Hadschi Baba

Die Abenteuer des Hadschi Baba aus Isfahan

James Morier

Inhaltsverzeichnis

Neununddreißigstes Kapitel - Hadschi wird ein Büßer

Als ich das vom Blute der unglücklichen Seneb noch feuchte Taschentuch aus meinem Busen zog, betrachtete ich es mit der Empfindung bitterster Herzenspein, breitete es dann auf ihrem Grabe aus und tat, was ich so lange unterlassen hatte: ich verrichtete inbrünstig meine Gebete. Durch diese Andacht ganz erquickt und neu bestärkt in meinem Entschluß, Teheran zu verlassen, riß ich mich los und ging tapferen Schrittes direkt auf Ispahan zu.

Kinaragörd erreichte ich, ohne die Spur einer Karawane zu entdecken, fühlte mich aber kräftig genug, meine Reise bis zur Karawanserei bei den Sammelbecken des Sultans fortzusetzen, wo ich die Nacht zu bleiben gedachte.

In einiger Entfernung des in der Wüste gelegenen Gebäudes erblickte ich einen Mann, der nicht nur allerlei seltsame Stellungen einnahm, als spielte er mit sich selbst Komödie, sondern auch mit seiner einige Meter weit von ihm entfernt liegenden Mütze sprach, die wohl die Zuschauer vorstellen sollte. »Wer das wohl sein mag?« dachte ich.

Das Gesicht kam mir so bekannt vor. Sollte das nicht einem der Derwische gehören, mit denen ich in Meschhed so befreundet war?

In der Tat war es Kisse-gu, der Märchenerzähler, der eben eine neue Geschichte einstudierte. Sobald er mich erblickt hatte, erkannte auch er mich sofort und lief herzu, um mich mit allen Anzeichen des Entzückens zu umarmen.

»O Hadschi,« rief er, »Friede sei mit Euch. Wo seid Ihr all die Jahre gewesen? – Euer Platz blieb lange verwaist – Euer Anblick hat meine Augen erquickt.« Nachdem er diese und ähnliche Redensarten noch einigemal wiederholt hatte, kamen wir endlich auf vernünftigere Dinge zu sprechen.

Er erzählte mir bis ins kleinste alle Abenteuer, die er seit unsrer letzten Begegnung erlebt hatte und die zumeist in äußerst mühseligen Wanderungen bestanden, auf denen er durch mannigfaltige und schlaue Kniffe schwer genug sein Brot erwarb. Jetzt befand er sich auf der Rückreise von Konstantinopel, woher er zu Fuße kam, und erwog gerade, Delhi auf die gleiche Weise zu erreichen; er hatte den Sommer in Ispahan zugebracht und gedachte dorthin zurückzukehren.

Trotzdem meine tief-melancholische Gemütsverfassung mich wortkarg machte, wurde ich fast gegen meinen Willen so von der geradezu übersprudelnd witzigen Laune meines Begleiters angesteckt, daß auch ich meinerseits nicht mehr zögerte, ihm meine Erlebnisse von dem Tage an mitzuteilen, wo ich mit Derwisch Sefer und mit kaum geheilten Fußsohlen Meschhed verlassen hatte.

Als er im Laufe meiner Erzählung sah, daß ich Schritt vor Schritt zu Rang und Würden emporgestiegen war, ergötzte es mich, wahrzunehmen, wie sichtlich seine Ehrerbietung für mich wuchs. Jedoch als ich endlich erzählte, daß ich bis zum Unterleutnant der Nessektschis beim Großexekutor emporgestiegen war, ihn aber die eigene Erfahrung gelehrt hatte, daß diese Herren mit dem allergrößten Respekte zu behandeln seien, da glaubte ich wahrhaftig, er wolle sich vor mir niederwerfen. Hingegen als er in der Folge vernahm, ich wolle um einer Frau willen meine hohe Stellung und alle Aussichten auf ein weiteres Emporsteigen aufgeben, da merkte ich, wie sehr ich wieder in seiner Achtung fiel. Er rief, ich sei des ›Chälät‹ (Ehrenkleides), welches mir das Schicksal zugeschnitten, angepaßt und verliehen hätte, gar nicht würdig. »Also weil es dem Schah beliebte, eine unwürdige Sklavin umbringen zu lassen, deren Schuld Euch höchstens zur Hälfte angerechnet werden kann, meint Ihr, es sei nötig, die hervorragende Lebensstellung, die Ihr erreichtet, aufzugeben und Euch neuerdings den Plackereien eines Daseins auszusetzen, das sogar niedriger und unsicherer wäre als das meine? – Freilich«, sagte er nach einer Pause, »sind die Wege, welche die Menschheit auf der Suche nach ihrem Glücke einschlägt, ungemein verschieden. Einige bleiben auf der Landstraße, andere lieben abgekürzte Wege, weitere bahnen sich selbst neue Pfade, und wieder andere lassen sich, ohne nach dem Wege zu fragen, von Dritten führen; aber von einem wie Euch, dem jede Straße und jeder Weg offen stand und der trotzdem vorzieht, die sichere Bahn zu verlassen, auf die Gefahr hin, sie niemals wiederzufinden, von einem solchen hörte ich heute das erstemal.« Und dann zitierte er, um mich über die Wechselfälle meines Berufes zu trösten, einen Ausspruch des Dichters Saadi über die Unsicherheit des Soldatenlebens: ›Gähi puscht bär zin, gähi zin bär puscht.‹

Bald ruht auf bequemem Sattel dein Rücken,

Bald muß er selbst unterm Sattel sich schicken.

Während unseres Gespräches tauchte auf der Straße nach Ispahan eine Karawane auf, die geradeswegs nach der Karawanserei zog, um dort ihr Nachtlager aufzuschlagen.

»Kommt,« sagte der Derwisch, der ein lustiger und unterhaltender Geselle war, »vergeßt jetzt Eure Sorgen, wir wollen einen gemütlichen Abend verbringen, trotzdem wir uns in der öden und durstigen Wüste befinden. Nach einem guten Abendessen, wenn wir geraucht haben, wollen wir trachten, die ganze Karawane, die Kaufleute sowohl wie die Maultiertreiber, zu versammeln; und ich will euch dann eine Geschichte erzählen, die erst vor so kurzer Zeit in Stambul passierte, daß sie in Persien noch unmöglich bekannt sein kann.«

Da ich um jeden Preis meine Melancholie zu verbannen suchte, ging ich nur allzu gerne auf seinen Vorschlag ein und trollte mit meinem Begleiter in das Gebäude.

Hier fanden wir Leute aus allen Teilen Persiens, die eben ihre Tiere abluden und ihre Habseligkeiten in Ordnung brachten, um sich in den verschiedenen Räumen der Karawanserei, die gegen den viereckigen Hof in der Mitte offen waren, niederzulassen.

Nach der trostlosen und ermüdenden Reise durch die Salzwüste bildete die Anwesenheit eines Derwisches, noch dazu eines Märchenerzählers, eine große Anziehungskraft. Nachdem wir einem Mahle herzhaft zugesprochen hatten, versammelte mein Freund die Reisenden, ließ sie auf dem Podium in der Mitte des Hofes im Kreise niedersitzen, nahm selbst unter ihnen Platz und begann dann die Geschichte, die er versprochen hatte, zu erzählen.

So sehr ich mich auch bemühte, ihr zu folgen, kehrten meine Gedanken doch stets zu den kürzlich erlebten Vorgängen zurück und machten es mir unmöglich, ihren Zusammenhang festzuhalten. Trotzdem entging mir nicht, in welchem Grade der Derwisch seine Zuhörer zu fesseln wußte, denn Gelächter und Beifallsbezeugungen schreckten mich zu wiederholten Malen inmitten meiner tiefsten Versunkenheit auf. Wie beneidenswert erschien mir der augenscheinlich fröhliche Sinn meiner Gefährten, deren Lachsalven und Heiterkeitsausbrüche in den hochgewölbten Räumen von Zeit zu Zeit widerhallten. Ach, wie sehnte ich mich danach, alle Segnungen des Daseins gleich ihnen sorglos genießen zu können!

Der Kummer muß wohl, wie jede andre Leidenschaft auch, seinen Verlauf nehmen, muß, wie der Quell, der ungestüm vom Felsen herniederbraust, um erst allmählich im Bache ruhiger zu fließen, nach und nach maßvolleren Empfindungen weichen, die sich endlich im Strudel der Welt verlieren.

Der Tag ging zur Neige, als der Derwisch seine Erzählung beendet hatte. Das blaue Himmelsgewölbe war von unzähligen hellblinkenden Sternen übersät, die der Sturm der vorhergegangenen Nacht in neuem Glanze erstrahlen ließ; der Mond ging eben auf, um die ganze Natur mit seinem milden Scheine zu verschönern, als ein Reiter in voller Ausrüstung am Eingangstore der Karawanserei erschien.

Der größte Teil der Reisenden saß noch, behaglich rauchend, auf dem Podium und besprach die Vorzüge der eben gehörten Erzählung; die Diener gingen ab und zu, um die Betten ihrer Herren auszubreiten; die Maultiertreiber nisteten sich für die Nacht zwischen ihren Tieren und dem Gepäck ein. Ich selbst, der von allem entblößt war, hatte mich entschlossen, die Nacht auf dem blanken Boden zu verbringen und einen Stein als Kopfkissen zu benützen. Als ich aber des Reiters ansichtig wurde, der aus dem dunklen Eingangstore in das helle Licht getreten war, nahmen meine Pläne eine ganz andre Wendung. In ihm erkannte ich einen der Nessektschis, der unter meinem Kommando Zeuge des Todes der unseligen Seneb gewesen; und der Zweck seiner Reise ward mir sofort durch seine Fragen klar, ob die Karawane von Teheran käme oder dorthin ginge, ob sie nicht eine Persönlichkeit gesehen hätten, deren Beschreibung ganz genau auf mich paßte.

Mein Freund, der Derwisch, der alsbald die Sachlage erriet und ein Meister listiger Verstellungskünste war, zögerte keinen Augenblick, im Namen aller Anwesenden zu antworten.

Wie er sagte, gingen alle nach der Hauptstadt, ausgenommen er selbst und sein Freund, der wie er ein Derwisch sei und von Konstantinopel käme. Allerdings habe er eine der Beschreibung entsprechende Persönlichkeit angetroffen, die, von Kummer gebeugt und von Angst gefoltert, planlos in der Wüste umhergeirrt sei; er fügte auch noch so viele, ganz auf mich und meine Geschichte passende Einzelheiten hinzu, daß der Reiter keinen Augenblick bezweifeln konnte, dies müsse der von ihm Gesuchte sein, und in größter Eile nach der ihm vom Derwisch angegebenen Richtung, die, wie man sich denken kann, ihn absichtlich in die Irre führte, weiterritt.

Einige Zeit nachher nahm mich der Derwisch beiseite und sagte: »Wenn Ihr Euch vor dem Manne retten wollt, müßt Ihr unverzüglich aufbrechen; denn findet er seine ermüdende Wanderung in der Wüste erfolglos, so kehrt er sicher hierher zurück, und wie wollt Ihr ihm dann entkommen?«

»Ich ziehe alles andre einer Entdeckung vor!« sagte ich; »denn sicher ist er ausgeschickt, um mich zu verhaften. Erbarmen kann ich von einem solchen Schurken nicht erwarten, kenne ich doch seine Forderung und besitze nicht Geld genug, um zu zahlen, was er verlangen wird. Aber wohin könnte ich mich flüchten?«

Nach einigem Nachdenken sagte der Derwisch: »Ihr müßt, ohne einen Augenblick zu verlieren, nach Kum, das Ihr vor Tagesanbruch erreichen könnt, und trachten, in die Umfriedung des Grabes der heiligen Fatimeh zu gelangen. Dort, aber auch nur dort, seid Ihr selbst vor der Macht des Schahs sicher. Ergreift man Euch jedoch noch außerhalb der Mauern, so habt Ihr nichts mehr zu hoffen, dann könnte Euch Allah allein unter seinen barmherzigen Schutz nehmen.«

»Aber was soll ich dort beginnen,« fragte ich, »von was dort leben?«

»Überlaßt das mir,« meinte der Derwisch; »ich werde bald nachkommen, und da ich Kum und viele seiner Bewohner kenne, Inschallah (so es Gott gefällt), werdet Ihr nicht so schlecht fahren, als Ihr jetzt vielleicht annehmt. Einmal war ich genötigt, mich des gleichen Ausweges zu bedienen, weil ich einer der Frauen aus dem Harem des Schahs Gift verschafft hatte, das sie benützte, um einer Rivalin den Garaus zu machen. Der Haftbefehl gegen mich war schon ergangen, ich aber richtete es so ein, daß ich das Asyl von Schahzadeh- Abdul-Azim fünfzehn Minuten früher erreichte als der Exekutor, der mich abfassen sollte. Besser als dort ist es mir niemals vorher ergangen, ich konnte mich ganz dem Müßiggange hingeben und lebte von den milden Gaben derjenigen, die herkamen, um am heiligen Grabe ihre Gebete zu verrichten; auch waren die beständig hin und her reisenden Frauen, die teils um zu beten, teils zu ihrem Vergnügen das weit entlegene Heiligtum aufsuchten, stets darauf bedacht, mich in meiner Haft zu trösten. Das einzige Schlimme, was Ihr zu befürchten habt, ist ein Befehl des Schahs, daß Euch bei Todesstrafe niemand Nahrung geben dürfe. Wenn das geschieht, so werdet Ihr eben so lange ausgehungert, bis Ihr Euch selbst ausliefert! Dann möge Euch der Prophet selbst unter seinen Schutz nehmen. Aber Euer Fall ist nicht so wichtig, daß Ihr das zu befürchten hättet. Kann dem Schah so viel an einer Sklavin gelegen sein, wenn ihm hundert andre, um ihren Platz auszufüllen, zu Diensten stehen? Überhaupt, so schnell wie wir Perser uns einbilden, gehen die Menschen gar nicht zugrunde. Beherzigt die Worte des Schaikhs (Saadi): Wolken und Winde, Sonne und Mond, das Firmament (man könnte noch hinzufügen die Derwische) sind alle tätig, um dir, o Mensch, zu deinem Brote zu verhelfen! Iß es darum nicht mit Geringschätzung.«

»Ich bin nicht der Mann, der Eurer Güte vergessen wird!« sagte ich. »Ich will meinen Bart in Eure Hände legen, wenn mein Glück vielleicht einmal wieder aufsteigen wird. Ihr kennt doch Hadschi Baba schon so lange. Er ist keiner von jenen, die ihre Tugenden auf der flachen Hand zur Schau tragen und ihre Laster unter den Achselhöhlen verbergen. So wie ich in Meschhed war, bin ich noch heute. Der Verkäufer gefälschten Tabaks und der Unterleutnant beim Großexekutor sind ganz der gleiche Mensch geblieben.«

»Wohlan! so geht denn!« sagte der Derwisch, als er mich umarmte, »und Gott sei mit Euch! Nehmt Euch vor den bösen Geistern in acht, wenn Ihr durch die große Salzwüste kommt, und ich sage nochmals, möchten Euch Allah, Frieden und Sicherheit begleiten.«

Als der Tag anbrach, tauchte in beträchtlicher Ferne die vergoldete Kuppel des Mausoleums, wie ein Leitstern, der zur Rettung führt, vor mir auf und gab mir neue Kräfte, um meine einsame Wanderung durch die trostlose Öde fortzusetzen.

Kaum hatte ich die äußere Häuserreihe der Stadt Kum erreicht, da sah ich in einiger Entfernung hinter mir den Reiter auftauchen, der alles daran setzte, um meiner habhaft zu werden. Ich schaute darum weder nach rechts noch nach links, bis die dicken Ketten, die am Haupttore des Heiligtumes hängen, mich von meinem Verfolger trennten. Dann rief ich: »Ilhamdu J'llah!« (Gepriesen sei Allah! O Mohammed! O Ali!), und indem ich den Boden des Grabes küßte, verrichtete ich mit einer Inbrunst, wie es nur einer tut, der nach einem Sturme den sicheren Hafen erreichte, meine Gebete.

Ehe ich nur Zeit gehabt hatte, mich umzuschauen, sah ich schon den Nessektschi auf mich zukommen. Er bot mir einen frostigen Friedensgruß und sagte, er habe den Befehl des Königs, mich, wo auch immer er mich fände, dem Schah persönlich auszuliefern.

Ich erwiderte ihm, ich sei, trotz aller Ehrfurcht vor seinem königlichen Ferman, entschlossen, das anerkannte Privilegium jedes Rechtgläubigen auch mir zunutze zu machen und das Grab der Heiligen als meine Zufluchtsstätte zu betrachten. Mich gewaltsam daraus entfernen zu wollen, bedeute eine Schändung des Heiligtumes, das überdies der Schah als das Grab seiner Lieblingsheiligen weit mehr verehre als jede andre geweihte Stätte.

»Aber Hadschi, was soll ich denn beginnen?« fragte er weiter. »Ihr wißt, das steht nicht in dem Befehl geschrieben. Komme ich aber ohne Euch zurück, so ist der Schah imstande, mir meine Ohren anstatt der Eurigen abschneiden zu lassen.«

»Inschallah! sagte ich.

»Ihr sagt: so es Gott gefällt!« erwiderte er wütend. »Meint Ihr, ich hätte den weiten Weg gemacht, um nachher vor den Leuten als Esel dazustehen? Ich wäre kein Mann, wenn ich Euch nicht zwänge, mit mir zurückzukehren.«

Sofort begannen wir so laut und heftig zu streiten, daß eine Anzahl der Priester, die der frommen Stiftung zugeteilt sind, ihre Zimmer verließen und herbeieilten, um nach der Ursache dieser Ruhestörung zu fragen.

»Dieser hier«, rief ich, »will sich erdreisten, die heilige Stätte zu schänden. Ich habe mich hierher geflüchtet, er aber will mich mit Gewalt daraus entfernen. Ihr, die ihr Männer Gottes seid, sagt, ob ihr das zugeben könnt?«

Jetzt nahmen alle meine Partei und sagten: »Wenn Ihr Euch erfrecht, einen aus dem Asyle wegzuschleppen, so ist das etwas so Unerhörtes in Persien, daß Ihr nicht nur die Rache der Heiligen auf Euer Haupt beschwört, sondern auch die ganze hohe Priesterschaft gegen Euch aufstehen wird. Stündet Ihr auch unter dem Schutze des Königs der Könige, selbst unter dem Schutze des Königs der Dämonen, sie wären nicht imstande, Euch vor ihrer Wut zu schützen.«

Der Nessektschi, der nun gar nicht recht wußte, was er tun sollte, versuchte schließlich in etwas sanfterem Tone aus der Not eine Tugend zu machen und begann zu unterhandeln, was ich ihm geben würde, wenn er, ohne mich weiter zu belästigen, wieder fortginge. Daß ihm ein gewisses Recht zustände, für seine Mühe belohnt zu werden, das mußte allerdings auch ich, der ein gleiches in seinem Falle erwartet hätte, zugeben. Darum bat ich ihn, die Umstände meiner Flucht, die ihm ebensogut wie mir bekannt waren, zu bedenken und die Unmöglichkeit, ihm Geld zu geben, da ich nichts von Teheran hatte mitnehmen können.

Er stellte mir das Ansinnen, ich solle ihm alles geben, was ich an Habseligkeiten zurückgelassen hätte. Doch damit konnte ich mich nicht einverstanden erklären und bedeutete ihm, er möchte dahin gehen, woher er gekommen sei, und die Bekümmerten ihrem Leide überlassen.

Tatsächlich entdeckte ich später, daß der Schurke all meine Habe an Betten, Kleidern, Truhen, Wäsche, Stallgeräten, Pfeifen usw. an sich genommen hatte, noch ehe er mein Ankläger beim Schah geworden war. Er hatte den tiefen Eindruck, den die Hinmordung der unglücklichen Kurdin auf mich gemacht hatte, bemerkt und daraufhin sofort den Plan ausgeheckt, nach meiner Vernichtung meine Stelle anzutreten.

Sobald er einsah, er könne mir nichts anhaben und sein Ferman sei, solange ich ruhig im Asyl verweilte, nichts als ein wertloses Stück Papier, kam er zu der Überzeugung, es sei das beste, nach Teheran zurückzukehren, aber nicht, ohne vorher seine Machtbefugnis in die Hände des Gouverneurs der Stadt mit der Weisung zu legen, meinen Lebenswandel streng zu überwachen, mich, im Falle ich versuchen sollte, das Heiligtum zu verlassen, zu ergreifen und als Gefangenen der Gerichtsbarkeit der Regierung auszuliefern.

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