Nahdsch-ul-Balagha
Pfad der Eloquenz - Nahdsch-ul-Balagha

Aussprache: nah-dschul-balagha
arabisch:
نهج البلاغة
persisch:
نهج البلاغة
englisch: Peak of Eloquence

Mehr zum Thema siehe: Nahdsch-ul-Balagha

82. Predigt – Eigenschaften des Diesseits

(Diese Predigt wurde gehalten) über die Eigenschaften des Diesseits.

Wie soll ich eine Heimstätte beschreiben, deren Anfang Erschöpfung (der Geburt), und deren Ende Vernichtung (durch Tod) ist? Für deren erlaubte Dinge muss Rechenschaft abgelegt werden, und für deren Verbotenes gibt es Strafe. Wer darin reich ist, wird geprüft, und wer darin arm ist, ist bekümmert. Wer sich um ihretwillen anstrengt, verfehlt sie, und wer von ihr Abstand nimmt, zu dem kommt sie. Wer sie durchschaut, dem gibt sie Einblick, und wer zu ihr hinschaut, den macht sie blind.

Sayyid al-Radhi sagt: Wenn man sich diese Worte betrachtet: „wa man absara biha bassarat´hu (wer sie durchschaut, dem gibt sie Einblick)“, dann wird man darunter wundersame Bedeutungen und einen weitreichenden Gegenstand finden, dessen Ziel nicht erreicht und dessen Tiefe nicht erfasst werden kann, insbesondere derjenige, der es mit seinen Worten verbindet: „wa man absara ilaiha a´mat´hu (wer zu ihr hinschaut, den macht sie blind)“, findet den Unterschied zwischen „absara biha (durchschaut)“ und „absara ilaiha (hinschaut)“ deutlich und erleuchtend, wunderbar und strahlend! Allahs Segnungen und Heil mögen auf ihm (a.) ruhen.

Erläuterung

Der Satz „Am Anfang der Welt ist Erschöpfung, und an deren Ende steht Vernichtung“ enthält dieselbe Wahrheit, die der Qur´an in folgendem Vers dargelegt hat: „Wahrlich, Wir haben den Menschen zur Mühsal erschaffen.“[1]

Es stimmt, dass gleich vom engen Schoß der Mutter bis zur Weite des Firmaments die Wechsel im menschlichen Leben nicht enden. Wenn der Mensch am Anfang das Leben kostet, findet er sich in so einem dunklen Gefängnis eingeschlossen, in dem er weder die Glieder bewegen noch sich umdrehen kann. Wenn er aus seiner Gefangenschaft entkommt und diese Welt betritt, muss er zahllose Probleme meistern. Anfangs kann er weder mit seiner Zunge sprechen, um seine Beschwerden oder Schmerzen auszudrücken, noch hat er genug Energie, um seine Bedürfnisse selbst zu befriedigen. Nur sein Schluchzen und fließende Tränen drücken seine Bedürfnisse aus und zeugen von seiner Not und Pein. Wenn er nach dieser Periode in das Stadium des Lernens und der Lehre eintritt, dann empfangen ihn bei jedem Schritt Stimmen der Ermahnung. Wenn er aus dieser Zeitspanne der Lehre entlassen wird, sieht er sich Problemen hinsichtlich Familienleben und Sicherung des Lebensunterhalts konfrontiert, bei dem es manchmal Streit mit Arbeitskollegen gibt, manchmal Zusammenprall mit Gegnern, mit der Wechselhaftigkeit der Zeit, manchmal wird er mit Krankheiten und Probleme mit den Kindern konfrontiert, bis sich das Alter nähert mit Hilflosigkeit und Schwäche, und schließlich verabschiedet er sich von dieser Welt mit Verdruss und Kummer im Herzen.

Daraufhin sagt der Befehlshaber der Gläubigen (a.) über diese Welt, dass für die erlaubten Handlungen Rechenschaft abzulegen ist, und dass es für die verbotenen Handlungen die Härten der Bestrafung geben wird. Wenn er eine Fülle von Reichtum und Geld in dieser Welt hat, dann findet er sich in einem Strudel von Problemen, dass er seine Freude und Seelenfrieden verliert. Aber wenn Not und Armut bestehen, jammert er nach Reichtum. Für ihn, der sich nach dieser Welt sehnt, gibt es keine Grenzen für seine Begierden. Wenn ein Wunsch erfüllt ist, dann kommt sofort das Verlangen nach Erfüllung eines anderen Wunsches auf.

Wenn aber jemand nicht hinter der Welt herläuft, dann läuft die Welt hinter ihm her. Damit soll ausgesagt werden, dass, wenn jemand die Klauen von Gier und Habsucht bricht und von der unerwünschten Sehnsucht nach dieser Welt Abstand nimmt, so bekommt er auch Lebensfreude und bleibt nicht dessen beraubt. Daher, wenn jemand diese Welt von oben betrachtet und aus deren Geschehnissen Lehren zieht und durch die Wechsel und Schwankungen darin Wissen über Allahs Macht, Weisheit, Barmherzigkeit, Langmut und erhaltende Macht und Allwissenheit erwirbt, dann gewinnen seine Augen wahre Helligkeit und Einsicht. Auf der anderen Seite, wenn jemand nur in der Farbenpracht und Schmuck der Welt verloren ist, verliert er sich in der Dunkelheit der Welt, und das ist der Grund, warum Allah verboten hat, die Welt so zu sehen: „Und richte nicht gierig deine Augen auf das, was Wir einigen von ihnen zur Nutznießung verliehen haben – das ist der Glanz des diesseitigen Lebens – um sie darin der Versuchung auszusetzen. Der Lebensunterhalt, den dein Herr beschert, ist besser und hat eher Bestand.“ [2]

[1] Heiliger Qur´an 90:4

[2] Heiliger Qur´an 20:131

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