Der Quran im Islam
Fortsetzung des Diskurses
Nach dem bisher Gesagten werden die
Quranischen Suren und Verse je nach dem Ort, der Zeit, der
Veranlassung und den Bedingungen ihrer Offenbarung
unterschiedlich geordnet:
1. Einige Suren und Verse sind mekkanisch
und andere medinensisch. Teile des Quran, die vor der
Auswanderung offenbart worden sind, werden als mekkanisch
bezeichnet. Dazu gehören die meisten Suren, besonders die
kleineren. Teile, die nach der Auswanderung offenbart worden
sind, werden medinensisch genannt, gleichgültig, ob sie in
Medina oder außerhalb Medinas oder gar in Mekka offenbart
worden sind.
2. Einige Suren sind auf der Reise und
einige daheim offenbart worden. Die Suren werden auch danach
geordnet, ob sie in der Nacht oder am Tage, in Friedenszeiten
oder während des Krieges, auf der Erde oder im Himmel, in
Abgeschiedenheit oder unter den Menschen offenbart worden
sind. Wir werden über den Sinn dieser Einteilungen im Kapitel
über die Veranlassungen der Offenbarung zu sprechen kommen.
3. Einige Suren sind wiederholt offenbart
worden. Es heißt, dass die Eröffnungssure zweimal, einmal in
Mekka und ein weiteres Mal in Medina, offenbart worden sei.
Einige Verse sind ebenfalls wiederholt offenbart worden. Der
Vers „welche von den Wohltaten eures Herrn wollt ihr
leugnen?“ in der Sure “Der Barmherzige“
wird dreißig Mal wiederholt. Die Verse „darin liegt ein
Zeichen. Doch die meisten von ihnen sind eben nicht gläubig“
und „dein Herr aber ist der Mächtige und Barmherzige“
in der Sure „Die Dichter"
werden acht Mal wiederholt. Einige Verse kommen in mehr als
einer Sure vor, wie z.B. der Vers „und sie sagen: Wann wird
diese Androhung (Wirklichkeit werden)? Wenn ihr die Wahrheit
sagt“, der in sechs verschiedenen Suren vorkommt.
Manche Sätze bilden an einer Stelle einen
vollständigen Vers, an einer anderen Stelle sind sie ein Teil
des Verses. Beispielsweise ist der Satz „Gott (ist einer
allein). Es gibt keinen Gott außer ihn. (Er ist) der Lebendige
und Beständige" ein vollständiger Vers in der Sure “Die
Familie Imrans“ (3:1), aber nur ein Teil des Thron-Verses in
der Sure “Die Kuh“ (2:255). Doch die meisten Suren und Verse
sind nur einmal offenbart worden und kommen nur an einer
Stelle vor.
Wie dem auch sei, die Unterschiede unter
den Quranischen Versen sind bedingt durch die
Sprachsituationen, die an einer Stelle die Wiederholung der
Sätze zum Zwecke der Betonung erfordern und an anderen Stellen
nicht.
Ein ähnlicher Unterschied ist in Bezug
auf die Länge der Suren und Verse zu beobachten. Die kürzeste
Sure ist “Die Überfülle“ [al-kauthar] (108) und die längste
“Die Kuh“ [al-baqara] (2). Der kürzeste Vers ist “Mudhammatani“,
“das saftige Grüne“ (55:64), der nur aus einem einzigen Wort
besteht, und der längste ist der Vers “Die Religion …" aus der
Sure “Die Kuh", der mehr als dreißig Sätze zählt (2:252). Auch
diese Unterschiede, die sogar zwischen zwei benachbarten
Versen vorkommen können, sind bedingt durch die Situation, wie
z.B. bei den Versen 20 und 21 aus der Sure “Der Bedeckte“ [al-mudassir]
(74), wobei der erste nur einen Satz und, der zweite mehr als
fünfzehn Sätze zählt.
Ein weiterer Unterschied besteht darin,
dass manche Suren kurz und prägnant und manche andere breit
und weitschweifig sind. Dies wird aus einem Vergleich zwischen
den Suren “Die Morgendämmerung“ [al-fadschr] (89) und “Die
Nacht" [al-lail] (92) einerseits und den Suren “Die Kuh" [al-baqara]
(2) und “Der Tisch“ [al-maida] (5) andererseits deutlich. Die
meisten mekkanischen Suren sind kurz und prägnant und die
meisten medinensischen sind breit und weitschweifig.
Zu diesem Bereich der Erörterung gehört
auch die Feststellung, dass die ersten Verse, die dem
Propheten offenbart wurden, die Sure “Der Embryo" [al-alaq]
(96) bildeten oder die ersten fünf Verse dieser Sure seien.
Und dass der Vers „und fürchtet, einen Tag zu erleben, an
dem ihr Gott zurückgebracht werdet, worauf jedem voll
heimgezahlt wird, was er begangen hat, und ihnen wird dabei
nicht unrecht getan.“ (2:281) der letzte offenbarte Vers
sei.