Im Namen Allahs, des Erbarmers, des BarmherzigenDie 74. Konsultation – Details zur Ablehnung
15.
Safar 1330 (4.2.1912)
Verehrter [maulana] Scheich al-Islam, der
Friede sei mit
Dir und die Gnade
ALLAHs und Seine Barmherzigkeit.
Du wolltest es Dir nicht nehmen lassen, dass ich Dich auf
die Details hinweise. Du lässt mir keine andere Wahl, obwohl
Du es eigentlich entbehren könntest, denn Du weißt genau, dass
wir uns hier auf sehr kritischem Gebiet bewegen. Hierin lag
schließlich der Untergang des Vermächtnisses. Und auch all die
anderen herausragenden Texte werden hier zunichte gemacht.
Hier befindet sich die gefährliche Stelle für die
Fünftelabgabe, das
Erbe und den
Glauben. Hier ist die Zwietracht, hier ist die Zwietracht
und hier ist noch einmal die Zwietracht [fitna]. Jene, die in
alle Länder brandete, um den
Befehlshaber der Gläubigen den Kampf anzusagen. Ein
gewaltiges Heer wurde angeführt, um ihm die Herrschaft zu
entreißen und seinen Staat der Verachtung preiszugeben.
Was geschehen ist, das ist geschehen, und nur allzu gut
bleibt die Erinnerung in mir wach. Auch wenn Du anders darüber
denken magst, stell mir bitte keine Fragen.
Gegen das Vermächtnis, das
Ali zum Erben einsetzt, mit ihren verleugnenden Worten zu
argumentieren, ist von einem Gerechtdenkenden eigentlich nicht
zu erwarten. Schließlich gehörte sie zu seinen ärgsten
Feinden. Mit der Leugnung des Vermächtnisses hat sie
Ali nicht weniger Schaden zugefügt, als durch die
Ereignisse bei der kleineren und größeren
Kamelschlacht. Bisher Geheimgehaltenes trat hier offen in
Erscheinung, Verborgenes trat deutlich hervor. Dies sei nur
Beispiel für ihre Haltung, die sie einnahm, bevor sie sich
ihrem
Gebieter [wali] gegenüber, dem Bevollmächtigten des
Propheten, in herausfordernder Weise erhob. Als sie dann
von seinem Tod erfahren hatte, warf sie sich nieder, um
ALLAH zu danken und sprach den folgenden Reim: „Sein
Spazierstock kam an seinem Ort der Bestimmung zur Ruhe,
genauso wie er sich über die Rückkehr des Reisenden freut.“
Wenn Du möchtest, führe ich ein weiteres Beispiel ihrer
Worte an, die Dir deutlich machen, welch wahrheitsfernen Ziele
sie verfolgte: Sie sagte: „Als der
Gesandte Allahs (s.) immer mehr zu ertragen hatte und
seine Krankheit sich verschlimmerte, ging er (einst), gestützt
auf zwei Männer, die seine Beine über den Boden streifen
ließen, von dannen. Die Männer waren
Abbas ibn Abd-ul-Mutallib und jemand anders.“ Der
Erzähler
Ubaidullah ibn Abdullah ibn Utba ibn Mas´ud, sagte dazu.:
"Ich teilte
Abdullah ibn Abbas
Aischas Worte mit. Da fragte er mich, wer denn der Mann
gewesen wäre, dessen Name
Aischa nicht genannt hätte. Ich entgegnete, dass ich es
nicht wüsste und er meinte: „Es ist
Ali bin Abi Talib gewesen“ und weiter: „Aischa
konnte es nicht ertragen, wenn er etwas Gutes tat.“"
Ich sage nun: Wenn sie es nicht ertragen konnte, dass er
etwas Gutes tat oder dass auch nur sein Name Erwähnung fand,
als er einen Schritt mit dem
Propheten (s.) machte, wie sollte es dann möglich gewesen
sein, dass sie gar die Erwähnung des Testaments hätte ertragen
können, das doch voll des Guten war?
Auch
Imam Ahmad ibn Hanbal veröffentlichte nach
Ata ibn Yasar auf Seite 113 im sechsten Band seines "Musnad"
eine
Überlieferung von
Aischa: „Ein Mann kam zu
Aischa verleumdete in ihrer Anwesenheit
Ali und
Ammar. Sie sagte: ,Was Ali anbelangt, so werde ich Dir
nichts über ihn sagen, was aber
Ammar betrifft, so habe ich den
Gesandten Allahs (s.) Folgendes über ihn sagen hören: Wenn
er zwischen zwei Alternativen zu wählen hat, zieht er die
vernünftigere vor.’“
Wehe, wehe! Die
Mutter der Gläubigen warnte vor Verleumdungen gegen
Ammar, da der
Prophet (s.) gesagt habe: „Wenn er zwischen zwei
Alternativen zu wählen hat, zieht er die Vernünftigere vor.“
Nicht aber warnte sie vor den Verleumdungen gegen
Ali, den
Bruder des
Propheten und dem von ihm angekündigten
Gebieter [wali], seinen "Aaron"
und seinen Vertrauten. Er ist der Gerechteste seiner
Gemeinschaft und das Tor zu seiner
Stadt. Er ist der, der
ALLAH und seinen
Gesandten liebst, und dem auch
ALLAH und sein
Gesandter in
Liebe zugetan sind. Er ist der erste aller
Menschen, der sich zum
Islam bekannte und der sie an
Glauben und
Wissen übertrifft, sowie reicher an Tugend ist als sie.
Wehe! Als ob sie seine, von
ALLAH, dem Allmächtigen und Erhabenen, verbliebene
Vorrangstellung nicht gekannt hätte! Als ob sie nicht gewusst
hätte, welchen Platz er im Herzen den
Gesandten ALLAHs (s.) einnahm und welche Stellung im
Islam, welch große Anstrengungen er auf sich nahm und wie
herausragend seine Leistung war. Als ob sie nie von seinem, im
Buche
ALLAHs und in der
Sunna des
Propheten bestätigten Anspruch gehört hätte, und sie ihn
nicht einmal
Ammar gleichstellt!
Bei Allah! Ich bin wahrlich betrübt durch ihre Worte:
„Ich habe doch gesehen, wie er an meiner Brust lehnte, um eine
Waschschüssel und dann mild wie eine Frau wurde, um
schließlich zu sterben. Nichts dergleichen habe ich
wahrgenommen, wie hätte er denn auch für
Ali sein Testament machen können?“
Ich weiß nicht, unter welchen Gesichtspunkt ihre Worte
besprochen werden sollen, denn es stehen verschiedene Aspekte
zur Debatte. Wie kann man wissen – bei meinem Vater und bei
meiner Mutter – wie
er (s.) nun gestorben ist und ob sein Zustand, wie sie ihm
geschildert hat, als Beweis dafür angesehen werden kann, dass
er kein Vermächtnis hinterließ. Ist denn ihre Ansicht
akzeptabel, dass man einzig und allein während des Sterbens
ein
Testament anfertigt? Mitnichten! Vielmehr ist es so, dass
die Argumente jener, welche die Wahrheit leugnen, entkräftet
sind, welche doch immer sie sein mögen.
Sprach doch
ALLAH, der Allmächtige und Erhabene, in seiner
weisen Schrift zu seinem verehrungswürdigen
Propheten:
„Euch ist vorgeschrieben, wenn bei einem von euch das
Sterben gegenwärtig wird, wenn er Gut hinterlässt: Das
Testament ...“ .. (Heiliger
Qur'an 2:180)
Hat
er (s.) nun nach Ansicht der
Mutter der Gläubigen der
Schrift
ALLAHs zuwider gehandelt oder ist er von den dort
enthaltenen Bestimmungen abgerückt?
ALLAH ist meine Zuflucht und
ALLAH bewahre mich! Sie weiß genau, dass er dem Wege des
Qur'ans folgte und sich an seine
Suren hält, dass er jeden mit ausgeführten Befehlen und
beherzigten
Geboten an Frömmigkeit übertraf und dass er bei der
Verehrung
ALLAHs in jeder Hinsicht das höchste Ziel erreichte.
Es besteht kein Zweifel, dass sie
ihn (s.) sagen hörte: „Dem
Muslim, der etwas zu hinterlassen hat, ist es nicht
erlaubt, zwei Nächte (hintereinander) zuzubringen, ohne dass
er sein Testament niedergeschrieben hat.“ Oder aber sie
hörte etwas entsprechendes, denn seine strengen Anweisungen
zum
Testament gingen fraglos nicht nur von ihm aus; sondern
von ihm und den anderen
Propheten,
ALLAH möge sie allesamt segnen. Es ist kaum denkbar, dass
sie jemandem eine Anweisung erteilen, diese jedoch selbst
nicht befolgen, oder dass sie etwas bestimmtes mit einem
Verbot belegen und sich selbst aber daran nicht gebunden
fühlen.
ALLAHs Erhabenheit ist zu groß, als dass Er so jemanden
zum Gesandten machen würde.
Was nun den Bericht von
Muslim und anderen betrifft, nachdem
Aischa Folgendes gesagt habe: „Der
Gesandte Allahs hinterließ weder
Dinar noch
Dirham, weder Schafe noch Kamele, und er hat wegen nichts
ein Vermächtnis gemacht, so verhält es sich mit ihm wie mit
den Vorangegangenen.“
Ihre Ansicht, dass er eigentlich nichts hinterlassen hat
und dass er über nichts verfügte, weshalb überhaupt ein
Vermögen niederzuschreiben gewesen wäre, ist nicht korrekt.
Nun, in Wahrheit hat er von den vergänglichen Gütern dieser
Welt, die deren Bewohner zu vermachen pflegen, tatsächlich
nichts hinterlassen, da er doch der enthaltsamste aller
Menschen gewesen war. Als er dann schließlich kurz davor
war, zu seinem Herrn, dem Allmächtigen und Erhabenen,
zurückzukehren, war er mit dem Gedanken um die Begleichung
seiner Schulden und mit seinen noch bestehenden
Verpflichtungen vollauf beschäftigt. Zudem besaß er noch
Mittel, die ein
Testament erforderlich machten. So hinterließ er etwas, um
jene Schulden abzutragen und jenen Verpflichtungen
nachzukommen. Dies war ihm lieber, als seinen Erben nur ein
wenig zu vermachen. Hierauf weist auch der Ausspruch
Zahras (a.) auf ihren Erbteil hin.
Und dennoch hat der
Gesandte ALLAHs (s.) etwas hinterlassen, was sonst kein
Mensch auf der
Welt jemals hinterlassen hat, und dies ist etwas, das die
Niederschrift eines
Testamentes notwendig macht. Sei doch mit dem zufrieden,
was er nun wirklich zurückgelassen hat, nämlich die
wahrhaftige
Religion
ALLAHs, am Anfang ihrer Erschaffung und zu Beginn ihres
Wachstums! Sie hatte einen Bevollmächtigten nötiger als all
das Gold und Silber, Haus und Grundbesitz, Ackerland und Vieh!
Ja, und vor allem brauchte die
Gemeinschaft mit ihren Witwen und Waisen dringend einen
Bevollmächtigten, der an die Stelle des
Propheten treten konnte, um Verantwortlichkeit zu
übernehmen und sowohl weltliche als auch
religiöse Angelegenheiten zu verwalten.
Es ist undenkbar, dass der
Gesandte ALLAHs (s.) diese sich in ihrer Anfangsphase
befindliche
Religion
ALLAHs dem Wind anheimgegeben oder sich bei der Bewahrung
ihrer religionsgesetzlichen Bestimmungen ganz auf subjektive
Meinungen verlassen hätte, ohne einen Bevollmächtigten für die
weltlichen, wie religiösen Angelegenheiten eingesetzt zu
haben, der als sein Stellvertreter in allgemeiner
Bevollmächtigung sein ganzes Vertrauen besessen hätte.
Es läge ihm fern, seine Waisen – es sind ja die Bewohner
der ganzen
Welt – wie entlaufene Schafe in einer winterlichen
Nacht allein zu lassen, ohne jemanden bestimmt zu haben,
der sie tatsächlich unter seine Obhut nimmt. Möge
ALLAH, uns davor behüten zu glauben, dass er kein
Testament hinterlassen hat, nachdem
ALLAH es
ihm (s.) in einer
Offenbarung doch auferlegt und sogar diesbezüglich mit
Nachdruck angewiesen hatte. Die Vernunft kann es nicht
akzeptieren, dass das Vermächtnis abgeleugnet wird, selbst
wenn die Leugnung von einem Erhabenen kommen sollte.
Der
Gesandte ALLAHs (s.) hatte zu Beginn der
islamischen Bewegung
Ali in seinem Vermächtnis zum Bevollmächtigten ernannt und
zwar noch bevor sie in
Mekka offen verkündet wurde, als
ALLAH also, gepriesen sei Er, den folgenden
Vers
offenbart hatte: „Und warne deine nahen Verwandten.“
(Heiliger
Qur'an 26:214). So haben wir es ja schon in der
20. Konsultation erläutert.
Es war zwar kein Versehen, dass
er (s.) hiernach sein Vermächtnis
Ali gegenüber immer wieder neu verkündet und (damit)
bestätigt hat. Ein über das andere Mal hat er darauf
hingewiesen, wie wir es in dieser Konsultation ja schon oft
gezeigt haben.
Als er sich dem Tode näherte, wollte er – bei meinem Vater
und meiner Mutter – sogar für
Ali als Bestätigung seines mündlich gegebenen Versprechens
einen beurkundeten Text hinterlassen. So sprach
er (s.): „Kommt zu mir. Ich werde eine Schrift
anfertigen, nach welcher ihr niemals in die Irre gehen
werdet.“ Da aber begannen sie miteinander zu streiten,
obwohl es sich in Gegenwart eines
Propheten nicht geziemt. Sie sagten: „Der
Gesandte Allahs ist schon nicht mehr ganz bei sich.“
Nach diesen Worten ahnte
er (s.), dass eine solche Niederschrift nur Aufruhr
zufolge haben konnte und so sprach er: „Erhebt euch und
geht“ und gab sich mit seinem mündlich gegebenen
Versprechen zufrieden. Trotzdem legte er ihnen kurz vor seinem
Tode drei Gebote nahe, nämlich dass
Ali ihr Machthaber zu sein habe, dass die
Ungläubigen die
arabische Halbinsel zu verlassen hätten und dass sie genau
wie er, Delegationen entsenden sollten. Aber die
Machtverhältnisse und Politik in jener Zeit gestatteten den
Erzählern der prophetischen
Überlieferungen nicht, das erste Testament mit zu erwähnen
und so behaupteten sie, sie hätten es vergessen.
Zum Ende der Überlieferung, in der es hieß: „Der
Gesandte Allahs ist schon nicht mehr ganz bei sich“,
führt
Buchari folgende Schilderung an: „Er legte ihnen kurz
vor seinem Tode drei Gebote nahe, nämlich: ‚Vertreibt die
Ungläubigen von der
arabischen Halbinsel und entsendet Delegationen, genauso
wie ich es getan habe.’“ Und hier meint
Buchari nun: „Das dritte Gebot habe ich vergessen.“
Dasselbe sagte
Muslim in seinem "Sahih"
und auch all die anderen
Überlieferer der
Sunna des
Propheten, wie auch ihre Gewährsmänner.
Was die Behauptung der
Mutter der Gläubige anbelangt, dass der Gesandte Allahs,
(s.) auf ihrer Brust zu seinem Herrn, dem Erhabenen
zurückgekehrt sei, so ist sie zu widerlegen. Denn es gilt
aufgrund der authentischen, in ununterbrochener Folge
überlieferten
Überlieferungen von Seiten der
Imame der
reinen Nachkommenschaft als erwiesen, dass der
Gesandte Allahs (s.) in dem Moment seiner Rückkehr zum
höchsten Freunde an der Brust seines
Bruders und des (zukünftigen)
Gebieters [wali]
Ali ibn Abi Talib lag. Auch nach den
Überlieferungen der
Sunniten findet sich dies bestätigt, wie aufmerksame
Beobachter bereits wissen.
Der
Friede sei mit Dir.
Weiter zur
75. Konsultation – Rechtfertigung Aischas Handeln.