Gleichnis zu Achmed
Dem Achmed schnitt ein Spötter ein Gesicht,
Und ein
verzognes Antlitz blieb dem Wicht;
Da rief er
aus: „Verzeih meine Schuld,
O du, dem
Weisheit ward von Gott und Huld!
Verhöhnt’ ich
dich, so war’s aus Unverstand,
Der Spott hat
auf mich selber sich gewandt.“
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Will Gott, dass jemand nackt, beschämt erscheine,
So macht er
ihn zum Lästrer gegen Reine.
Will eine
Untat Gott in Nacht versenken,
So lässt er
ihrer keinen Hauch gedenken.
Will Gott mit
Hilf’ und Beistand zu uns stehen,
Flößt er uns
Drang zum Weinen ein und Flehen.
Selig das Aug’, das Ihm zerfließt in Tränen,
Glücklich das
Herz, das Ihm erglüht in Sehnen!
Kein Weinen, das nicht Gott zum Lachen lenkt;
O Heil dem
Knechte, der des Ausgangs denkt!
Es schießt
das Kraut, wo immer Bäche fließen, -
Erbarmen
sprießt, wo Tränen sich ergießen.
Dem
Wasserrade gleich, im Tränentau
Klage, bis
frisch ergrünt der Seele Au!
Weinende
tröste, wenn du Tränen liebst,
Denn Gnade
wird dir, wenn du Gnade übst.
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Der Schah sah
auf den Brand und sprach: Zerstörer,
Wo blieb denn
deine Macht, du Weltverzehrer?
Was ist, wenn
du nicht brennst, denn deine Kraft?
Oder ist’s
mein Gestirn, dass du erschlaffst?
Nie schonst
du deiner Diener; warum deren,
Die nimmer zu dir beten, dich nicht ehren?
Noch niemals
hat man milde dich befunden, -
Was ist’s,
dass hier die Brennkraft die geschwunden?
Ist etwa dies
ein Band vor Geist und Augen,
Dass solche
Gluten nicht zum Brennen taugen?
Ist
Hexenkraft und Zauber, oder nur
Mein eigner
Unstern diese Unnatur?“ –
Das Feuer sprach: „Ich bin dieselbe Glut;
Tritt her,
und du empfindest meine Wut.
Mein Wesen
blieb sich gleich; ich bin das Schwert
Des Wahren,
das, wenn Er gebeut, verheert.
Wedelnd
empfängt am Zelttor des Nomaden
Der Hund die
Gäste, die sein Herr geladen;
Doch geht ein
Fremder vor dem Zelt vorbei,
So springt
der Hund auf, zornig wie ein Leu.
Kann sich der
Hund als Diener mir vergleichen,
Der Turkoman
an Macht den Herrn erreichen?
Wirkt in dir Schmerz die Glut deiner Natur,
Sie brennt
dich nach des Höchsten Willen nur;
Wenn diese
Glut dir Wonn’ und Lust erregt, -
Gott ist es, der die Wonne in sie legt.
Drum fühlst du Schmerz, so flehe himmelwärts,
Denn nach des
Schöpfers Willen wirkt der Schmerz,
Der aus des
Kummers Auge Freude macht
Und Freiheit
aus dem Aug’ der Kerkernacht!
Diener sind Erd’ und Flut und Glut und Winde,
Für Gott
lebendig, tot dem Menschenkinde.
Allzeit die
Flame vor dem Höchsten steht,
Wie
liebbeseelt hingaukelnd früh und spät.
IN Stahl
schlägst du den Stein, heraus sie springt:
Gottes Befehl
ist’s, der heraus sie zwingt.
O rühr’ nicht
an der Lüfte Stahl und Stein, -
Wie Mann und
Weib zeugt Unheil ihr Verein!
Ob Stahl und
Stein als Kraft vor die erscheinen,
Sieh nach der höhern Kraft, o Mensch, der einen,
Der Urkraft,
deren Folgen jene nur,
Ohne die
keine Kraft in der Natur.
Mächtiger ist
als ird’sche Kraft und höher
Die Kraft, die anweist seinen Pfad dem Seher,
Die geistige,
die jene wirksam bald,
Und bald erfolglos macht, ohne Gestalt.
Jene der
irdische Verstand erschaut,
Mit dieser
wird der Seher nur betraut.
Die Kraft, die wirkende, dem Seile gleicht,
Das in des
Brunnen Tiefe nieder reicht:
Es wirkt das
Drehrad aus das Seil, doch regt
Dies Rad sich nur durch den, der es bewegt.
Hüte dich,
Mensch, im seelenlosen Drehen
Des Rads den
Grund der Wirkungen zu sehen,
Dass nicht dein Schwindel häuptlings dich verzehre!
Wenn Gott
befiehlt, da wird zu Glut der Wind,
Denn seines Weines trunken beide sind.
Das offner
Auge sieht des Zornes Glut
Aus Gott entsprungen wie der Milder Flut.
Und die die
Frevler Aads verstand zu trennen,
Des Windes
Seele sollte Gott nicht kennen?
Mit einem
Strich umzog die Gläub’gen Hüd,
In diesem
Strich brach sich der Windsbrut Wut;
Was aber
außer diesem Strich geblieben,
Machte der
Sturm zerfließen und zerstieben.
Er zog
Scheiban, der Hirt, in gleicher Weise
Um seine
Herde einen Strich im Kreise,
Auf dass,
wenn Freitags er zum Beten ginge,
Kein gier’ger
Wolf zu seinen Schafen dringe;
Und weder
überschritt der Wolf das Zeichen,
Noch sah die
Schafe aus dem Rund man weichen.
Der Strich
des Frommen schloss dem Sturm der Gier
Des Wolfes
und der Schade Tor und Tür.
Und weht
nicht gleich dem West von Josephs Kleide
Des Frommen
Todeshauch zur Wonn’ und Freude?
Den Abraham
sengte das Feuer nicht,
Es schmerzte ihn, der Gott so teuer, nicht.
Den Reinen
nicht der Lüste Brand durchglüht,
Der auf der
Hölle Grund den Frevler zieht.
Die Gott
aufbrausen hier, die Wog’ im Meere,
Schied Mosis
Schar von der Ägypter Heere.
Treu dem
Geheiße, das an die ergangen,
Der Erde
Schlünde den Karun verschlangen.
Der feuchte Ton, den Jesu Hauch belebte,
Wurde zum
Vogel, schwang sich auf und schwebte.
Auch dein
Gebet entweht dem Ton, aus Hauchen
Des reinen Herzens Vögel Edens tauchen!
Zum Sofi ward, es drehte sich im Tanz
Des Horebs
Felsgebirg vor Gottes Glanz!
Ist’s Wunder,
dass ein Berg zum Sofi werde?
War nicht auch Moses eine Scholle Erde?
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Wohl diese Wunder sah der Schah, doch höhnend
Verleugnet er
sie, frechem Spotte frönend.
„Halte dein
Maß!“ rief ihm ein weiser Mann,
„O treib’ so
wild des Frevels Ross nicht an!“ –
Den warf der
Schah gefesselt ins Gefängnis,
Bedrängnis
also häufend auf Bedrängnis.
Und eine
Stimme scholl: „Du Hund, verweile
In deinem
Trotz, dass dich mein Zorn ereile!“ –
Dann ward das
Volk von vierzig Ellen langen
Flammen umkreist, die zehrend es verschlangen.
Ihr Ursprung war die Glut im Anbeginn,
Ihr Ende führte drum zur Glut sie hin.
Sie kehrten
heim zur Glut, der sie entstammten,
Denn allzeit
strebt der Teil heim zum Gesamten.
Den Christen
zündete der Schah ein Feuer,
Doch brannte
selbst drin loh wie leichte Spreu er;
Denn wem die
Hölle Ursprung ist und Quelle,
Der findet keine Kraft als in der Hölle!
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Es sucht ja, wie die Mutter ihren Kleinen,
Das Ganze
stets den Teilen sich zu einen!
Umdämme ein
Gewässer rings: der Wind
Entführt das
freie Element geschwind;
Unmerklich
holt die Luft aus seiner Haft
Zum Quell es
heim; nicht siehst du, was sie schafft.
So holt
unmerklich unsre Seele auch
Aus dieser
Kerkerwelt derselbe Hauch.
Zu Gott erhebt sich unsrer Worte Duft,
Von uns
aufsteigend, bis wohin Er ruft.
Aufwärts sich
unsre reinen Hauche wenden,
Als Gaben,
die der bessern Welt wir spenden;
Alsdann
vergilt zwiefältig einem jeden
Der Herrliche aus Gnaden seine Reden,
Und lässt zu
andrem weiter uns gelangen,
Dass des
Empfangen wir noch mehr empfangen.
Also erhebt
es sich und senkt sich wieder
Ewig in gleicher Weise auf uns nieder.
Das heißt: dahin fühlt sich der Hauch gezogen,
Wo unsre
Seele Wonne eingesogen.
Dahin ja
wendet stets der Mensch den Blick,
Wo Luft ihm
einst geworden ist und Glück!
Luft wirkt in uns das gleicher Art entstammte
- Gewährt dem
Teil doch Wonne das Gesamte –
Oder das
Artgemäße, das, der Art
Verbunden, in
ihr aufgeht, ihr sich paart.
Das Brot, der
Menschenart nicht angehörend,
Wird seiner
Art, ihn mehrend und ihn nährend;
Fremd unsrer
Art scheint äußerlich die Speise,
Doch ist sie unsrer Art in andere Weise.
Wenn je aus
fremder Art uns Wonne ward,
So ist es,
weil sie ähnlich unsrer Art.
Ähnliches
gleich Erborgem, nützenden
Ohne Bestand dem es Besitzenden.
Denn letzt auch wohl den Vogel falscher Sang,
Ein fremdes
Antlitz findend, flieht er bang.
So letzt ein
luft’ger Schein des Pilgers Blick, -
Er sucht umsonst den Quell und flieht zurück.
So letzt ein
Fund von falschem Gold den Armen,
Doch es
verwirft die Münz’ es on’ Erbarmen.
O dass dich
falsches Gold nie irre leite,
Nie eine Grube dir ein Wahn bereite!