Flächenland
Flächenland für Gläubige

von

Yavuz Özoguz

und

Huseyin Özoguz

Inhaltsverzeichnis

Über unsere Gelehrten

Es wird höchste Zeit, dass ich zu dem Hauptgegenstand dieses Buches komme: Meine Einweihung in die Geheimnisse des Raumes. Das ist mein Thema; alles, was vorausging, ist nur Einleitung. Aus diesem Grunde muss ich viele Dinge auslassen, deren Erklärung vielleicht nicht ohne Interesse für meine Leser sein würde: So z.B. wie wir uns in Bewegung setzen und haltmachen, obgleich wir keine Füße haben; die Mittel, durch welche wir unseren Gebäuden aus Holz, Stein oder Ziegeln Festigkeit verleihen, obwohl wir keine Hände haben und auch keine Fundamente legen können wie Sie; die Natur unserer Berge und Bergwerke, obwohl es kein „Unten“ bei uns gibt; unsere Bäume und Pflanzen; unsere Jahreszeiten; unser Alphabet und unsere Art zu schreiben; dies und hundert andere Einzelheiten muss ich übergehen.

Doch bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme, werden meine Leser einige Bemerkungen über die Pfeiler und Stützen unserer Staatsverfassung in Flächenland erwarten; brauche ich noch zu sagen, dass ich unsere Gelehrten meine? Wenn ich sie „Gelehrte“ nenne, so möchte ich mich nicht so verstanden wissen, als meinte ich nichts weiter, als was dieser Ausdruck bei Ihnen bedeutet. Bei uns sind die Gelehrten die Verwalter aller Staatsgeschäfte, die Hüter von Kunst und Wissenschaft, die Leiter des Handels, des Militärwesens, der Architektur, des Maschinenwesens, der Erziehung, der Politik, der Theologie. Bei uns können nur besonders weise und gelehrte Menschen die höchsten Stufen der Verantwortung übernehmen. Aber das ist wohl bei Ihnen auch nicht anders?! Und je gelehrter ein Bewohner von Flächenland wird, desto mehr ähnelt er einem Kreis. Aber das hatte ich wohl schon erwähnt.

Obwohl gewöhnlich jemand, der „Kreis“ genannt wird, auch als Kreis angesehen wird, so ist doch unter den gebildeteren Schichten bekannt, dass kein Kreis in Wirklichkeit ein vollkommener Kreis ist, sondern nur eine Ausdehnung eines Quadrates in die Form eines Kreises. Je regelmäßiger die Rundungen sind, und je weiter sich die Ecken in perfekte Kreisabschnitte umgeformt haben, umso schwieriger ist es, den Unterschied zu einem perfekten Kreis zu ertasten oder gar zu sehen.

Ich will lieber sagen, es würde schwierig sein, denn ich vergaß es zu erwähnen; schließlich ist Erkennen durch Ertasten gegenüber Fremden eher unhöflich und einen Kreis zu betasten, würde als eine sehr schwere Beleidigung angesehen werden.

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