Rosenöl
Rosenöl (Hammer-Purgstall)

Aussprache:
arabisch:
persisch:
englisch:

1813 n.Chr.

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Rosenöl - Joseph von Hammer-Purgstall

44. Dschafer Almanßur

Dschafer Almanßur, der Chalife, hatte ein so glückliches Gedächtnis, dass er jedes Gedicht, so er einmal gehört, auswendig behielt. Er besaß eine Sklavin, die alles Vorgesagte wiederholen konnte von Wort zu Wort, nachdem sie es zweimal gehört, und einen Sklaven, der nach dreimaligem Anhören jedes Gedicht zu rezitieren wusste.

Er war ein großer Liebhaber der Wissenschaften, für deren Gönner er gerne gelten mochte; zugleich aber so außerordentlich geizig, dass ihm der Name Dewaniki oder Pfennigknicker geblieben. So oft ihm ein Dichter ein Werk darbrachte, befahl er, das Gewicht desselben in Gold aufzuwägen, vorausgesetzt, dass es neu, und nicht aus gestohlenen Gedanken zusammen gesetzt wäre. Las nun der arme Dichter sein Lob- und Preisgedicht vor, so wiederholte es der Chalife sogleich vom Anfange bis zum Ende, und sagte: Das ist ja was Uraltes, du siehst, dass ich es längst schon auswendig gewusst.

Der erstaunte Dichter erkühnte sich manchesmal untertänigst zu erinnern, dass dies wohl eine glückliche und außerordentliche Naturgabe Seiner Majestät sein möge, einmal gehörte Dinge von Wort zu Wort zu wiederholen. – Hierauf Manßur: nicht im Geringsten; diese Verse, die du mir als neu auftischest, kennt ja jedes Kind. Siehst du dort die Sklavin und den Sklaven, sie haben es mir schon mehr als einmal wiederholet. Hiermit forderte der Chalife dieselben auf, das Gehörte zu wiederholen, was sie, Kraft ihrer guten Gedächtnisse, leicht tun konnten, indem es die Sklavin zweimal, aus dem Munde des Dichters nämlich, und des Chalifen; der Sklave dreimal, aus dem Munde des Dichters, des Chalifen, und der Sklavin gehöret hatte. So kam es denn, dass der arme Dichter, ganz erstaunt über dies ohne sein Wissen begangenes Plagiat, mit leeren Händen abzog, und nicht einmal den geringen Preis des Gewichtes in Gold davontrug.

Asmai, dem diese unwürdige Behandlung seiner Zunftgenossen zu Herzen ging, beschloss dieselben und sich selbst am Chalifen zu rächen. Er verfertigte ein kurzes Gedicht aus den schwersten Worten und härtesten Silben, welche die arabische Sprache hat, zusammengesetzt, verkleidete sich in einen Beduinen, und kam auf einem Kamele am Hofe des Chalifen aufgezogen. Der Chalife setzte ihm die bekannten Bedingnisse: Bruder Araber! wenn dein Gedicht dein eigen ist, so wäge ich's mit Gold auf, wenn nicht, so erhältst du keinen Heller. Nun rezitierte Admai die folgenden Verse:

Das Bülbülbül1 der Nachtigall
Schlug hoch und tief im Herz.
Die Blumenflur! der Wasserfall!
Ein Schelmenaug' voll Scherz!
Ich sagte: du gebietest mir,
Mein Schatz, mein Schätzelein!
Wie Mancher sehnet sich nach dir,
O mein Gasellelein!
Ich pflückte Rosen durch den Kuss
Von ihrem Angesicht.
Ich sagte: gib mir Kuss auf Kuss,
Sie aber wollte nicht.
Sie sagte: nein! mit nichten! nein
Da schritt ich für und für;
Da neigte sich das Mägdelein,
Erzürnt auf die Manier.
Sie schrie und weinte, o! und ach!
Und weh! und ach! und ey!
Ich sagte: weine nicht, gib nach,
Man sieht die Perlenreih'.
Als sie ein wenig stiller ward,
Verlangt' ich mehr als Kuss,
Verlangte, weil sich Alles paart,
Der Liebe Vollgenuss.
Sie sagte: ist's um diese Zeit?
Wohlan, so trink und iss!
Sie machte mir den Wein bereit,
Den Wein2, wie Honig süß.
Ich nöselte den Balsamduft
Der Blumenfluren ein,
Es schien als duftete die Luft
Von Würzenägelein.
Die Laute schlug: tralla lala,
Die Trommel: dum, dum, dum,
Die Tänzer sprangen hopsasa,
Das Dach gieng um und um.
In Quittenblättern aufgetischt
Erschien das frohe Mahl;
Zu Turteltauben Girren mischt'
Den Klingklang der Pokal.
Allein am Morgen, o der Scham!
Kam es zum Eselsritt,
Auf einem Esel, der halb lahm,
Gleich einer Schildkröt' schritt.
Das Volk lief mir in Haufen nach,
Klif klaf, klif klaf, klif klaf,
Rund um ward das Getümmel wach
Pif paf, pif paf, pif paf.
Ich aber ritt in vollem Trab
So gut ich konnt' davon,
Und stieg zuletzt am Hofe ab,
Am großen Königsthron.
Man gab mir einen roten Rock
Zum Lohn und Ehrenstrauß,
Dann sprengt ich über Stein und Stock
Zu Bagdads Thor hinaus.
Ich selbst Asmai (habt Respekt.)
Geboren in Mosuls Wall,
Hab' dieses Liedlein ausgeheckt
Gleich einer Nachtigall.

Der Chalife hatte das Lied, der vielen Onomatopöien und harten Silbenversetzungen wegen, viel zu schwer gefunden, um es auf einmal Anhören rezitieren zu können; er sah den Sklaven und die Sklavin an, die kein Wort davon behalten hatten.

Endlich sprach er verdrießlich: nun so gib dein Gedicht her, dass ich es mit Gold aufwiege – Sogleich, erlaube mir, dass ich es ablade. – Wie? ein Gedicht abladen? was ist das? – Ja, du sollst es gleich sehen, Fürst der Rechtgläubigen. Das Kamel ward vorgeführt, und die Last desselben war eine Säule, auf der das Gedicht eingegraben war. Der Chalife konnte nicht anders als Wort halten, und er musste den Stein mit Gold aufwiegen.

Endlich schlug Asmai den Mantel, mit dem er das Gesicht eingehüllt gehabt hatte, von einander und sprach: Du siehst, ich bin kein Asmai aus der Wüste, sondern der Asmai deines Hofes, Fürst der Rechtgläubigen, der sich unterstanden, deine Majestät hierdurch zu erinnern, dass man den armen Poeten ihr Brod nicht abstehlen müsse3.

Fußnoten

1 Bülbül: der Gesang und auch der Name der Nachtigall onomatopöisch.

2 Das arabische Wort ist Kaffee, was aber nur Wein bedeuten kann, indem der Kaffee damals noch nicht bekannt war.

3 Das Verdienst dieses Stückes im Originale besteht in der Zusammensetzung der härtesten und rausten Laute, an denen die arabische Sprache keinen Mangel hat. Wenn es dem Chalifen unmöglich fiel, die Folge dieser Laute, ungeachtet seines vortrefflichen Gedächtnisses, im Ohre zu behalten, so ist es für den Nichtaraber fast eben so unmöglich, dieselben nur flüssig zu lesen. Man urteile aus folgenden Proben: Ich sagte: gib mir Kuss auf Kuss

va kultbabes bus buseni

Die Laute schlug u.s.w. wo die arabischen Onomatopöien so viel als möglich durch deutsche gegeben sind:

U – U – U – U –

val ud den den den den deni

U – U – U – U

veb-tabl tab tab tub tabtali

U – U – U – U –

ver-raks arthab ta tababi

– U – U – U–

ves-sakf sak sak sak saksali u.s.w.

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