, und
Macht und Willkür gegenüber der naturgegebenen Ordnung
überhand nahmen, bis die Geschichte des privaten Eigentums am
Land durch alle erdenklichen Spielarten von Unterdrückung und
Monopolisierung geprägt war, und das Land für die Massen der
Bevölkerung umso knapper wurde, je mehr davon den
Privilegierten zur Verfügung stand. Der Islam stellte nun –wie
wir gesehen haben – die Wirksamkeit der ursprünglichen Ursache
wieder her, indem er die Neukultivierung zur alleinigen
Voraussetzung für den Erwerb von Anrecht auf Land machte und
alle anderen Ursachen verwarf. Damit ließ der Islam die Zeit
der ursprünglichen Ordnung wiederaufleben, deren Spuren der
seiner Natur entfremdete Mensch schon fast getilgt hatte.
Soweit zu den
Einwänden gegen die historische Rückführung des Grundeigentums
auf die eigene Urbarmachung des Boden. Aber der umfassendere
und schwerwiegendere Einwand ist die kategorische Verurteilung
des Konzeptes des Eigentums bzw. des persönlichen Anrechts am
Land selbst, wie sie von einigen modernen oder halbmodernen –
wenn diese Bezeichnung richtig ist – ideologischen Tendenzen,
wie dem Agrarsozialismus, vorgebracht wird; in diesem
Zusammenhang hören wir meistens, das Land sei ein natürlicher
Reichtum, der nicht von Menschen geschaffen sondern eine der
Gaben Allahs ist, also dürfe es niemand ausschließlich
beanspruchen und anderen vorenthalten. Was immer in diesem
Zusammenhang auch gesagt werden mag, das islamische Konzept –
das wir vor dieser Erörterung vorgestellt haben – wird mit
logischen Argumenten nicht anzufechten sein. Denn wir haben
gesehen, dass das Land – in seinem Naturzustand betrachtet, so
wie der Menschheit dieses Geschenk von Allah dem Erhabenen
einmal übergeben wurde – nicht das Eigentum oder der
rechtmäßige Besitz irgendeiner Person ist, sondern Eigentum
des Imam – als stattliche Autorität und nicht als Person
verstanden, wobei das Eigentum des Imam, so wie es die
islamische Wirtschaftstheorie über das Land vorsieht, nicht
aufhören kann, und das Land nicht durch gewaltsame Aneignung,
ja nicht einmal durch eigenhändige Urbarmachung, zum Eigentum
einer Person wird. Vielmehr gilt die Neukultivierung als
Quelle des individuellen Anrechts auf das Land. Wenn also
jemand mit gesetzlicher Erlaubnis die Erschließung einer
Landfläche in Angriff nimmt und seine Mühe darauf wendet, dann
wäre es ungerecht, anderen Personen, die auf dieses Land
keinerlei Mühen verwandt haben, die gleichen Rechte wie dem
ersteren zuzugestehen; vielmehr muss er als die Person mit dem
größten Anrecht auf das Land und dessen Nutzung angesehen
werden.
Der Islam
gewährt also demjenigen, der das Land bearbeitet, ein Recht,
das ihn vor den anderen bevorzugt, und erlaubt dem Imam
theoretisch die Erhebung einer Abgabe oder Steuer auf das
Land, damit alle rechtschaffenen Menschen an dessen Nutzung
teilhaben, indem diese Steuern zu ihrem Nutzen verwendet
werden. Und da dieses Recht in der Sicht des Islam auf der
Arbeit beruht, die der Einzelne an das Land wendet, wird es –
naturgemäß – hinfällig, wenn das Land diese Arbeit verbraucht
hat, und erneute Anstrengungen erfordert, um seine Belebtheit
und Produktivität zu erhalten, aber der Landbesitzer es
versäumt, es zu kultivieren, d.h. es vernachlässigt, bis es
verwahrlost. In diesem Falle endet seine Verbundenheit mit der
Person, die es bisher bearbeitet hat, da die gesetzliche
Rechtfertigung, aus der diese Ihr besonderes Anrecht auf das
Land herleiten, nämlich ihre Arbeit, die sich in der
Kultiviertheit und Belebtheit des Bodens verkörperte, nicht
mehr besteht.