Nahdsch-ul-Balagha
Pfad der Eloquenz - Nahdsch-ul-Balagha

Aussprache: nah-dschul-balagha
arabisch:
نهج البلاغة
persisch:
نهج البلاغة
englisch: Peak of Eloquence

Mehr zum Thema siehe: Nahdsch-ul-Balagha

62. Brief – An die Einwohner Ägyptens

An die Einwohner Ägyptens, (gesandt) durch Malik al-Aschtar, als er ihm das Gouverneursamt darüber übertragen hatte.

Im Folgenden, Allah Der Erhabene hat wahrlich Muhammad (s.) als Warner für die Welten entsandt und als einen Zeugen für die Gesandten. Doch als er (s.) ging, stritten die Muslime miteinander darüber, was nach ihm sein sollte. Doch bei Allah, es wäre mir nie in den Sinn gekommen und es wäre mir nie eingefallen, dass die Araber diese Angelegenheit (das Kalifat) nach ihm (s.) von seiner Ahl-ul-Bait forttreiben würden, und auch nicht, dass sie es mir entziehen würden! Ich sah nur, dass die Leute erpicht darauf waren, dem so und so den Treueid zu schwören.

So hielt ich meine Hand zurück, bis ich die Rückfälligkeit derer sah, die sich vom Islam abgewandt hatten und zur Austilgung der Religion Muhammads (s.) aufriefen. Und ich befürchtete, dass wenn ich dem Islam und seinen Anhängern nicht geholfen hätte, während ich sah, dass es darin einen Riss oder Zerstörung gab, das Unheil darin für mich größer sein würde als der Verlust der Befehlsgewalt über euch, das nur etwas für wenige Tage wäre, von denen alles vergehen wird, was existierte, so wie die Fata Morgana vergeht, oder wie sich die Wolken zerstreuen. Daher erhob ich mich bei diesen Ereignissen, bis die Falschheit verschwand und die Religion zur Ruhe kam und (Schlechtes) abhielt.

Teil des gleichen Briefes:

Bei Allah, wenn ich sie allein getroffen hätte und sie so viele gewesen wären, um die gesamte Erde zu füllen, ich hätte mir keine Sorgen gemacht, noch wäre ich ängstlich geworden. Und ich habe Einblick von mir aus und Gewissheit von meinem Herrn über ihren Irrtum, in dem sie sich befinden, sowie über die Rechtleitung, in der ich mich befinde. Ich habe wahrlich Sehnsucht nach der Begegnung mit Allah und hoffe erwartungsvoll auf Seinen schönen Lohn. Aber ich bin betrübt, dass die Törichten und die Sündigen dieser Islamischen Weltgemeinde [umma] sie regieren, das Eigentum Allahs unter sich verhandeln, die Diener (Allahs) versklaven, die Rechtschaffenen bekriegen und mit den Abgewichenen Allianzen eingehen. Denn wahrhaftig scheint derjenige unter euch von ihnen, der verbotenen Trank genossen hatte und dafür als vom Islam festgesetzte Grenzüberschreitungs-Strafe [hadd] ausgepeitscht wurde. In der Tat gehört (auch) der zu ihnen, der den Islam nicht angenommen hatte, bis ihm dafür ein kleines Geschenk gegeben wurde. Wenn (all) das nicht gewesen wäre, würde ich nicht so stark (Anstrengungen unternehmen), euch zu versammeln, zu tadeln, euch zu vereinigen und anzuspornen (zum Einsatz), doch wenn ihr euch weigert und Schwäche zeigt, werde ich euch in Ruhe lassen.

Seht ihr nicht, wie die Grenzbereiche (eures Landes) enger geworden sind, wie eure Städte, (vom Feind) erobert, wie euer Eigentum ergriffen und wie eure Provinzen erbeutet wurden?! Zieht aus, möge Allah euch barmherzig sein, um euren Feind zu bekämpfen, sinkt nicht schwerfällig zur Erde, denn dann werdet ihr euch in Erniedrigung festsetzen und in Demütigung zurückfallen, und euer Los wird das gemeinste sein. Wahrlich, der Kämpfer muss wachsam sein, und wer schläft, dessen Gegner schläft nicht,

und Frieden (sie mit euch).

Erläuterung

Die Erklärungen des Propheten über den Befehlshaber der Gläubigen (a.) „Dies ist mein Bruder, mein Testamentsvollstrecker und mein Kalif nach mir“, und bei der Rückkehr von seiner Abschieds-Pilgerfahrt bei Ghadir Chumm „Wessen Anführer ich bin, dessen Anführer ist auch Ali“ haben die Frage seiner Nachfolge geregelt, und hernach gab es keinen Grund für irgendeine neue Wahl, noch war es vorstellbar, dass die Bewohner Medinas das Bedürfnis nach einer Wahl verspürten. Aber einige Personen ignorierten diese klaren Anweisungen, als ob sie ihnen nie zu Ohren gekommen wären, und betrachteten die Wahl als so notwendig, dass sie das Begräbnis des Propheten verließen und sich unter dem Sonnendach (Saqifa) der Banu Sa´ida versammelten und Abu Bakr zum Kalifen wählten unter vorgeblicher Demokratie. Das war ein sehr kritischer Moment für den Befehlshaber der Gläubigen (a.). Einerseits erklärten einige Leute, die ihre eigenen Interessen verfolgten, dass er zu den Waffen greifen sollte, und andererseits bemerkte er, dass jene Araber, die den Islam aufgrund seiner militärischen Stärke angenommen hatten, ihn verließen, und Musaylima ibn Thumama an-Nadschafi der Lügner [al-kadhdhab] und Tulayha ibn Chuwaylid al-Asadi einen Stamm nach dem anderen in Irreleitung stürzten. Unter diesen Umständen, wenn es einen Bürgerkrieg gegeben und Muslime gegen Muslime gekämpft hätten, hätten sich die Kräfte der Häresie und der Heuchelei miteinander verbunden und den Islam vom Erdboden getilgt. Daher zog es der Befehlshaber der Gläubigen (a.) vor, ruhig zu bleiben statt zu kämpfen, und beschränkte sich zwecks Erhaltung der Solidarität des Islam auf friedlichen Prostest, statt die Waffen aufzunehmen. Das tat er deswegen, weil offizielle Macht ihm nicht so wichtig war wie das Wohl der Gemeinschaft. Es gab keinen anderen Weg, um die Machenschaften der Heuchler zu stoppen, die Ziele der Zwietrachtsäer abzuwehren und die Flammen des Krieges nicht anzufachen, als seinen eigenen Anspruch aufzugeben.

Die Beschreibung der „Törichten und die Sündigen dieser Islamischen Weltgemeinde [umma]“, die regieren, bezieht sich auf die Aussage des Heiligen Propheten (a.) über die Kinder von Umayya und die Kinder von Abu al-Aas ibn Umayya, dem Großvater von Uthman ibn Affan und der Dynastie von Marwans Kalifen, wie es überliefert wurde von Abu Dharr Ghiffari: „Wenn die Anzahl der Banu Umayya vierzig Mann erreicht, werden sie Allahs Volk versklaven, Allahs Eigentum unter sich verhandeln und das Buch Allahs zu einer Ursache von Verderbnis machen.“[1]

Über die Söhne von Abu al-Aas wird von Abu Dharr überliefert, von Said al-Chudri, Ibn Abbas, Abu Huraira und anderen, dass der Heilige Prophet sagte: „Wenn die Anzahl der Nachkommen von Abu al-Aas dreißig Mann erreicht, werden sie Allahs Eigentum unter sich verteilen als ihr eigenes Eigentum, Allahs Volk versklaven und die Religion Allahs zu einer Ursache von Verderbnis machen.“[2]

Die Geschichte des Islam nach dem Ableben des Heiligen Propheten (s.) hat genug Beweise, um das Prophetentum des Heiligen Propheten zu belegen, und die Sorge des Befehlshabers der Gläubigen (a.) für die muslimische Gemeinschaft basierte auf dem Grund der Verfälschung des Islam durch eine machthungrige Erbdynastie, die spätestens von Muawiya eingeläutet wurde.

Der Mann, der Wein trank, war al-Walid ibn Uqba ibn Abu Mu´ayt. Er war Sohn der gleichen Mutter wie der Kalif Uthman und dessen Gouverneur von Kufa. Al-Walid leitete einmal die Morgengebete in der Moschee zu Kufa im Zustand der Trunkenheit mit vier Gebetsabschnitten [raka], statt der üblichen zwei. Die Gemeinde, die aus mehreren gottesfürchtigen Leuten bestand wie Ibn Masud waren dadurch irritiert und erst recht, als al-Walid nach Beendigung der vier Gebetsabschnitte sagte: „Was für ein schöner Morgen! Ich würde gern das Gebet noch mehr ausdehnen, wenn ihr erlaubt.“

Wiederholte Beschwerden waren bereits beim Kalifen eingetroffen über al-Walid wegen seiner Prasserei, doch oft wurden sie abgeschmettert. Daraufhin tadelten die Leute Uthman, weil er ihren Klagen kein Gehör schenkte und so einen Schurken bevorzugte. Zufällig gelang es ihnen, den Siegelring des Gouverneurs abzustreifen, als er besinnungslos aufgrund eines Trinkgelages dalag und brachten ihn nach Medina. Noch immer war der Kalif zögerlich und zauderte, über seinen Gouverneur eine Strafe zu verhängen, der sein Halbbruder mütterlicherseits war, dadurch gab er Anlass zu schwerstem Tadel, weil er das Recht ignorierte, auch wenn er letztendlich überzeugt werden konnte, al-Walid zu bestrafen. Konsequenterweise wurde er seines Amtes erhoben. Said ibn al-Aas, ein Cousin Uthmans, wurde an seiner Stelle ernannt, und das war ebenfalls eine tadelnswerte Handlung Uthmans, der auf viele Positionen seine Verwandten setzte.[3]

Der im Text erwähnte Mann, der den Islam annahm, nachdem er sich finanziellen Vorteil gesichert hatte, war Muawiya.

[1] “Al-Mustadrak“, Band 4, S. 479; „Kanz al-Ummal“, Band 11, S. 149

[2] “Musnad“ von Ahmad ibn Hanbal, Band 3, S. 80; “al-Mustadrak“ von al-Hakim, Band 4: 480; “al-Matalib al-Aliyah“, von Ibn Hadschar, Band 4, S. 332; “Madschma az-Zawa´id“, von Haithami, Band 5, S. 241, 243; “Kanz al-Ummal“ von al-Muttaqi; Band 11, S. 148, 149, 351, 354

[3] “Ansab al-Aschraf“ von al-Baladhuri, Band 5, S. 33-35; “al-Aghani“, von Abul Faradsch Isfahani, Band 4, S. 174-187; “al-Isti´ab“, Band 4, S. 1554-1557; “Usd al-Ghaba“, Band 5, S. 91-92; Tabari, Band 1, S. 2843-2850; Ibn al-Athir, Band 3, S. 105- 107; Ibn Abu al-Hadid, Band 17, S. 227-245

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