Rosenöl
Rosenöl (Hammer-Purgstall)

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1813 n.Chr.

Mehr zum Thema siehe: Rosenöl (Hammer-Purgstall)

Rosenöl - Joseph von Hammer-Purgstall

35. Beim Chalifen Harun

Beim Chalifen Harun Raschid ward einer der Abkömmlinge der Familie Ommia, der in Damaskus lebte, angegeben, wegen der Menge seiner Reichtümer und der Herrlichkeit seiner Feste. Harun, der eine geheime Eifersucht nicht unterdrücken konnte, befahl Minara, einem seiner Vertrauten, sich nach Damaskus zu begeben, und ihm den Sohn Ommia's in Ketten zu bringen. Dies geschah im Jahre der Hedschira acht hundert und sechs, wo Harun gegen Kufa ausgezogen war. Er gab seinem Abgesandten nicht mehr Zeit, als sechs Tage zur Hinreise, sechs Tage zur Rückkehr, und einen zum Aufenthalte, so, dass er ihn am Abend des dreizehnten Tages ganz gewiss zurückerwartete. Er befahl, den Gefangenen mit seinem ganzen Hause herbeizuführen, auch sollte Minara auf jedes Wort, das auf dem Wege gesprochen würde, wohl acht haben.

Minara rannte mit unglaublicher Hast auf unterlegten Dromedaren, und kam am Abend des siebenten Tages vor den Thoren von Damaskus an. Da dieselben verschlössen waren, musste er warten bis an den Morgen. Er begab sich in's bezeichnete Haus, das er voll fand von Pferden und Sklaven. Der Herr war im Bade.

Minara ließ sich als Abgesandter des Chalifen melden, mit dem Bedeuten, dass sein Auftrag schleunig ausgerichtet sein müsse. Ungeachtet dessen währte es lange, bis der Hausherr erschien. Endlich kam er, von einer Schar von Sklaven und Knaben umgeben. Er hieß Minara niedersetzen, und das Mittagsmahl auftragen, das an Glanz und Verschwendung die Tafel des Chalifen übertraf.

Die große Schar der Dienerschaft entfernte sich, und es blieb nur ein Dutzend Sklaven zurück. Minara fing nun an, für seine eigne Sicherheit zu fürchten, und bedachte, was zu tun, während der Hausherr das Gebet verrichtete. Nach dem Gebete zog Minara den Befehl des Chalifen aus dem Busen. Der Hausherr las ihn, ohne im geringsten seine Fassung zu verlieren. Dann rief er seine Kinder, seine Verwandten, und sein ganzes Haus zusammen, und schwor bey der Kaaba, und bei allem was heilig, um ihnen die geringste Widersetzlichkeit wider des Chalifen Befehl zu untersagen. – Gib mir die Ketten her, Minara, ich werde sie mir selbst anlegen, und brauche Niemanden dazu. Er bestieg den Dromedar, und behielt den ganzen Weg hindurch dieselbe unerschütterliche Gleichheit des Gemütes, las den Koran, oder rezitierte Sprüche der Weisheit.

Endlich langten sie am Abend des fünfzehnten Tages vor Kufa an. Sechs Paasangen weit hatte der Chalife besondere Posten ausgestellt, ihm die Ankunft Minara's zu melden. Er ward auf der Stelle vorgelassen, und musste haarklein erzählen, was er in Damaskus und auf der Reise gesehen und gehöret hatte. Die Regungen der Eifersucht, des Mitleidens, der Bewunderung, verfolgten sich abwechselnd in der Seele des Chalifen. Er ließ den Abkömmling Ommia's berufen, und fragte ihn, ob er nichts bedürfe. Dieser begehrte die Gnade, in den Schoß seiner Familie zurückzukehren. Harun gewährte ihm dieselbe, und Minara erhielt den Auftrag, ihn mit einem zahlreichen Gefolge und mit allen Ehren zurückzuführen. Auch überhäufte ihn Harun mit Geschenken, und dachte mit Recht, dies sei das edelste Benehmen gegen einen Abkömmling der Familie Ommia, welcher das Haus Abbas Rache und Untergang geschworen hatte.

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