Aufenthalt in Konstantinopel
Ausflug nach Eyüp,
der größten Vorstadt Konstantinopels und zugleich dem Ort,
wo sich die reichsten und vornehmsten Türken begraben lassen.
Eyub Ansari, der Fahnenträger Mohammeds, ruht hier in einer
der schönsten Moscheen, die ganz aus weißem Marmor erbaut ist.
Kein anderer Glaubensgenosse als der Muselman darf dieses
Heiligtum betreten. Von außen kann man jedoch durch die
Fenster, die hoch und breit sind und beinahe bis an den Boden
reichen, sehr gut hineinsehen. Im Saal steht der Katafalk mit
einer reich mit Gold bestickten Decke und mit fünf oder sechs
echten Schals überlegt. An der Stelle, wo der Kopf ruht, liegt
ein schöngewundener Turban, ebenfalls aus echten Schals. Um
den Hauptkatafalk stehen noch mehrere andere, in welchen seine
Gemahlinnen, Kinder oder nächsten Verwandten ruhen. Hart an
der Moschee befindet sich ein wunderschöner Brunnen aus weißem
Marmor, mit einem eisernen, aber vergoldeten Geländer umgeben,
an welchem zwölf glänzend reine, messingene Trinkschalen
stehen. Ein Türke hat eigens Dienst, selbe den Vorübergehenden
zu reichen. Ein geschnörkeltes Gärtchen zieht sich hinter der
Moschee entlang. Auf dieselbe Art wie die Moschee Eyubs sind
auch alle jene gebaut, in welchen die Sultane liegen, nur
liegt auf dem Katafalk statt des Turbans ein schöner Fez mit
dem Reiher. Die Moschee, in welcher der letztverstorbene
Kaiser Mahmud der Zweite liegt, gehört zu den schönsten.
In Eyüp sieht man viele der kostbarsten Monumente, welche
mit reichvergoldeten, geflochtenen Eisengittern, auf deren
Zacken der Halbmond glänzt, umgeben sind. Diese Gitter sind
außerordentlich hoch und bilden eine Wölbung, unter welcher
ein steinerner Sarkophag steht, der mit Rosen und kleinen
Zypressenbäumen, an welchen sich Efeu und Myrten winden,
umpflanzt ist. Man würde sich aber sehr irren, wenn man
dächte, daß nur der Reiche hier begraben liege. Der Arme
findet ebenso sein Plätzchen, und gar häufig sieht man neben
dem Prachtmonument den einfachen Stein, der das Grab des
letzteren deckt.
Auf dem Rückweg begegnete ich der Leiche eines türkischen
Armen. Wenn man mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätte,
würde ich sie ganz übersehen haben. Der Körper war in eine
Decke gerollt, oben und unten zusammengebunden und auf einem
Brett befestigt, welches ein Mann auf der Achsel trug. Am Grab
wird der Tote nochmals gewaschen, in reine Leinwand gewickelt
und so in die Grube versenkt. Sehr einfach, und so ist es auch
recht gut. Muß denn der Pomp und die Verschwendung den
Menschen noch bis an das Grab geleiten? Sehr wünschenswert
wäre es, legten wir hierin von unsern Gebräuchen, von dem
irdischen Flitter etwas ab. Ich will damit nicht sagen, daß
die Bestattung gar so einfach zu sein brauchte; überall ist
der Mittelweg das beste. Eine einfache Bestattung erhebt gewiß
mehr zur Andacht als die Pracht und Herrlichkeit, welche nur
zu häufig bei solchen Gelegenheiten an der Tagesordnung sind.
Ach, da haben die Menschen viel zuviel zu schauen und zu
kritteln, es bleibt ihnen keine Zeit, auch nur eine würdige
Betrachtung für sich oder ein andächtiges Gebet für den
Verstorbenen zu Gott zu senden.