104. Ishak, der berühmte Tonkünstler
Ishak, der berühmte Tonkünstler, erzählet: Der Chalife
Mamun habe ihn einst in der Rosenzeit aufgefordert, etwas
Schönes zum Lobe der Rosen zu sagen. Ich verließ, erzählt er,
die Gesellschaft des Chalifen, und zerbrach mir den Kopf, um
etwas Artiges auszusinnen. Ich sann und sann die ganze Nacht,
ohne etwas zu ersinnen. Am folgenden Morgen, als ich nach Hofe
ging, fand ich den Diener Fasl's, des Sohns Merwan's, der mir
auf einer silbernen Tasse sieben Rosen darreichte. Das war
schön, aber die Verse mangelten noch. Da ging ein Lastträger
vorbei, der die folgenden improvisierte:
Nimmer neide ich die Biene,
Die aus Rosen Honig trinkt;
Da aus meines Mädchens Munde
Nektar mir entgegenblinkt.
Rosen funkeln auf den Fluren,
Rosen glühn in ihrem Haar,
Rosen blühn auf ihren Wangen,
Trinket, liebet immerdar.
Ich behielt die Verse sogleich im Gedächtnis und sagte sie
dem Chalifen her, der mich dafür sehr großmütig belohnte.