Jungfrau und junge Frau
Hareth Ben Hemmam erzählt:
Ich ward vom ungestümen Ritte
und vom Unglück, das
verhängt war über meine Schritte,
verschlagen in einer Wüste
Mitte,
worin ein Spürhund irre ging
und einen Schnapphahn
wirre Furcht umfing.
Da empfand ich, was ein einsamer
Verirrter empfindet,
und sah, wovor einem die Sehlust
schwindet;
nur dass ich mein Herz ermutigte, das beengte,
und mein Tier antrieb, das angestrengte,
und ritt wie ein
Mann auf Tod und Leben,
in die Hand des Geschicks gegeben.
Und ich ließ nicht nach mit Trott und Trab
und ritt eine
Meile nach der andern ab,
bis der Tag löschte sein Licht,
und die Sonne verhüllte ihr Angesicht;
da schauderte ich, in
die Nacht verloren,
unter dem Hereinbruch des Heers der
Mohren: [Fußnote] Der nächtliche Schatten.
Ich wusste nicht, sollt' ich in der Oede rasten,
oder
durch die finstre Nacht hintasten.
Während ich so zweifelnd
überlegte
und den Entschluss hin und wieder bewegte,
gewahrt' ich zwischen Busch und Fels
wie den Schatten eines
Kamels.
Gleich dacht' ich, dass es sein könnt' ein Reittier,
dem freie Weide gönnte sein schlafender Reiter hier;
und
behutsam und keck
wandt' ich mich hin nach dem Fleck.
Siehe da, mein Traum war ein Wahrsager,
es war eine
Kamelstute derb und hager,
und daneben ihres Herrn Lager,
dem der Mantel umfaltete die Glieder
und der Schlummer
salbte die Augenlider.
Da saß ich nieder zu Häupten
des
vom Schlummer Betäubten;
bis er im Schlafe sich rührte,
das Augenband entschnürte
und meinen Überfall spürte.
Er
zog sich scheu zurück
und rief: Glück oder Unglück?
Ich
sprach: kein andrer
als ein verirrter Nachtwandrer.
Ich
bringe dir keine Gefährde,
bringe du mir keine Beschwerde.
Er sprach: Gutes Muts, Freund.
Gutfreund ist besser als
Blutsfreund!
ein Mensch findet manchen Bruder,
den
nicht geboren seine Mutter.
Sprichwörter.
Worauf aus meinem Herzen die Unruh' wich
und mein Auge
Schlaflust beschlich.
Doch er sprach: Am Morgen lobt man die
Nachtreise;
willst du dich bequemen meiner Weise?
Ich
sprach: Ich stehe dir zu Gebot wie der Stern seinem Pole,
oder wie seinem Fuß die Sohle.
Da pries er laut meine
Freundschaft
und jauchzte ob meiner Gemeinschaft.
Dann
sattelten wir unverdrossen
und brachen zur Nachtfahrt auf
entschlossen.
Und wir ließen nicht nach, mit dem Ritt uns zu
rütteln
und die Schläfrigkeit abzuschütteln,
bis die Nacht
war an der Grenz' ihrer Bahnen
und der Morgen erhub seine
Fahnen.
Und als die Morgenröte die Sterne vertrieb
und nur
der Morgenstern blieb,
sah ich beim ersten Licht
in meines
Nachtgefährten Angesicht,
und siehe da, es war Abu Seid, der
Erkorne,
das gesuchte Kleinod, das verlorne.
Und wir
begrüßten uns, wie nach langer Trennung
zwei Liebende sich
begrüßen bei ihrer Wiedererkennung;
dann tauschten wir Kund
und Gegenkunde
und berauschten uns aus Freundesmunde.
Doch
mein Kamel stieß Seufzer der Ermattung aus
und seines
schwebte wie ein junger Strauß;
ich bewunderte seine Geduld
im Rennen
und die Ausdauer seiner Sennen,
ich prüfte mit
Blicken seine Eigenschaft
und fragte seinen Herrn, wo er es
aufgerafft?
Doch er sprach: Ja, diese Kamelstute
hat eine
Geschichte, die dem Ohre kommt zu gute
und zur Erquickung
gereicht dem Mute.
Willst du sie hören, so laß uns hier
Frührast halten,
wo nicht, so will ich sie für mich
behalten.
Da hielt ich an mein mageres Tier
und schärfte
mein Ohr mit Hörbegier.
Er aber sprach vertraut:
Wisse,
daß ich sie erfeilschte in Hadhramaut
und mir um sie mehr
Mühe gab als um meine Braut;
da fand ich an ihr, als ich sie
erprobt,
mehr als der Verkäufer an ihr gelobt.
Ich reiste
mit ihr nördlich und kreiste mit ihr südlich
und fand sie
unerschöpflich und unermüdlich;
ich tummelte sie zwischen
Ost und West,
und sie blieb mein Trost und mein Fest,
unzugänglich für Hitz' und Frost,
zulänglich war ihr die
schmalste Kost;
sie begnügte sich ohne Klage,
zu trinken
am dritten Tage;
unhalsstarrig
und ausharrig,
im Maule
zart
und von Fersen hart,
deren Huf sich nicht klüftete
und deren Haut sich nicht rüftete,
unbedürftig des
Pechpflasters,
Das wunden oder räudigen Kamelen
aufgelegt wird.
bar jedes Fehls und jedes Lasters.
Stet segelnd wie ein
Schiff
durch des Sandmeers Riff,
stark regend beide
Hüften,
wie ein Vogel die Fittiche in Lüften,
über die
spitzigen Kiesel
hüpfend als wie ein Wiesel,
über Stock
und Steinblock
setzend wie ein Steinbock,
von
ihresgleichen unerreichbar,
nur dem Ur an Kraft
vergleichbar.
Da ward ich vom Unglück heimgesucht,
und sie
nahm die Flucht.
Aus ihrem Verlust kam mir Kummer,
der mir
raubte die Lust zum Schlummer,
und um ihr Ausbleiben
schmeckt' ich Gram,
der mir den Geschmack an der Nahrung
benahm.
So blieb ich drei Nächte verlassen,
ohn' einen
Entschluß zu fassen.
Dann ging ich aus, zu suchen auf allen
Wegen,
an allen Lagerstellen und Weidegehegen;
doch ich
fand kein Hoffnungslicht
und auch die Ruhe der
Verzweiflung nicht.
Nach dem Sprichwort: die Verzweiflung (Ausgebung
der Hoffnung) ist eine der beiden Ruhen.
Die andre bessere
ist die Erlangung des Wunsches.
Und so oft ich gedachte ihres Sprunges,
ihres
vogelgleichen Schwunges,
entseelte mich der Gedanke,
und
quälte sich mein Herz, das kranke.
Während ich nun an der
gastlichen Flamme
mich wärmte von einem wandernden Stamme,
hört' ich von weitem einen Mann,
der den Ausruf begann:
Wer hat eine edle Reisegefährtin verloren,
die in Hadhramaut
ist geboren?
Das Zeichen, an dem sie wird erkannt,
ist
ihrem Hinterteil eingebrannt.
Sie ist von derbem Gestelle
und wohlgegerbtem Felle;
ihr Wesen ist sanft und weich ihr
Rücken;
den, der sie drückt, wird sie wund nicht drücken.
Sie geht sich keine Schwiele,
jeder Gang gereicht ihr zum
Spiele;
auf Wegen, welche holpern,
lässt sie ihren Herrn
nicht stolpern.
Anhänglich und unterthänig,
gehorsam,
nicht widerspänig,
ist sie schmiegsam am Riemen
und fügsam
nach Geziemen,
eine treue Reisebegleiterin,
eine
unermüdliche Schreiterin,
ein Schmuck jedem Reiter und jeder
Reiterin.
Abu Seid erzählt: Der Ruf war mir zu hören so
lieb,
dass ich dem Rufer nicht lange fern blieb;
ich trat
ihn grüßend an und verehrt' ihn,
sprechend: Gib mir meine
Reisegefährtin!
Doch er sprach: Gott leite dich im rechten
Gleise,
wer ist deine Gefährtin der Reise?
Ich sprach:
Eine Kamelstute wie ein Bergeshaupt,
die vor edlem Mute
schnaubt,
hochragend wie ein Hausgiebel,
und ihre Milch
die Fülle der Kübel.
In Jebrin bot man dafür mir
zweihundert,
doch ich wandte mich ab, ob der Ungebühr
verwundert.
Wie der Mann hörte die Schilderung aus meinem
Mund,
trat er zurück und erklärte rund:
Du bist nicht der
Herr zu meinem Fund.
Doch ich fing an auf ihn zu keifen,
mich gegen ihn auf mein Recht zu steifen,
und gedachte beim
Kragen ihn zu ergreifen.
Er aber sprach: Guter Freund! es
ist dein Tier nicht;
der Zorn ziemt mir nicht und dir nicht.
Doch willst du, so komm vor den Richter dieses Stamms,
den
Sichter des Lautern und des Schlamms,
den Schlichter in
Sachen des Wolfs und des Lamms;
und schlägt er das Ding dir
zu, so nimm es,
wo nicht, so entschlage dich deines Grimmes.
Da sah ich keinen Rat, um aus dem Kot zu bringen den Fuß
und hinunter zu schlingen den Verdruß,
als zum Richter zu
lenken flink,
möcht' er nun recht sein oder link.
Da kamen
wir vor einen gesetzten Alten,
der seinen Turban legte in
wohlstehende Falten
und so sich hielt mit Gleichmute,
daß
wohl ein Vogel ihm auf dem Haupte ausruhte.
Das wird
sprichwörtlich Vogelruhe genannt.
Anhub ich meine Beschwerden und Klagen,
und meine
Gefährte schwieg, ohne ihm zu sagen:
bis ich meinen Köcher
hatte geleert
und ausgelassen, was mein Herz beschwert;
da
zog er hervor eine starke Sohle,
die auf schlimmem Wege
gereicht dem Fuß zum Wohle,
und sprach: Diese hat mein
Ausruf bezeichnet,
und ihren Eigenschaften war mein Lob
geeignet.
Wenn es die ist, für die man ihm bot zweihundert,
so bin ich verwundert;
und entweder er hat übertrieben,
oder er spricht von zweihundert Hieben;
dann mög' es ihm den
Rücken zu entblößen belieben,
ob dort der Beweis steht
eingeschrieben.
Doch der Richter sprach: Gottes Wunder!
(und wendete die Sohle hinauf und hinunter)
diese
hadhramautische Sohl' ist die meinige,
und unter den Kamelen
in meinem Stall ist das deinige;– geh und nimm's in Empfang
guten Mutes
und thue dein Lebenlang Gutes.
Da sprang
ich
auf und sang:
Ich schwör' es bei der Kaaba gottgeweihtem Rund,
Bei der umkreisenden Besucher frommem Bund!
Du bist der Ausbund der arabischen Richter und
Der Bündigste, der je ums Haupt sich band den Bund.
So lebe hundert Jahr als wie der Strauß gesund!
Da erwiderte er ohne Umschweif
aus dem Stegreif:
Hab Dank, mein Vetter, für den Dank aus deinem Mund,
Weil rechtlich mir von dir kein Dank zu fordern stund.
Der schlechtste Mann ist, dessen Wort das Recht macht wund,
Dann der, des Hand veruntreut anvertrautes Pfund;
Ganz gleich an Wert sind diese beiden und ein Hund.
Dann fertigt' er einen Diener ab,
der mein Kamel mir
übergab,
ohne Kostenvergütung
für Fütterung und Hütung,
und ich ritt von dannen in der Freude Trott,
sprechend: Groß
ist Gott.
Hareth Ben Hemmam erzählt: Ich rief: Beim Himmel,
du hast mich entzückt;
wie kunstreich hast du dein Wort
geschmückt.
Ich beschwöre dich bei den Namen des Herrn,
sprich, hast du wohl nah oder fern
gefunden
einen Beredtern als dich und einen Wortzauberkundigern?
Er
sprach: Bei Gott, ja.
Höre, was mir geschah.
Ich ging, als
ich kam nach Jemen,
damit um, ein Weib zu nehmen.
Als nun
der Zeitpunkt heranrückte,
daß ich zum Werben mich
anschickte,
nahm ich die Sache noch einmal in Überlegung
und zog die Folgen in Erwägung.
Ich verbrachte die Nacht im
Schwanken
der hin und her bewegten Gedanken,
bis ich mit
mir eins ward, früh aufzustehn
und auszugehn,
um dem
ersten, der mir begegnen würde,
vorzulegen meine
Herzensbürde.
Und als nun die Nacht ihr Zelt abbrach
und
das Heer der Sterne floh mit Schmach,
stand ich früh auf vom
Lager
wie ein Vogelflug-Befrager
und ging aus aufs Suchen,
wie ein Hirt,
dem sich in der Nacht ein Vieh hat verirrt.
Da trat mir in den Weg ein junges Blut,
dem aus den Augen
sah der Übermut;
doch die Schönheit, die alles macht gut,
stand auf seinen Wangen in Glut.
Einer seinesgleichen
schien mir ein gutes Zeichen,
und ich erbat mir seinen
Beirat
über die Heirat.
Er sprach: Suchest du eine junge
Frau,
oder eine Jungfrau?
Ich sprach: Ich geb' in deine
Hand das Heft,
gieb du den Ausschlag im Geschäft.
Er
sprach: Bei mir ist der Rat,
doch bei dir ist die That;
höre und laß dich erlösen
aus den Fesseln des Bösen.
Zuerst die Jungfrau ist wie in der Muschel die Perle,
wie im
frischen Wasser die Schmerle,
das unberührte Ei im Neste,
die ungepflückte Frucht der Äste,
der Most im Fasse
verschlossen,
dessen Süßigkeit niemand genossen,
und
dessen Duft nur sich ergossen.
Sie ist die mängellose
unaufgeblätterte Rose,
der unbenagte Frühlingsstrauch,
der
ungetrübte Morgenhauch,
das reine Feuer ohne Rauch;
eine
unbeweidete Flur,
das Lamm vor der Schur,
ein neues
Geschmeid',
ein ungetragenes Kleid,
ein Spiegel, vor dem
sich niemand geschmückt
und dem noch kein Bild ist
eingedrückt.
Kein Scherzender hat sie umscherzt,
kein
Herzender hat sie geherzt,
kein Schmerzender hat sie
geschmerzt;
ihre Sonne hat kein Gewölk überschattet,
und
kein Traum hat sich ihrem gegattet.
Schamrot ist ihr
Angesicht,
und verzagt ist, was sie spricht:
ihr Gemüt ist
verhohlen,
und ihr Blick ist verstohlen.
Sie ist das neue
Spiel,
das ungetroffene Ziel,
mit dem Knoten der
Schwierigkeit geschürzt,
mit dem Reize der Neuheit gewürzt,
eine Schüssel ohne Sättigung,
ein Bett, das nicht alt
macht, sondern jung.
Hinwieder die junge Frau ist ein
gezähmtes Wild,
ein gebautes Gefild'
ein zugerittenes
Tier,
eine bequeme Zier,
ein Kern ohne die Schalen,
ein
Genuß ohne die Qualen,
eine Frucht, zu schütteln in der
Reife,
eine leicht zu lösende Schleife.
Sie ist nicht
spröde
und ist nicht blöde;
sie hat gelernt die
Haushaltungskunst
und versteht, zu schüren die Brunst;
sie
ist die Thür, die ist aufgethan,
wie du klopfest an;
sie
ist der leicht zu ersteigende Baum,
das Roß, das schon
gewohnt ist den Zaum,
das Maultier, das schon getragen den
Saum,
der gemächliche Zelter
für den Reiter, der schwächer
ist und älter;
die Suppe, die man nicht zu blasen braucht,
der Bissen, der nicht raucht,
der Löffel, der ist
eingetaucht.
Sie ist der zugängliche Bronnen
der leicht zu
schöpfenden Wonnen,
der gebahnte Steg,
der befahrne Weg.
Nun hab' ich dir die beiden gemalt,
wie jede in ihrer Weise
strahlt;
auf welche geht nun deine Lieb'
und auf welche
steht dein Trieb?
Abu Seid erzählte: Da merkt' ich wohl,
dass
er sei der scharfe Stein,
auf den zu treten bringt Schwielen
ein;
doch ich sprach zu ihm: Ich habe gehört,
Jungfrauenliebe sei wärmer
und ihr Herz an Verstellung
ärmer.
Er sprach: Jawohl, das ist, was man spricht,
doch
was spricht man nicht!
Siehst du nicht? sie ist das
unzugerittene Fohlen,
die unangeblasenen Kohlen;
sie ist
die verdeckte Schüssel,
das Schloss ohne den Schlüssel,
die
harte Nuss, die aufzuknacken
man anstrengen muss den
Kinnbacken.
Sie ist das ungegerbte Leder,
die
unabgeschriebene Feder,
die ungebeugte Ceder,
der neue
Weg, auf welchem knarren die Räder.
In deinem Herzen erregt
sie Aufstand,
in deinem Hause fordert sie Aufwand;
sie
wird begehrlicher, je mehr du ihr gibst,
und gefährlicher,
je mehr du sie liebst;
sie wird, weil sie reizt, sich
spreizen
und mit ihren Reizen geizen
und dich zum Zorne
reizen.
Ich sprach: Und was sagst du nun von der jungen
Frau,
o du junger Pfau?
Er sprach: O weh, kann deine
Begierde locken
ein von fremdem Zahn angebissener Brocken?
eine abgeschüttelte Krume,
eine abgefallene Blume,
eine
abgedroschene Tenne,
eine abgespannte Bogensenne,
eine
abgetretene Henne,
ein ausgebrannter Zunder und ein
abgeschlagener Feuerstein?
Ihr Herz ist ein Schrein,
einen
Mann tut sie aus und den andern ein;
wie sie ist von dem
einen geschieden,
wird sie beim andern nicht sein zufrieden;
sie ist reich an Vergleichen,
die dir zum Nachteil
gereichen;
sie wird um ihren ersten stöhnen,
um ihren
zweiten zu verhöhnen,
und um den zweiten sich nicht grämen,
um den dritten zu nehmen.
Ich sprach: Nun was rätst du mir
dann,
o verständiger Mann?
Soll ich etwa ein Mönch werden,
um zu entgehn den Frauenbeschwerden?
Da hub er an, sich zu
gebärden
wie ein Meister mit dem Schulstabe,
wenn sich
vergeht ein Schulknabe,
und rief: Weh dir, willst du gehn
auf den Spuren
derer, die zum Verderben fuhren?
Dein
Verstand ist gewiss lahm,
sonst wüsstest du, dass »kein
Mönchtum ist im Islam«
Ein Hauptspruch der
Überlieferung, der gleichwohl nicht allgemein gilt.
War dein Prophet, dem Gott gegnadet,
nicht geheiratet?
Und hast du nicht gehört, dass ein frommes Weib,
ist ein
edler Zeitvertreib
und eine Wohltat an Seel' und Leib?
die in den Augen wohltut
und im Herzen macht wohlgemut,
ein Würze der Lebenskost,
eine Kühlung in der Hitz' und eine
Wärm' im Frost;
die gehorchet ihres Mannes Worten
und
schließt seines Hauses Pforten,
seine Begierden beschränket,
seinen Sinn zur Begnügsamkeit lenket,
daß er seinen
Haushalt wohlbestellt
für diese und die künftige Welt.
Willst du werden zum Verräter
an der Satzung deiner Väter?
Willst du wie die Thoren verderben
und nicht wie die Frommen
sterben,
die Gottes Segen erwerben
und hinterlassen Erb'
und Erben?
Hui! wie bist du geblendet.
Pfui! wie hast du
dich in meinen Augen geschändet.
Da wandt' er sich ab mit
Grollen
und ließ mich stehen wie einen Tollen.
Doch ich
rief: Gott verdamme dich! gehst du davon mit leichtem Mut
und lässest mich stehn in der Zweifel Flut
und in der
Verzweiflung Glut?
Er rief: Ich denke, der Teufel
ist der
Vater deiner Zweifel;
du scheinst dir nur nicht zuzutrauen,
deinen eigenen Acker zu bauen,
weil dir's dünkt bequemere
Sache,
dich zu ernähren auf der Brache.
Da verschwand er,
und ich stand beschämt, einen Knaben
in solchen Dingen um
Rat gefragt zu haben.
Hareth Ben Hemmam erzählt: Ich sprach:
Beim Morgengeblök der Kälber!
Beim Segen aller roten Kamel'
und gelber!
gesteh's, den Streit hast du mit niemand geführt
als dir selber.
Da platzt' er in eine Lache
und schnauft'
als wie ein Drache,
dann rief er: laß dir den Honig munden
und frage nicht, wo er ist gefunden.
Da hub ich an,
herauszustreichen Kunst und Witz
und beiden den Preis zu
reichen vor Geld und Besitz;
doch er blickte dazu, als
versteh' er nicht,
und blinzte mich an, als seh' er nicht.
Dann, als sich breit meines Eifers Strom ergossen
für die
Ehre der Kunst und ihrer Genossen,
sprach er: Still!
Höre
was ich dir sagen will:
Die Kunst ist, sagen sie, der Schmuck des Mannes;
Ich bin ein unter diesem Schmuck Ergreister.
Es ist ein Schmuck, der nur den Reichen schmücket;
Wer hungrig ist, der wird davon nicht feister.
O welche Ehre, dass von dir man sage:
Das ist der Ausbund aller schönen Geister.
Und wenn darauf nun wird gefragt: was ist er?
Heißt es: ein Schreiber oder ein Schulmeister.
Dann sprach er: Lass uns nur weiter gehn,
und du sollst
die Beweise sehn.
Worauf wir die Tiere zäumten
und
davonsprengten, dass sie schäumten;
bis wir wurden getragen
vom scharfen Ritte
vor ein Dorf, wo ausgewandert war die
Sitte
und wir wollten dringen in seine Mitte,
weil, da
unser Futtersack leer war,
ihn zu füllen unser Begehr war.
Da kam, tragend ein Bündel Reiser,
ein junger Range, dem
eben die Stimme ward heiser.
Ihn grüßte Abu Seid mit dem
Gruß der Muselmanen
und begann, den Weg des Gesprächs zu
bahnen;
doch der Junge sprach: Was begehrst du? geleite dich
Gott!
Abu Seid sprach: Verkauft man hier etwa Rahm
für ein
Epigramm?
Er sprach: Nein, bei Gott!
Oder eine Schote
für eine Ode?
Er sprach: Wahrlich nein, bei Gott!
Oder ein
Fleischgericht
für ein Preisgedicht?
Er sprach: Nein,
verhüte Gott!
Oder Grütze
für Witze?
Er sprach:
Mitnichten, schweig, um Gott!
Oder eine Brotkrume
für eine
Redeblume?
Er sprach: Wo denkst du hin? geh mit Gott!
Oder
einen Topf voll Schmalz
für einen Kopf voll Salz?
Er
sprach: Du faselst, behüte dich Gott!
Oder einen Dattelstiel
für einen guten Stil?
Er sprach: Was soll's? verdamm dich
Gott!
Und Abu Seid gefiel sich, die Fragen zu mehren,
und
ließ sich die Antworten nicht beschweren;
da merkte der
Junge, daß es hab' einen Haken
und daß dem Alten ein Teufel
sitz' im Nacken,
und sprach: Nun zur Genüge!
erspare dir
deine Züge;
ich bin hier zu Haus
und weiß, wo du willst
hinaus;
nimm die Antwort in Bausch und Bogen
und bleib mir
gewogen!
In diesem Orte kauft man keine Witze für Weizen
und keinen Dünkel für Dinkel,
keine Prosa für Brosamen
und
keine hochtrabende Verse
für eine trabende Färse;
keine
neue Märe für eine alte Mähre,
keine Reden für ein Ried,
noch für Thon und Leden einen Ton und ein Lied.
Lokman kann mit seiner Weisheit Brocken
hier keinen Hund aus dem
Ofen locken.
Hier ist keiner, dessen Gold klingt,
wenn man
hold singt,
noch der da Honigseime bietet,
wenn man Reime
schmiedet.
Hier gilt der Grundsatz: Kunst und Verstand
ist
ein trockenes Weideland;
wenn das Land hat keinen Regen,
so bringt es keinen Segen,
und das Vieh wird's nicht mögen;
und also Weisheit und Kunst
ohne Geld und Gut ist umsunst,
bei der Welt ohne Gunst.
Worauf er den Rücken wandte
und
seines Weges rannte.
Da sprach Abu Seid: Nun siehst du, die
Kunst ist am Erblassen,
von ihren Beschützern verlassen.
Und ich rühmte seinen richtigen Blick
und beklagte der Kunst
Geschick.
Doch er sprach: Lassen wir die gelehrten Fragen
und hören auf das, was heischt der Magen;
du wirst es mir
bestätigen
das die Reime nicht sättigen:
welcher Rat ist
also, den Brand zu dämpfen
und gegen das Verhungern
anzukämpfen?
Ich sprach: ich gebe das Ruder in deine Hand,
siehe, wie du das Schifflein bringest vom Sand.
Er sprach:
Mir fällt ein, hier dein Schwert zu versetzen
und dafür dich
und deinen Gast zu letzen;
gieb, und mögest du inzwischen
die Zähne wetzen,
bis ich komme, dich zu ergötzen.
Mir kam
nichts Böses in den Sinn,
und ich reichte mein Schwert ihm
hin;
da trieb er sein Kamel und ritt ohne Scheue
davon mit
meinem Schwert und seiner Treue.
Ich wartete erst eine
Weile,
dann setzt ich ihm nach in Eile;
doch ich war wie
einer, dem im Sommer die Milch ausgegangen, [Fußnote] Ein
Sprichwort.
ich konnte weder ihn noch mein Schwert erlangen.