Buch der Rechtleitung
Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Aussprache: kitaab-ul-irschaad
arabisch:
كتاب الارشاد
persisch:
كتاب الارشاد
englisch: Book of Guidance [kitab al irshad]

Hintergrundinformationen zum Buch siehe: Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Leben des Fürsten der Gläubigen ‘Ali ibn Abi Talib

Von seinen Worten der Weisheit und der Ermahnung

„Nehmt - Allah sei euch barmherzig - eure ewige Wohnstatt aus eurem vergänglichen (Leben). Zerreißt nicht eure Schleier bei Demjenigen, Dem eure Geheimnisse nicht verborgen bleiben. Nehmt eure Herzen aus der Welt, bevor eure Körper davon hinweggenommen werden. Denn ihr wurdet für das Jenseits erschaffen, und in dieser Welt seid ihr gefangen. Wenn der Mensch stirbt, werden die Engel fragen, was er vorausgeschickt hat, während die Menschen fragen werden, was er zurückließ. Bei Allah, eure Väter haben etwas vorausgeschickt, was für euch war. Lasst überhaupt nichts davon zurück, denn das werdet ihr schuldig bleiben. Die Welt ist wie Gift, das derjenige isst, der es nicht erkennt.“

„Es gibt kein (wahres) Leben ohne Religion, und es gibt keinen (wahren) Tod ohne die Leugnung der sicheren Überzeugung (yaqin). So trinkt das süße Wasser[1]. Es wird euch aus dem Schlummer der Lethargie aufwecken. Hütet euch vor den giftigen, zerstörerischen Winden.“

„Die Welt ist der Ort der Aufrichtigkeit für den, der sie erkannt hat, und der Ort der Rettung für die, die von ihr Proviant genommen haben. Sie ist der Ort, auf den die Offenbarung Allahs herabgesandt wurde und der Handelsplatz Seiner Freunde (auliya´). So handelt und gewinnt das Paradies.“

Ähnliche Worte äußerte er (a.) gegenüber einem Mann, als er hörte, dass dieser die Welt tadelte, ohne zu wissen, was er über ihre (wahre) Bedeutung hätte sagen sollen: „Die Welt ist der Ort (dar) der Aufrichtigkeit für die, die an sie glauben, und ein Ort des Wohlbefindens (´afiya) für den, der sie verstanden hat, der Ort des Reichtums für den, der seinen Proviant davon genommen hat. (Sie ist) der Ort der Niederwerfung der Propheten Allahs und der Ort, auf den Seine Offen­ba­rung herabkam, der Gebetsort der Engel und der Handelsplatz Seiner Freunde (auliya´), in welchem sie Barmherzigkeit (Allahs) erhandeln und das Paradies darin gewinnen.

Wer ist der, der sie tadelt, während sie doch (die Menschen) dazu aufgerufen hat, von ihr fernzubleiben und sie (den Menschen) zugerufen hat, sich von ihr zu trennen, während sie ihren eigenen Tod verkündet hat? Durch ihre eigene Freude hatte sie Sehnsucht nach Freude, und durch ihre eigenen Heim­suchungen (warnte sie) vor Heimsuchungen durch Furchteinflößung, Warnung, Abwenden (von den Menschen) und indem sie (die Menschen) mit Schrecken erfüllt. O du, der du die Welt tadelst, während du (dennoch) dich blind von ihr betrügen lässt, wann hat sie dich betrogen? (Verführte sie dich dazu,) deine Vorväter als Prüfung zu töten und mit deiner Mutter unter der Erde zu schlafen? Wie schwächte sie deine Hände und machte deine Arme krank, so dass sie Heilung bedarf, Ärzte verordnen Rezepte dagegen, Medizin wird für sie gesucht, ohne dass es ihnen irgendeinen Gewinn bringt, und bringt eurer Ersuchen nach Fürbitte ihnen Fürbitte? Die Welt hat mit ihnen ein Exempel für euch statuiert mit eurem Töten und eurem Lager, so dass euch euer Weinen nichts nützen wird, und dass eure Lieben euch nichts frommen werden.“ [2]

Er (a.) sagte außerdem: „Ihr Menschen, nehmt fünf Dinge von mir. Denn bei Allah, wenn ihr (versuchen würdet), mit einem Kamel dorthinzureisen, dann würdet ihr es ermüden, bevor ihr etwas wie sie finden würdet. Niemand soll auf niemanden Hoffnungen setzen, außer auf Allah, noch soll man sich vor irgendetwas fürchten, außer vor seinen Sünden. Der Gelehrte, der nach etwas gefragt wird, was er nicht weiß, soll sich nicht schämen, zu sagen: „Allah weiß es besser“, und es soll sich auch niemand schämen, wenn er etwas nicht weiß, es zu lernen. Standhaftigkeit gehört zum Glauben, wie der Kopf zum Körper gehört. Und wer keine Standhaftigkeit besitzt, besitzt auch keinen Glauben.“ [3]

„Jede Rede, in der Allah nicht erwähnt wird, ist nichtig, und jedes Schweigen, in dem Seiner nicht gedacht wird, ist Nachlässigkeit. Jede Überlegung, ohne dass Er hochgeschätzt wird, ist Zeitvertreib.“ [4]

„Wer seine Seele kauft und sie befreit, ist nicht gleich dem, der seine Seele verkauft und sie gefangen setzt.“ [5]

„Wer zuerst in den Schatten kommt, ist der Sonne ausgesetzt worden, und wer zuerst zum Wasser kommt, ist durstig.“

„Gutes Benehmen steht für gute Abstammung.“

„Jemand, der der Welt gegenüber enthaltsam ist, wendet sich umso mehr von ihr ab, je mehr sie sich in ihrem Glanz zeigt.“

 „Die Liebe ist die größte Verstrickung in Verwandtschaft, und Wissen ist die nobelste Eigenschaft.“

„Wenn die Arbeit eine Anstrengung ist, dann ist es verderblich, nach deren Vermeidung zu streben.“

„Wer bei der Rivalität bis ins Extrem geht, sündigt. Wer darin zuwenig engagiert ist, wird unterliegen.“

„Die Vergebung verdirbt den Sünder in dem Maße, wie sie den Edlen verbessert.“

„Wer edle Taten liebt, vermeidet verbotene (Taten).“

„Die Männer (Leute) schlagen ihre Augen vor jemandem nieder, der von seinen Gedanken geziert wird.“

„Die ultimative Freigiebigkeit ist, wenn du das gibst, was (zu geben) deinem Nafs (Ego) Mühe bereitet.“

„Es gibt keine Ferne für den Existierenden, und keine Nähe für einen Getrennten.“[6]

„Sich seiner Fehler unbewusst zu sein, ist eine der größten Sünden des Menschen.“

„Die perfekte Enthaltsamkeit besteht darin, sich mit dem Notwendigen zu begnügen.“

„Freigiebigkeit wird durch das Vollbringen edler Taten und die Zahlung von Geldabgaben erreicht“.[7]

„Edelmut äußert sich durch Bruderschaft in harten und guten Zeiten.“

„Wenn der Sünder zornig wird, verleumdet er, wenn er zufrieden ist, lügt er, und wenn er (nach etwas) Begierde hat, dann packt er mit den Krallen zu.“

„Wer nicht vermehrt von seinem Verstand geleitet wird, wird umso mehr von seinem Untergang geleitet.“

„Toleriere einen Fehltritt deines Freundes zur Zeit eines Angriffs deines Feindes.“

„Ein gutes Eingeständnis (eines Fehlers) zerstört ein (begangenes) Verbre­chen.“

„Das Geld, das dir die Verbesserung deines Zustandes (Charakters) bewusst macht, ist nicht verloren.“

„Genügsamkeit ist leichter als Willkür, und Enthaltsamkeit ist gemäßigter als Verschwendungssucht.“

„Die schlechteste Wegzehrung für die Rückkehr (zu Allah) ist Unrecht gegen die Diener (Allahs).“

„Ein Gewinn schwindet nicht dahin, wenn er mit Dankbarkeit begleitet wird, und eine Gnade verbleibt nicht, wenn sie mit Undankbarkeit begleitet wird.“

„Die Zeit besteht aus zwei Tagen: Ein Tag, den du hast, und ein Tag, den du schuldest. Wenn du ihn (für dich) hast, dann sei nicht dessen übermütig, und wenn du ihn schuldest, dann sei standhaft.“

„Mancher Mächtiger hat die niedrigste Moral, und manch Demütiger hat die erhabenste Moral.“

„Wer nicht durch Dinge auf die Probe gestellt wird, der wird betrogen, und wer gegen die Wahrheit kämpft, der wird niedergerungen werden .“

„Wenn die (Dauer der) Lebenszeit bekannt wäre, würde die Hoffnung schwinden.“

„Der Dank ist die Zierde des Reichtums, und die Standhaftigkeit ist die Zierde der Heimsuchung.“

„Der Wert jedes Menschen liegt in dem, was er Gutes tut.“
„Die Menschen sind Söhne ihrer guten Taten.“
„Der Mensch ist unter seiner Zunge verborgen.“
„Wer die mit Verständnis Begabten zu Rate zieht, wird zum Rechten geleitet.“

„Wer sich mit wenig begnügt, kann ohne viel auskommen, und wer nicht ohne viel auskommen kann, bedarf Verächtlichem.“

„Wer gesunde Wurzeln hat, dessen Zweige werden Früchte tragen.“

„Wer seine Hoffung auf einen Menschen setzt, fürchtet ihn, und wem es an Wissen über etwas mangelt, schämt sich davor.“

Ein Teil seiner Reden, in denen er den Menschen beschreibt: „Das Erstaunlichste am Menschen ist sein Herz. Es liebt die Weisheit und deren Gegenteil. Wenn Hoffnung es befällt, dann demütigt es der Ehrgeiz, und wenn sich Ehrgeiz in ihm regt, dann vernichtet es die Gier. Wenn es von Verzweiflung besessen wird, tötet es die Sorge. Wenn Zorn es befällt, dann verhärtet die Wut es. Wenn ihm zur Zufriedenheit verholfen wird, vergisst es die Vorsicht. Wenn Furcht es überkommt, beschäftigt es die Wachsamkeit (total). Wenn sich ihm viel Sicherheit bietet, bemächtigt sich seiner Unachtsamkeit. Wenn ein Gnadengeschenk für es erneuert wird, ergreift es (die Liebe zur) Macht. Wenn ein Unglück es befällt, dann bringt Trauer es in Schande. Wenn es zu Reichtum kommt, dann lässt der Reichtum es tyrannisch werden, wenn Armut es quält, beschäftigt es die Heimsuchung (total). Wenn der Hunger es plagt, lastet die Schwäche auf ihm. Wenn es sich übersättigt hat, so dass sein Bauch überfüllt ist, ist jeder (vermeintliche) Mangel schädlich für es, und jedes Zuviel ist für es verderblich.“[8]

Als Schahzanan, die Tochter des Chosrow, gefangengenommen wurde, fragte er sie: „Was hast du von deinem Vater bewahrt, nach der Schlacht des Elefanten?“ „Wir bewahrten von ihm“, erwiderte sie, „dass er sagte: ´Wenn Allah eine Sache kontrolliert, wird jedweder Ehrgeiz ohne Ihn zunichte, und wenn die (vorgesehene) Zeitdauer dahin ist, dann ist der Tod in der Nähe.“ „Wie schön hat das dein Vater gesagt“, sagte er (a.), „die Dinge werden ihrer Bestimmung zugeführt, bis der Tod die Kontrolle über sie übernimmt.“ [9]

Er (a.) sagte weiterhin: „Wer die sichere Gewissheit (yaqin) besaß und ihn dann ein Zweifel befiel, sollte bei seiner sicheren Gewissheit bleiben. Wahrlich, die sichere Gewissheit kann nicht vom Zweifel ausgelöscht werden.“ [10]

„Der Gläubige wird durch seine Seele angestrengt, während die anderen Erleichterung durch ihn erlangen.“

„Wer faul ist, liebt Allahs Wahrheit nicht.“ [11]

„Der beste Gottesdienst besteht in Standhaftigkeit, Schweigen und dem Warten auf Erleichterung.“ [12]

„Standhaftigkeit ist dreierlei Art: Standhaftigkeit gegenüber dem Unglück, Standhaftigkeit gegenüber Ungehorsam und Standhaftigkeit gegenüber Gehorsam.“ [13]

„Langmut ist der Helfer des Gläubigen. Wissen ist sein Freund, Freundlichkeit sein Bruder, Frömmigkeit sein Vater, und Standhaftigkeit ist der Kommandeur seiner Truppen.“ [14]

„Drei Dinge (, die zum) Schatz des Paradieses (führen): Im Geheimen Almosen geben, Unglück geheimhalten und (auch) Krankheit geheimhalten“.

„Habe ein Bedürfnis nach dem, dessen Gefangener du sein willst, begnüge dich mit dem, mit dem du gleichgesetzt werden willst, und bevorzuge den, dessen Führer du sein willst.“ [15]

„Es gibt keinen Reichtum für die Lasterhaften, keine Ruhe für die Neider und keine Liebe für die Überdrüssigen.“

Er (a.) sagte zu al-Ahnaf bin Qais: „Der Schweigende ist der Bruder des Zufrie­denen. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“

„Freigiebigkeit gehört zum Edelmut der Natur, aber (übertriebene) Freigie­big­keit ist verderblich für die Kreatur (en).“

„Ein Versprechen einem Freund gegenüber nicht einzulösen, ruft den Bruch (der Freundschaft) hervor.“

„(Hartnäckige) Gerüchte unter den einfachen (Menschen) über eine Sache sind der Beweis für den Beginn deren Existenz.“

„Suchet den Lebensunterhalt, denn er ist für die, die danach suchen, garan­tiert.“

„Es gibt vier, deren Gebet nicht unbeantwortet bleiben wird: Das Gebet des gegenüber seinen Untertanen gerechten Imams, das des gegenüber seinem Vater respektvollen Sohns, das des gegenüber seinem Sohn respektvollen Vaters und das des Unterdrückten. Allah sagt : „Bei Meiner Macht und Meiner Größe, Ich werde euch helfen, und sei es (erst) nach (einiger) Zeit.“

„Die beste Art des Reichtums besteht darin, nicht zu betteln. Die schlimmste Armut ist, wenn man es nötig hat, sich (selbst durch Betteln) zu erniedrigen.“

„Derjenige, der lachend seine Sünden eingesteht, ist besser als der Weinende, der sich seinem Herrn gegenüber anmaßend verhält.“

„Gutes Benehmen liegt im Beschütztwerden vor Zerstörung. Freundlichkeit ist die Erfrischung von Schwierigkeiten.“

„Keine Ausrüstung ist nützlicher als der Verstand, und kein Feind ist schädlicher als die Unwissenheit.“

„Wenn es nicht für die wissenschaftlichen Erfahrungen wäre, dann wären die (verschiedenen) Rechtsschulen blind.“

„Wer seine Hoffnungen (zu sehr) ausdehnt, verringert seine Werke.“

„Der Dankbarste unter den Leuten ist der Genügsamste von ihnen. Der Undankbarste von ihnen gegenüber den Gnadengeschenken ist der Gierigste unter ihnen.“

In Aussprüchen wie diesen steckt nützliche Weisheit. Wir haben in dieses Kapitel der Reden nicht all jene eingeschlossen, die berichtet worden waren mit diesen Gedanken von ihm, denn dadurch würden die Reden zu ausgedehnt und das Buch würde zu lang werden. Das, was wir vorgestellt haben, reicht für die Leute, die mit Verständnis begabt sind, aus.

[1] Der genannte Begriff heißt sowohl „Süßwasser“, als auch „Das Wasser des Euphrat“, Anm. d. Übers.

[2] Ibn Qutaiba überlieferte es in „´Uyun al-Achbar“: 2: 329; und Al-Ya´qubi in seiner „Tarich“: 2: 208; und Mas´udi in „Muruj al - Dhahab“: 2: 319, Sharif al-Ridha in „Al - Nahdsch“: 3: 181 / 131; Al - Abi in „Nathr al-Dhurr“: 1: 273, Ibn Shu´ ba in „Tuhaf - al-´Uqul“: 186, mit leichter Abweichung in der Wortwahl.

[3] „Sahifa al-Ridha (a.)“: 81 / 177, „Al-´Aqd al-Farid“: 4: 169, „´Uyun al-Achbar al -Ridha (a.)“: 2: 44; „Al-Chisal“: 315 / 96; „Nahdsch al-Balagha“: 3: 168 / 82.

[4] al-Saduq überlieferte es in seinen „Amali“: 96; „al-Chisal“: 98. „Ma´ani al-Achbar“: 344, Ibn Scha´ba in „Tuhaf al-´Uqul“: 215, mit leichter Abweichung.

[5] „Nathr al-Durr“: 1: 295, ähnliches in „Nahdsch al-Balagha“: 3: 183 / 133.

[6] Eine der Bedeutungen ist, dass Allah dem Menschen nahe ist, auch wenn dieser ihm durch Sünden fern ist, Anm. d. Übers.

[7] Vermutlich sind hier Zahlungen als Sühne gemeint (Anm. d. Übers.)

[8] „Al-Kafi“: 8: 21; „ ´Ilal al-Shara´i´:“: 109 / 7; „Chasa´is al-A´immah“ von Al-Razi: 97; „Dastur al-Ma´alim al-Hukm“: 139, „Nathr al-Durr“: 1: 276.

[9] Das Ende davon in „Nathr al-Durr“: 285, „Tuhaf al-´Uqul“: 223.

[10] „Tuhaf al-´Uqul“: 109.

[11] Vgl. das deutsche Sprichwort: „Müßiggang ist aller Laster Anfang“, Anm. d. Übers.

[12] Tuhaf al-´Uqul“: 201; Ähnliches in „Nathr al-Durr“: 1: 279, und „Standhaftigkeit“ befindet sich nicht darunter.

[13] „Al-Kafi“: 2: 75; „Al-Tamhis“: 64 / 149; „Tuhaf al-`Uqul“: 206.

[14] „Tuhaf al-´Uqul“: 203 und 222, mit leichter Abweichung.

[15] Al-Saduq erwähnte es in „al-Chisal“: 420

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