Natur der islamischen Gesetzgebung
Weiterhin ist das allgemeine
Gleichgewicht in der islamischen Gesellschaft einer Anzahl von
islamischen gesetzlichen Bestimmungen in verschiedenen
Bereichen zu verdanken, welche, wenn sie vom Staat in die
Praxis umgesetzt werden, zur Bewahrung des sozialen
Gleichgewichtes beitragen. Wir können hier nicht sämtliche
gesetzlichen Bestimmungen aufzählen, die mit dem Prinzip des
sozialen Gleichgewichts im Zusammenhang stehen, und die
Aspekte dieses Zusammenhangs herausstellen. Es genügt hier ein
Hinweis auf die Bekämpfung des Hortens von Geld durch den
Islam, auf die Abschaffung der Zinsnahme, auf die
Erbvorschriften, auf die Autorisierung des Staates zu
Eingriffen im Rahmen des von der islamischen Gesetzgebung
gelassenen Freiraumes, auf das Verbot der Ausbeutung der
natürlichen Reichtümer mit kapitalistischen Methoden, und auf
weitere Bestimmungen. So machen es die Verhinderung des
Hortens von Geld und die Abschaffung der Zinsen unmöglich,
dass kapitalistische Banken Gegensätze schaffen und das
soziale Gleichgewicht stören, und dadurch in die Lage versetzt
werden, einen großen Teil vom Reichtum des jeweiligen Landes
an sich zu ziehen, wie dies die Banken in den kapitalistischen
Ländern praktizieren, indem sie die Menschen zum Horten des
Geldes ermuntern und ihnen mit den Zinsen Anreiz dafür bieten.
Aus dem islamischen Standpunkt ergibt
sich als natürliche Konsequenz, dass das private Kapital eines
Einzelnen in der Regel nicht in der Lage sein wird, sich in
den Bereichen von Produktion und Handel in einer Weise
auszubreiten, dass dem Gleichgewicht Schaden zugefügt wird,
denn die Expansion von Produktions- und Handelsunternehmungen
einzelner Personen in einer Gesellschaft wie der
kapitalistischen Gesellschaft stützt sich auf die
kapitalistischen Banken, welche jene Unternehmen gegen einen
bestimmten Zinssatz mit ihrem Bedarf an Kapital versorgen.
Wenn also das Horten verhindert und die Zinsnahme verboten
wird, dann ist es den Banken nicht möglich, in ihren Tresoren
Geld in größeren Umfang anzuhäufen und dieses
Privatunternehmen als Kredite zur Verfügung zu stellen, womit
die privaten Aktivitäten auf wirtschaftlicher Ebene innerhalb
vernünftiger Grenzen bleiben, die mit dem allgemeinen sozialen
Gleichgewicht zu vereinbaren sind, und –natürlicherweise – die
größeren Produktionsunternehmungen dem öffentlichen Eigentum
überlassen werden. Die Bestimmungen über die Vererbung, Kraft
derer die Erbschaft in der Regel auf eine Anzahl von
Verwandten und Erben aufgeteilt werden muss, sind als ein
weiteres Mittel zur Sicherung des sozialen Gleichgewichts
anzusehen, denn sie zerteilen die Reichtümer kontinuierlich
und verhindern deren Anhäufung, (indem sie diese an die
Verwandten verteilen, so wie es die Erbbestimmungen
vorschreiben). So werden die Vermögen der Reichen am Ende
jeder Generation in der Regel an eine größere Gruppe von
Personen verteilt, wobei die Anzahl der neuen Eigentümer der
hinterlassenen Güter unter Umständen ein Vielfaches der
ursprünglichen Eigentümer erreichen kann. Und die dem Staat
gewährten Kompetenzen, den Freiraum der islamischen
Gesetzgebung auszufüllen, sind von großer Relevanz für den
Schutz des sozialen Gleichgewichtes, wie wir im nächsten
Kapitel sehen werden. Gleichfalls ist das Verbot der
Ausbeutung roher Reichtümer der Natur mit kapitalistischen
Methoden Ausdruck der Schaffung eines Ausgangspunktes
wirtschaftlicher Aktivität, der naturgemäß zur sozialen
Ausgeglichenheit führt, denn die Nutzung der Reichtümer der
Natur ist der wesentliche Ausgangspunkt aller wirtschaftlichen
Aktivität. Wenn also das eigenhändige Ausführen der Arbeiten
zu ihrer Gewinnung zur Grundvoraussetzung der Aneignung roher
Reichtümer der Natur gemacht wird, wie es der Auffassung
einiger Rechtsgelehrter entspricht, und es verboten wird,
andere Personen zu diesem Zweck in den Dienst zu stellen ...
dann wird die Verteilung jener Reichtümer in einer Weise
festgesetzt, die soziale Ausgeglichenheit bewirkt und es nicht
einigen wenigen Personen erlaubt, sich dieser zu bemächtigen,
indem sie andere in diesem Bereich für sich arbeiten lassen,
womit das Gleichgewicht untergraben und von Anfang an der Keim
von Gegensätzen und Unausgeglichenheit gelegt würde.