65. Brief – Ebenfalls an Muawiya adressiert
Ebenfalls an Muawiya adressiert
Im Folgenden ist für dich jetzt die Zeit
gekommen, dass du von der klaren Situation Nutzen ziehst durch
deren Beobachtung und Untersuchung. Du hast den Pfad deiner
Vorgänger beschritten mit deinen falschen Behauptungen, indem
du die Leute in Lug und Trug gestürzt hast, indem du für dich
beansprucht hast, was höher als deine Stellung ist, weil du
(Dinge) entwendet hast, die nicht für dich aufgespeichert
wurden, da du vor der Wahrheit geflohen bist und das geleugnet
hast, was dir mehr anhaftet als dein Fleisch und Blut, nämlich
das, was dir dein Gehör eingab und mit dem deine Brust
angefüllt war. Und nach (Verwerfen) der Wahrheit gibt es
nichts als offenkundigen Irrtum, und nach (Ablehnung) des
(klaren) Beweises gibt es nichts als Verwirrung. So sei auf
der Hut vor dem Zweifel und dem, was er an Unklarheiten
beinhaltet, denn die Zwietracht hatte lange Zeit (die
Wahrheit) ihren Schleier ausgebreitet, und ihre Finsternis hat
die Augen geblendet.
Ich bekam von dir einen Brief, dessen
Wortwahl und Heftigkeit den Frieden schwächen und
Phantastereien, die nicht von Wissen und Verstand bei dir
zeugen. Du bist dadurch wie jemand geworden, der in einem
Sumpf watet und wie ein in der unterirdischen Finsternis
Herumirrender. Du hast dich auf einen Posten aufgeschwungen,
der schwer zu erlangen ist und mit schwer erkennbaren Zeichen,
selbst der Aasgeier kann ihn nicht erreichen, und der Ayyuq
folgt (ebenfalls) diesem Beispiel.
Möge Allah verhüten, dass du über die
Belange der Muslime nach mir herrschen wirst, oder dass ich
für einen von ihnen für dich ein Dokument ausstelle oder eine
Verpflichtung eingehe (die dir Macht gibt). So korrigiere
deine Seele von jetzt an, achte darauf, denn wahrhaftig, wenn
du unmäßig handelst, werden die Diener Allahs gegen dich
aufstehen, und die Dinge werden dir verschlossen sein und
etwas, was heute von dir angenommen wird, wird dann abgelehnt
werden,
und Frieden (sei mit dir).
Erläuterung
Am Ende
der Schlacht mit den Charidschiten schrieb Muawiya einen Brief
an den Befehlshaber der Gläubigen (a.), in dem er wie
gewöhnlich mit Schmutz um sich warf. Als Antwort schrieb der
Befehlshaber der Gläubigen (a.) diesen Brief, in welchem er
versuchte, Muawiyas Aufmerksamkeit auf die klaren Fakten über
eben jene Schlacht mit den Charidschiten zu lenken, da die
Schlacht im Einklang mit der Vorhersage des Propheten (s.)
stand, während der Befehlshaber der Gläubigen (a.) selber vor
der Schlacht gesagt hatte, dass außer den Leuten der
Kamelschlacht und von Siffin er noch gegen eine weitere Gruppe
kämpfen musste, und diese waren Abweichler von der Religion,
nämlich die Charidschiten. Dass diese Schlacht stattfand und
der “Mann mit Brüsten“ [dhu thudayyah] getötet wurde, waren
klare Beweise, dass der Befehlshaber der Gläubigen Recht
hatte. Wenn Muawiya nicht von Selbstdarstellung und Lust nach
Eroberungen besessen gewesen wäre und nicht seine Augen
gegenüber der Wahrheit verschlossen hätte wie sein Vater Abu
Sufyan und sein Bruder Utba, hätte er die Wahrheit erkannt und
wäre auf den richtigen Weg gekommen. Aber getrieben von seiner
Neigung vermied er immer Recht und Wahrheit und verharrte in
Blindheit gegenüber jenen Aussagen des Propheten, die das
Licht auf das Imamat und Nachfolgerschaft des Befehlshabers
der Gläubigen (a.) warfen. Das alles geschah wegen der Aussage
des Propheten (s.) bei der Abschiedspredigt, bei der Muawiya
anwesend war und die ihm nicht verborgen blieb: „Wessen
Meister ich bin, dessen Meister ist auch Ali“, wie auch
die andere prophetische Aussage: „Oh Ali, du stehst zu mir,
wie Aaron zu Moses“, ihm nicht verborgen blieb aufgrund
Muawiyas Anwesenheit bei der Schlacht von Tabuk. Trotz alldem
verbrachte er sein Leben im Verbergen der Wahrheit und der
Förderung der Falschheit. Das war nicht aufgrund irgendeines
Missverständnisses, sondern es war seine Machtgier, die ihn
Wahrheit und Gerechtigkeit mit Füßen treten ließ.