Faszination Frau

Faszination
Frau im Islam

 Fatima Özoguz und Mihriban Özoguz

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Was sagt der Islam zur Gleichberechtigung?

Im Islam wird den Rechten der Frau und denen des Mannes gleiche Aufmerksamkeit und Beachtung gewidmet, welches in einer Vielzahl von Versen des Heiligen Qur´an sichtbar wird:

„So antwortete ihnen ihr (Gott und) Herr: ’Wahrlich, Ich lasse das Werk des Wirkenden unter euch, ob Mann oder Frau, nicht verloren gehen. Die einen von euch sind von den anderen’.“

Heiliger Qur´an 3:95

Das heißt, es besteht kein Unterschied im Wert des einen zu dem des anderen. Oder aber, wie es an anderer Stelle zu lesen ist:

„Die Frauen sind euch ein Gewand, und auch ihr seid ihnen ein Gewand.“

Heiliger Qur´an 2:187

Das bedeutet, dass Frauen und Männer einander gegenseitiger Schutz in allen Lebensbereichen sind. Sie bewahren sich gegenseitig vor Mängeln und Fehlern und ergänzen einander in idealer Weise, wie das Gewand den Träger des Gewandes, wobei Frau und Mann sowohl Gewand des anderen als auch Träger des Gewandes sind. Diese Ansicht des Islam ist ebenfalls in einer Reihe anderer Verse des Heiligen Qur´an zu erkennen, die speziell auf die Rechte der Frau und die mit ihr in Zusammenhang stehenden Fragen eingehen. In jenen Versen wird der Mann zuweilen an die Wahrung der Rechte der Frau erinnert und auf ihre menschlichen Rechte sowie ihre gleichwertige Persönlichkeit hingewiesen.

Das, was den Islam in den Augen seiner Anhänger vor anderen Lehren und Religionen auszeichnet und ihm eine besondere Faszination verleiht, ist sein präzises, konkretes und umfassendes Erörtern der gesellschaftlichen Rechte sowie der menschlichen und ethischen Würde der Frau. Jene Würde der Frau, die in ihrer Besonderheit liegt, bleibt in vielen Ideologien der Geschichte entweder unberücksichtigt oder wurde gar gegen sie missbraucht, um sie zu erniedrigen. Der Islam aber befreite die Frau vor Erniedrigung.

Der große Prophet des Islam, Prophet Muhammad (s.), ist die bedeutendste Persönlichkeit, die der Wertschätzung der Frau in so hohem Maße Bedeutung beimaß und ihr ihre menschliche Würde und ihre sozialen Rechte in einem Ausmaß wiedergab, dass sie sogar für das Stillen ihres Kindes ein Entgelt von ihrem Gatten beanspruchen konnte. Eine Tochter besaß hinsichtlich der Wahl ihres Ehegefährten soviel Freiheit, dass sie, ohne die Einmischung anderer, ihr Geschick allein bestimmen konnte, und das bereits zu einer Zeit, in der Frauen fast überall in der Welt noch als Besitz des Mannes betrachtet wurden.

In diesem Zusammenhang ist es angebracht, auf eine Geschichte hinzuweisen, die sich zu Beginn des Islam zutrug, als Zeugnis für die soziale Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit, die der Frau seitens des Islam zugebilligt wurde. Schahid Ayatollah Prof. Motahhari[1] schrieb diese Begebenheit wie folgt nieder:

Ein verschrecktes, beunruhigtes junges Mädchen trat vor den verehrten Propheten (s.) und sprach: „Oh du Prophet Gottes! Durch meinen Vater.......“ Das Mädchen stockte und konnte nicht weiter reden. „Was stellte dein Vater mit dir an?“ fragte der Prophet (s.). „Mein Vater hat einen Neffen, mit welchem er mich, ohne dass er mich zuvor gefragt hätte, verlobte.“ Prophet Muhammad (s.) sagte: „Nun, nachdem er so handelte, widersetze du dich diesem nicht! Willige ein und sei die Frau deines Vetters!“ Aber das Mädchen entgegnete: „Oh du Prophet Gottes, ich habe jedoch meinen Vetter nicht gern! Wie kann ich die Frau eines jemanden werden, den ich nicht liebe?!“ – „Nun, wenn du ihn nicht liebst, so ist dagegen nichts auszurichten. Die Entscheidung liegt bei dir! Gehe hin und wähle jemanden - nach deinem Wunsche - zu deinem Gatten.“ – „Zufälligerweise kenne ich jemanden, der mir lieb ist. Niemanden, außer ihn, liebe ich. Ich kann nicht die Frau eines anderen werden! Um mich von dir, oh Prophet, beraten zu lassen und diese Worte von dir zu hören, kam ich zu dir! Und allen Frauen verkünde ich, dass von nun an die Väter nicht mehr berechtigt sind, eine Entscheidung, lediglich nach ihrem eigenen Gutdünken und Willen, zu treffen und ihre Töchter einem jeden, der diesen (Vätern) beliebt, zu vermählen!“ [2]

Eine derartige Entscheidungsfreiheit, eine derartige Unabhängigkeit der Wahl, wurde der Frau durch den Islam bereits vor über 1400 Jahren zugesprochen, etwas, was zu jener Zeit auch in der westlichen Welt absolut unüblich war, wie noch zu lesen sein wird. Und bereits hier wird deutlich, dass der Islam sich gegen jede Form der Zwangsehe zur Wehr setzt.

Die Zwangsehe ist im Islam verboten! Die Frau kann ihre Geschicke selber bestimmen. Allerdings hat bei einer Jungfrau, einer Frau, die zum ersten Mal heiratet, der Vater eine gewisse Schutzfunktion, in dem er einen Bewerber u.U. ablehnen darf. Dieses soll die Familienbande stärken, denn der “Bewerber“ muss diese “Hürde“ nehmen, also eine vernünftige Beziehung zum möglichen zukünftigen Schwiegervater aufbauen. Normalerweise “verlässt“ die Frau ihre Familie, um mit dem Ehemann eine neue Familie aufzubauen. Durch dieses besondere “Vetorecht“ wird sichergestellt, dass der Versorger der Tochter zu beiden Familien, zu der Familie des Mannes und der Frau, eine familiäre Beziehung unterhält. Interessanterweise hat nur der Vater dieses “Vetorecht“, nicht die Mutter oder Brüder. Denn der Vater kennt selber die Gedankenwelt junger Männer aufgrund seiner Lebenserfahrung, und wenn er sieht, dass der junge Mann als Heiratskandidat seiner Tochter nicht zuträglich ist, dann steht es unter seiner Beratungsverantwortung, die Heirat zu behindern, bzw. den Kandidaten dazu zu bewegen, ihn zu überzeugen. Das Vetorecht des Vaters soll eine Schutzfunktion für das Mädchen sein, keinesfalls eine Verhinderungsfunktion, wenn er aus islamisch nicht zu rechtfertigenden Gründen einen Bewerber ablehnt! Eine Frau, die hingegen als Witwe oder nach Scheidung ein zweites Mal heiratet, bedarf dieser Erlaubnis nicht. In funktionierenden muslimischen Familien wird aber ohnehin versucht, das Einverständnis aller Elternteile einzuholen.

Ein noch deutlicherer Beweis für die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Islam kann in einer Vertretungsregel erkannt werden, die oft nicht unbedingt im Vordergrund der Betrachtung steht, da sie mit einem Sonderfall der Pilgerfahrt zu tun hat: Verstirbt ein Muslim, der zu Lebzeiten die Bedingungen erfüllte, um die Pilgerfahrt anzutreten, aber er oder sie nicht dazu kam, und der Verstorbene hinreichend Erbe hinterlässt, so werden die Erben eine Person engagieren, welche die Pilgerfahrt “in Vertretung“ des Verstorbenen durchführt. Und das Besondere hierbei ist, dass der Vertreter gar nicht vom gleichen Geschlecht des Verstorbenen sein muss. Eine Frau kann die Pilgerfahrt als Vertretung für einen Mann durchführen! Welch eindeutigeren Beweis für die religionsrechtliche Gleichberechtigung könnte es geben, wenn doch diese religiöse Pflicht als gleichberechtigt anerkannt ist, wie auch alle anderen Handlungen?

Der Islam erlaubt keinerlei Diskriminierung zwischen Frau und Mann! Um das optimal realisieren zu können, ist es notwendig, die psychisch und physisch bedingten Unterschiede zwischen Mann und Frau zu berücksichtigen. Jeder, der derart natürliche Unterschiede leugnet, widerspricht nicht nur der Religion, sondern auch der uns heute bekannten Wissenschaft. Abgesehen davon ist es doch jedem klar, dass ein Mann sich z.B. kaum vorstellen kann, ein Baby im eigenen Leib zu tragen oder es an der eigenen Brust zu nähren. Aber eine Frau kann das, selbst wenn sie noch kein Kind hatte. Dass solche Unterschiede ihre Auswirkungen auf das ganze Leben haben, kann doch nicht geleugnet werden.

Der Islam zieht keine Trennung zwischen Mann und Frau in der Wertschätzung und erkennt beide als Menschen gleichen Wertes an. Und genau deshalb berücksichtigt er eben auch die natürlichen Unterschiede! Würde man z.B. von einem Rechtshänder und einem Linkshänder die identische Leistung mit der rechten Hand abverlangen, wäre es gegenüber dem Linkshänder ungerecht. Erst wenn jeder seine eigene starke Hand nutzen kann, liegt eine gleichberechtigte Berücksichtigung vor.

Wenngleich der Islam aufs Schärfste eine Diskriminierung zwischen Mann und Frau bekämpft, stimmt er doch einer ’Gleichheit’ – im Sinne von ’Gleichmacherei’ – zwischen beiden keinesfalls zu![3] Mit anderen Worten: Der Islam befürwortet weder eine Diskriminierung zwischen den Geschlechtern noch “Gleichmacherei“, sondern ist bemüht, dass jeder der Geschlechter in der Gesellschaft seinen natürlichen und ihm angebrachten Platz innehat und in seinen Stärken gefördert wird. Diskriminierung betrachtet der Islam als ein Verbrechen und “Gleichheit“, im Sinne von “Gleichmacherei“, als unnatürlich, derart, das auch die “Gleichmacherei“ eine Art Diskriminierung zur Folge hat und damit zur Unterdrückung wird. Die Natur der Frau ist gemäß dem Islam weder niedriger als die des Mannes noch der des Mannes identisch. Beide Naturen dienen der gegenseitigen Ergänzung, sowohl im privaten Leben als auch in der Gesellschaft. Aus diesem Grund befürwortet der Islam, im Gegensatz zur westlichen Zivilisation, dass beide, Mann und Frau, ihrer natürlichen Rechte, somit auch ihrer gleichen menschlichen, sozialen und politischen Rechte teilhaftig werden, jedoch nicht absolut identischer Rechte und Pflichten im Sinne von “Gleichmacherei“.

Der Islam versteht eine wahre Überlegenheit eines der Geschöpfe gegenüber dem anderen nur in dessen Tugendhaftigkeit und Gottesehrfurcht. Das, was im Islam zählt, ist der Mensch. Es zählt die Entwicklung und Vervollkommnung des Menschen, sein Streben und sein Verantwortungsbewusstsein für die ihm aufgetragene Aufgabe als göttlicher Statthalter auf Erden im Bewusstsein der Rückkehr eines Tages in seine Heimat, das Paradies.

Es ist ersichtlich, dass hinsichtlich all dessen im Islam weder Diskriminierung zwischen Mann und Frau noch Unterdrückung gebilligt werden. Das, was in der islamischen Gesellschaft Echtheit und Wert besitzt, zur Gottesnähe führt und als Tugend beider Geschöpfe zählt, ist der geläuterte Zustand der Seele und die Gottesehrfurcht im Kampf gegen das eigene Ego. Denn das Ziel ist die gemeinsame Verwirklichung von Mann und Frau in ihrem Streben nach Wahrheit und nicht die so genannte Selbstverwirklichung gegeneinander. Nicht die “Selbst“-Verwirklichung steht im Vordergrund, sondern die “Wir“-Verwirklichung als Ausdruck der wahren Selbstverwirklichung, die sich eben nur in der Gemeinschaft der Menschheit konstruktiv verwirklichen kann.

Die natürlichen Unterschiede von Mann und Frau dienen gerade dazu, den gemeinsamen Weg zu suchen und zu finden. Die Unterschiede sind nicht nur mit einer besonderen Anziehungskraft verbunden, sondern auch Antrieb dazu, die “Einheit“ Gottes anzustreben, indem sich “Getrenntes“ vereinigt.

Die Zeichen hierfür sind derart überwältigend, dass sie kaum übersehen werden können. Selbst der Fortbestand der Menschheit hängt an der Frage, in wie weit sich Mann und Frau “einigen“. Der Islam bietet hier den geeigneten Rahmen, wobei sowohl die unterschiedliche Natur beider Geschlechter berücksichtigt wird, als auch die Gleichberechtigung darauf basiert.

Prophet Muhammad (s.) sagte: „Die Jünger sprachen (einmal) zu Jesus (a.): ’Oh Geist Gottes[4], zu wem sollen wir uns gesellen?’ Er sprach: ’(Seid mit) demjenigen, der euch, wenn ihr ihn seht, an Gott erinnert, dessen Rede eure Handlungen wertvoller macht und dessen Taten euch Sehnsucht nach dem Jenseits wecken.’ “

[1] Mehr zur Persönlichkeit Ay. Motahharis siehe www.eslam.de

[2] Aus dem Buch , Seite 55

[3] Aus dem Buch von Schahid Dr. A. Schariati, Seite 15, zudem als weitere Erklärung: 'Equal-Rights' - yes, 'Similarity-Rights' - no

[4] Geist Gottes [ruhullah] ist ein Titel Jesu (a.) im Heiligen Qur´an

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