13. Hind
Hind, die Tochter Naaman's des arabischen [Rand: Alaim.]
Königs, die Gemahlin des Statthalters Hedschadsch, war durch
Schönheit und Geist gleich berühmt. Ihr Gemahl beschlich sie
eines Tages in ihrem Kabinette, als sie eben mit vielem
Wohlgefallen sich in dem Spiegel besah und dabei sagte: Ist's
nicht Jammerschade, dass eine so schöne Stute wie Hind, statt
einem Hengste der ihrer würdig wäre, einem Maulesel wie
Hedschadsch zugefallen ist? – Hedschadsch ward hierüber so
aufgebracht, dass er auf der Stelle sich von ihr zu scheiden
beschloss. Er schickte Abdallah, den Sohn Saher's ab, um ihr
diesen Entschluss kund zu tun, und ihr die zweimal hundert
tausend Dukaten Heiratsgut, die sie mitgebracht hatte,
zurückzustellen. Deß bin ich von Herzen froh, sprach sie, und
du, Sohn Saher's, magst die zweimal hundert tausend Dukaten
behalten für die angenehme Botschaft.
Der damals regierende Chalife Abdolmelek, der Sohn Merwan's,
hatte viel von der Schönheit, dem Geiste und dem hohen Sinne
der Prinzessin Hind gehöret. Nach ihrer Scheidung von
Hedschadsch begehrte er sie zur Frau. Sie antwortete auf
seinen Antrag durch folgendes Billet:
Fürst der Rechtgläubigen! Ekelt Dich nicht, die Schale an
den Mund zu bringen, woraus ein schäbiger Hund getrunken?
Der Chalife lachte viel über den Einfall und schrieb
zurück:
Wenn der Hund aus der Schale von Hind getrunken, so soll es
meine Sorge sein, dieselbe siebenmal auszuwaschen, ehe ich
mich ihrer zum täglichen Gebrauche bediene.
Die Prinzessin nahm nun den Antrag des Chalifen an, doch
mit dem Bedingniß, dass Hedschadsch der Brautführer sei. Der
Chalife sandte ihm die nöthigen Befehle, denen er den Gehorsam
nicht verweigern durfte. Er musste sichs gefallen lassen, nach
hergebrachtem Gebrauche den Zaum des Brautkameels, worauf die
Prinzessin saß, in der Hand zu halten, und den ganzen Weg
hindurch zu führen von Kufa nach Bagdad. Hind machte sich in
einem fort über ihren Brautführer lustig. Als sie dem Palaste
des Chalifen nahe war, warf sie Gold unter das Volk aus.
Hebe mir, sprach sie zu ihrem Führer, das Silberstück auf,
das mir da hinunter gefallen. Hedschadsch, der nur Goldstücke
sah, nahm eines derselben, und gab es ihr, indem er sagte: Du
hast dich geirrt, Prinzessin, es war ein Dukate. – Nein! ein
Taler – Wahrhaftig ein Dukate – Nun wenns so ist, sprach sie,
so sei Gott gelobet, ich habe einen Taler verloren, und dafür
einen Dukaten gefunden. Hedschadsch, dem die boshafte
Anspielung nicht entging, schwieg still, und konnte den
Augenblick nicht erwarten, wo er an des Palastes Thoren die
Braut des Chalifen übergeben haben würde.