24. Josue
Josue, der Sohn Nun's und Maria's, der Schwester Moses,
leitete das Volk Israels nach Moses Tode die übrigen viermal
sieben Jahre, die es noch in der Wüste zuzubringen hatte.
Seine vornehmste Unternehmung war die Belagerung und Eroberung
der Stadt Balka, damals von Götzendienern bewohnt. In der
ganzen Stadt fand sich ein einziger frommer Mann, Balaam, der
Sohn Baaur's, Die Fürsten der Stadt drangen in ihn, dass er
hinaus ginge, dem Volke Israels zu fluchen. Balaam setzte sich
auf feinen Esel, denn obschon der Esel kein edeles Tier ist,
so haben von jeher Propheten nicht entstanden, auf Eseln zu
reiten.
Halben Weges weigerte er sich weiter zu gehen, und sprach
klarer und vernehmlicher Stimme zu Balaam: Fürchtest du dich
denn nicht vor Gott dem Herrn, dass du hinausgehst, seinem
Propheten und seinem Volke zu fluchen. Balaam wollte umkehren,
da trat ihm Satan in den Weg und sprach: Thor! willst du denn
dem Worte eines Esels glauben, thu, was dir befohlen, und
sprich den Fluch aus. Balaam, als ein gläubiger und frommer
Mann, hätte wirklich besser getan, dem Esel als Satan zu
glauben, er hätte nicht, wie wir gleich sehen sollen, seinen
Glauben verloren. Der Einsprechung des Teufels[129]
gehorchend, wollte er den Fluch aussprechen, aber Gott
verwandelte den Fluch in Segen.
Nun flehte auch Josue seinerseits zum Himmel: Du hast dein
Volk gesegnet, o Herr, und es bleibt mir nichts übrig zu
flehen, als daß du zum Beweise der Erhörung meines Gebetes dem
Sohne Baaur's den Glauben nehmest, weil er fluchen, und nicht
segnen wollte.
Josue's Gebet ward erhört, der Glauben flog aus Balaam's
Mund sogleich in Gestalt eines weißen Vogels aus. Balaam
fühlte sich in das finstere Labyrinth des Unglaubens
verstrickt, und sann nun selbst auf gottlose Anschläge wider
die Kinder Israels. Er schlug vor, die schönsten Mädchen, so
viel derer in der Stadt waren, auszuschmücken mit allem Reiz
des Gewandes, und ins Lager zu schicken.
Die Buhlerinnen verbreiteten sich im Lager der Kinder
Israels, und mit ihnen die Pest. Stündlich sanken die Krieger
in die Arme der Wollust, und aus den Armen der Wollust in die
Arme des Todes. Da ergriff Fachaß den Sohn Harmi's ein
heiliger Grimm. Mit gesenkter Lanze rannte er in das nächste
Zelt, und durchstach das erste Paar im Augenblick des
Genusses, dass die Lanze beim Rücken herausdrang, wie sie beim
Rücken hereingedrungen war. So hob er sie auf und trug sie wie
ein paar angespießte Vögel im ganzen Lager herum zur
fürchterlichen Schau. Dieser Anblick vermochte mehr über die
Kinder Israels, als die Pest vermocht hatte. Sie sandten die
Buhlerinnen zurück, und die Pest hörte auf.
Aus Dankbarkeit für die Wohltat, die hierdurch Fachaß
seinem Volke erwies, ist es noch heute unter den Juden der
Gebrauch, dass sie, wenn sie Opfer schlachten, Kopf und Füße
des Tieres den Abkömmlingen aus der Familie Fachaß antragen.
Am nächsten Morgen ordnete Josue einen allgemeinen Sturm
an. Das Gefecht dauerte vom Morgen bis Abend; Josue betete mit
aufgehobenen Händen; die Sonne stand still, und der Mond ging
nicht auf. Der Tag war verlängert, aber am Ende desselben die
Stadt nicht eingenommen. Nun befahl Josue, alle Kostbarkeiten
und Kleider, welche die an der Pest Verstorbenen
zurückgelassen hatten, zu verbrennen (auch heute verbrennt man
dieselben). Dann sollten sie gegen die Stadt anlaufen und
dreimal Hita, Hita, Hita, das hieß damals: Gott verzeih uns
unsere Sünden! ausrufen. Die Kinder Israels machten sich über
diese Prophetenparole lustig, und als sie gegen die Mauern
anliefen, schrieen sie aus vollem Halfe statt Hita, Hinta,
Hinta, Hinta, d.i. Getreid, Getreid, Getreid, denn sie hatten
Mangel an Brod, und wollten hierdurch Josue's spotten Aber
sobald sie's geschrieen hatten, regnete es vom Himmel nicht
Getreide und Brod, sondern Flammen und glühende Kohlen auf
ihre Häupter, und statt des Mehls ward ihnen die Asche der zu
Staub verbrannten Gebeine. Auf diese Begebenheit bezieht sich
der Text des Korans:
Die Ungerechten, sie haben unser Wort verändert in ein
anderes. Dafür haben wir vom Himmel Strafe gesandt für ihre
Missetat.
Sie begehrten nämlich Weizen statt Verzeihung der Sünden,
und der Herr gab ihnen Feuer statt Brod. Hieran erbauet Euch,
fromme Leser, und lernet, wie gefährlich es sei, mit
Prophetenworten Spaß zu treiben.
Josue ward hundert acht und zwanzig Jahre alt; mit hundert
Jahren übernahm er die Leitung des Volkes, und regierte
dasselbe viermal sieben Jahre; Seine Lebenszeit fällt in die
Regierung Menudschehrs, des persischen Königs.