Divan der persischen Poesie
Ibn Jemin
Ich sprach: O Herz
Ich sprach: O Herz, du trugest
So mancher Sehnsucht Joch,
Und hofftest viel und frugest
Und warst zufrieden doch;
Du hast des Weltalls Richtung
Und Zweck und mehr durchschaut
Und Perlenflut der Dichtung,
Wie Lenzgewölk, getaut;
Hast, tapfer ohne Wanken,
Selbst Schicksalsmacht gelähmt,
Und, Hort von Lichtgedanken,
Der Sonne Licht beschämt.
Nun aber, Herz, o sage:
Warum trotz allem Wert,
Bist du, wie heutzutage
Die Großmut, ungeehrt?«
Da mit des Herzens Lippen
Sprach dieses Wort Verstand,
Das jene, die es nippen,
Belebt, wie Quell den Sand:
»Noch mehr, als was zu haben
Du selber glaubst und sinnst,
Ist dein an edlen Gaben,
An Wissen und Verdienst;
Doch weil du dieses eben,
Und nichts als dieses hast,
Und eben dies im Leben
Verfolgt wird und gehaßt,
Und des Verdienstes Ware
Sich tauscht um Mißgunst nur:
Bleibst du auch, dies erfahre,
Auf Erden ohne Spur!«
Schlechta Wssehrd.
(Franz Xaver Schlechta von Wschehrd)