39. Am Hofe des Chalifen Merwan
Am Hofe des Chalifen Merwan lebten drei Männer, deren
Kunsttalente hinreichten ihr Jahrhundert zu verherrlichen: der
Sänger Hadi, der Gebetausrufer Baalbek, und der
Geheimschreiber Abdolhamid.
Mansur, der Nachfolger Merwan's, verurteilte sie alle drei
zum Tode. Sie wurden vorgeführt, und Hadi sprach: Herr, schone
meines Lebens, denn einen Sänger wie mich findest du nimmer. –
Nun, wie schön singest du denn? – So schön, dass Kamele, so
drei Tage gedurstet haben, wenn sie Wassergeräusch und
zugleich meine Stimme vernehmen, des Durstes vergessen, und
mir wie bezaubert zuhören. – Die Probe ward angestellt und
richtig befunden.
Baalbek sagte: Herr, tödte mich nicht, denn einen
Gebetausrufer wie mich findest du nimmer. – Wie weit erstreckt
sich denn dein Talent, die Aufmerksamkeit der Rechtgläubigen
zu erregen? – So weit, Herr, dass Knaben, die mit Geschirren
über die Gasse gehen, dieselben aus Erstaunen auf die Erde
fallen lassen, sobald der Wohlklang meines Rufes von dem
Minare herabtönt. – Wir wollen sehen, sprach Mansur, und es
war die reine Wahrheit. –
Herr, schenke mir das Leben, sprach Abdolha mid, denn dein
Jahrhundert hat keinen Schreiber meines Gleichen. Die Zauber
meines Kieles stört die Welt auf und beruhiget sie wieder.
Ich weiß, sprach Mansur, dass du vieles geschrieben, und
doch hast du Merwans Herrschaft nicht retten können. Du hast
deine Probe schlecht bestanden. Abdolhamid ward hingerichtet,
dem Sänger und Gebetausrufer das Leben geschenkt.