Mohammed
Mohammed - Roman eines Propheten (Klabund)

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1917 n.Chr.

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Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Autor Historisches mit Märchen vermischt hat, so dass der Inhalt nicht authentisch ist. Er hilft aber das Verständnis der Zeit über Islam nachzuvollziehen.

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Auswanderung

Von nun an hatten die Moslems, die Gläubigen Mohammeds, viel zu dulden. Man warf die Niederen, die keinen vornehmen Familienanhang hatten, tagelang in feuchte, naßkalte Keller, um sie darauf, auf Steinen festgebunden, der sengenden Wüstensonne preiszugeben. Schlangen und Kröten waren ihre Genossen und die Flöhe der Wüste, welche sich zwischen die Zehen krallten und die Füße zerfraßen. Sie wurden in Käfige gesteckt, in denen sie weder sitzen noch stehen konnten, und, halb liegend, zu unförmigen Geschöpfen gemästet, um plötzlich durch Hunger zu vogelähnlichen Gerippen abzumagern.

Chadidjeh und Abu Talib, die mit ihrem Ansehen Mohammed gestützt, starben in einem Monat.

Chadidjeh bekannte auf der Bahre, in letzten Fiebern brennend, sich zu Mohammeds Lehre.

Mohammed bekränzte sie mit rotem Mohn, der Blume des Propheten, und hielt mit Maria, der Koptin, und Aischa, der Ahnin der Kalifen, die Totenwache.

Gabriel, der Engel, stand zu ihren Häupten und entzündete Sterne an den Totenkerzen.

Mohammed kehrte von seinem Abendgange heim, mit Kot beworfen. Die Kureischiten höhnten: »Wenn du Gottes Gesandter bist und Wunder vermagst, so verwandle den Dreck in eine goldene Krone, die dein Haupt ziere und dich zum Herzog erhebe!« Der Kamelmist hing ihm in die Stirne. Winselnd wusch ihm Maria den Kopf.

Ein Rhododendron blühte Mohammed zum Firmament.

»Weine nicht Mädchen, ich muß den heiligen Stein und die ungastliche Heimat für einige Zeit verlassen. Ich werde aber zurückkehren, ihn als letzten Stein in mein Gebäude einzufügen. Geh zu Abu Bekr, zu Talha und den übrigen und bescheide sie heimlich in die Höhle des Berges Thaur unterhalb der Stadt.«

Iblis, der Böse, der von Mohammeds Plänen erfuhr, sandte einen Meuchelmörder, ihn in der letzten Nacht im Schlafe zu überfallen. Da dieser an Mohammeds Bett schlich und den grünen Mantel aus Hadhramaut von ihm zog, den Dolch gezückt, bereit, ihn Mohammed in die Kehle zu stoßen, sah er einen unirdisch schönen Jüngling im sanftesten Schlaf.

Klirrend fiel dem Mörder der Dolch zu Boden, und stöhnend stürzte er auf seine Stirn.

In der Höhle des Berges Thaur trafen sich nächtlich die Gläubigen, zur Auswanderung gerüstet.

Mohammed ritt mit Aischa, die ein Kind von ihm unterm Mieder trug, auf einer mageren Kamelin, dem ärmlichsten Tiere der Karawane.

Am Abend aber, als es sie hungerte, und Ali die Kamelin molk, molk er viele Eimer voll. Als sie sich zum Schlaf niederlegten, standen Dattel- und Feigenbäume um ihr Lager, und sie aßen und tranken sich satt. Maria sagte:

»Wir wandeln in einem Garten der Wunder. Das Leid liegt hinter einem Rosenbusch. Palmen fächeln uns: freiwillige Diener unserer Einsamkeit. Ich bin so jung und schön. Küsse mich, Geliebter...«

Schon winkten die Dattel- und Lotoshaine des eine Stunde von Medina gelegenen Berges Koba. Von Granatäpfeln, Zitronen, Pfirsichen und Orangen wehte ein Duft in die erregten Nüstern der Menschen und Tiere.

»Siehe,« sprach Aischa und deutete mit entflammter Hand nach dem gesegneten Hügel, »das Paradies!«

Mütterlichen Entzückens voll gedachte sie der Zukunft des Kindes, das unter ihren Brüsten leise hämmerte: wie ein verschütteter Bergmann, der zum Lichte will.

Klare Bäche sprangen vom Berge bis an ihre Füße.

Al Kaswa, Mohammeds Kamel, kniete nieder und trank.

Noch heute wird die Stelle, wo es in die Knie sank, dem Pilger von frommen Gläubigen gezeigt, welche dort, zum Andenken an Mohammeds Kamel, eine Moschee namens Al Takwa errichtet haben.

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