Zivilisation und ...

Reise einer Wienerin in das Heilige Land

Ida Pfeiffer

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Aufenthalt in Konstantinopel

Häuser – Theater – Wagen

Die Häuser in ganz Konstantinopel, wozu Pera, Tophane usw. gehören, sind sehr leicht und nachlässig gebaut. Keine Tür, kein Fenster schließt und paßt, die Fußböden haben oft zollbreite Fugen, und dennoch sind die Mieten außerordentlich teuer. Die Ursache davon ist die beständige Feuergefahr, welcher man in diesen aus Holz gebauten Städten ausgesetzt ist. Jeder Hausherr fürchtet, im Lauf von fünf bis sechs Jahren abzubrennen, während dieser Zeit will er sein Kapital samt Zinsen hereinbringen. Man findet daher hier nirgends so schön und bequem eingerichtete Wohnungen wie in den übrigen europäischen Städten.

In Pera ist ein Theater, das bei sechs- bis siebenhundert Menschen fassen mag. Zu der Zeit, als ich daselbst war, gab eine italienische Sängergesellschaft wöchentlich vier Vorstellungen. Man hörte Opern der berühmtesten Meister. Ich hatte mit einer Vorstellung genug. Es ist zu wundern, daß sich eine solche Unternehmung rentiert, denn der Türke hat zuwenig Sinn für Musik, und der Franke hat wieder zuviel dafür, um bald mit etwas zufriedengestellt zu werden.

Die Wagen, in welchen gewöhnlich nur Frauen fahren, sind von zweierlei Art; die erstere Art ist ballonartig, schön bemalt und vergoldet, mit hohen Rädern. An beiden Seiten haben sie Öffnungen, zu welchen man mittelst hölzerner Schemel gelangt, die der Kutscher bei jedesmaligem Ein- und Aussteigen anlegt. Diese Fenster oder Öffnungen kann man mit Jalousien schließen. Der Wagen enthält weder Sitze noch Polster. Jedermann, der ausfährt, nimmt Teppiche und Polster mit, breitet sie in den Wagen und setzt sich mit untergeschlagenen Beinen hinein. In einem solchen Fuhrwerk haben vier Personen Platz. Die zweite Art Wagen unterscheidet sich durch noch höhere Räder, auf welchen ein länglicher Kasten ruht, der oben gedeckt und von allen Seiten offen ist. Man steigt von hinten ein. In diesen haben oft acht Personen Raum. Ein Wagen ersterer Art wird von einem Pferd gezogen, das in der Gabel geht; oft sind auch zwei Pferde eingespannt. Das andere Fuhrwerk wird von einem oder zwei Ochsen gezogen, die ebenfalls in der Gabel gehen, nur wölbt sich ober denselben noch ein Bogen, der mit Blumen, farbigem Papier und Bändern geziert ist. Der Kutscher geht neben jedem dieser Fuhrwerke zu Fuß, um seine Tiere mit größerer Aufmerksamkeit durch die holperigen, löcherigen Straßen, die auch dazu beständig bergab und bergauf führen, leiten zu können.

Lastwagen gibt es nicht; alles wird entweder von Menschen, Pferden oder Eseln getragen. Nirgends sieht man daher auch so viele Lastträger wie hier. Sie sind gewandt und sehr kräftig; oft trägt ein Mann eine Last von hundert bis hundertfünfzig Pfund auf diesen schlechten, bergigen Straßen. Holz, Kohlen, Eßwaren, Baumaterialien werden von Pferden und Eseln geschleppt. Das mag auch viel Ursache an der Teuerung sein, die in Konstantinopel herrscht.

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