Buch der Rechtleitung
Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Aussprache: kitaab-ul-irschaad
arabisch:
كتاب الارشاد
persisch:
كتاب الارشاد
englisch: Book of Guidance [kitab al irshad]

Hintergrundinformationen zum Buch siehe: Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Leben des Fürsten der Gläubigen ‘Ali ibn Abi Talib

Seine Urteile im Jemen

Zu den Überlieferungen, die über seine Urteile im Umlauf waren, als der Prophet (s.) noch am Leben war, gehört diese: Als der Gesandte Allahs (s.) ihn mit dem Richteramt im Jemen betrauen wollte und ihn zu ihnen (den Jemeniten) schickte, damit er sie die Gesetzte lehrte, sie mit dem Erlaubten und dem Verbotenen bekannt machte und zwischen ihnen nach dem Qur´an richtete, da sagte der Fürst der Gläubigen (a.) zu ihm: „Willst du mich, o Gesandter Allahs, mit dem Richteramt betrauen, da ich doch noch ein junger Mann bin ohne Wissen über all (die Angelegenheiten) des Richtens?“ „Komm her zu mir“, sagte er (der Prophet, s.) zu ihm. Er ging zu ihm hin, und er tippte auf seine Brust und sagte: „O Allah, leite sein Herz und festige seine Zunge.“ „Nach diesem Ereignis“, sagte der Fürst der Gläubigen, „zweifelte ich nie wieder an (meiner Fähigkeit für) das Richteramt.“[1]

Als er das (Regierungs-) haus (dar) im Jemen bezogen hatte und sich um das Richten und Entscheiden zwischen den Muslimen kümmerte, womit ihn der Gesandte Allahs (s.) beauftragt hatte, wurden zwei Männer zu ihm gebracht. Bei ihnen war eine Sklavin, über die beide zu gleichen Teilen ein Recht hatten. Sie wussten nicht, dass es ihnen verboten war, mit ihr Verkehr zu haben, und sie hatten beide Verkehr mit ihr gehabt während des selben Menstruationszyklus. (Sie hatten das getan) im Glauben, dass dies erlaubt war, aufgrund ihres kürzlichen Übertritts zum Islam, und weil sie wenig Wissen darüber hatten, was die Schari´a an Gesetzen umfasste. Die Sklavin war schwanger geworden und hatte einen Sohn geboren. Sie stritten darüber (wer der Vater war). Er (Imam Ali, a.) warf Lose mit ihrem Namen für den Jungen, und das Los fiel auf einen von ihnen, und er sprach diesem den Jungen zu, aber verpflichtete ihn, die Hälfte des Wertes für ihn zu zahlen, da er Sklave seines Teilhabers war. Er sagte: „Wenn ich wüsste, dass ihr das getan habt, nachdem der Beweis des Verbotes dafür zu euch gekommen war, dann würde ich dafür Sorge tragen, dass ihr beide bestraft werdet.“ Dieses Ereignis kam dem Gesandten Allahs (s.) zu Ohren, und er billigte und bestätigte das Urteil darüber innerhalb des Islam und sagte: „Preis sei Allah, Der unter uns, der Ahl-al-Bait, jemanden gebracht hat, der nach der Verfahrensweise und Praxis Dawuds[2] (a.) richtet.“ Damit meinte er die Rechtssprechung durch Inspiration (ilham), die der Bedeutung von Offenbarung (wahy) gleichkam, wie eines herabgesandten Textes dafür, wenn es eine Erklärung für (solch ein Ereignis) gegeben hätte.[3]

Zu den Dingen, die vor ihn gebracht wurden, während er im Jemen war, gehört der Bericht (von der Begebenheit,) als eine Fallgrube für einen Löwen gegraben wurde und er hinein fiel. Die Leute sammelten sich darum, um ihn anzuschauen. Ein Mann stand am Rand der Grube. Sein Fuß rutschte aus, und er klammerte sich an einen anderen Mann, und der hängte sich an einen dritten, und der Dritte an einen Vierten. Sie fielen alle in die Grube, der Löwe zerriss sie, und sie wurden alle getötet. Er (Imam ´Ali, a.) fällte das Urteil, dass der Erste Opfer des Löwen gewesen sei, und dass er (bzw. seine Familie) für die Zahlung eines Drittels der Entschädigungszahlung für den zweiten (der dem Löwen zum Opfer gefallen war) verpflichtet war, und dass (der Familie) des Zweiten (Opfers) zwei Drittel der Entschädigungszahlung für den Dritten sowie dem Dritten (bzw. dessen Familie) die gesamte Entschädigungszahlung für den Vierten oblag.[4] Der Bericht erreichte den Gesandten Allahs (s.). Er sagte: „Abu al-Hassan hat mit dem Urteil Allahs entschieden, Dem Mächtigen und Erhabenen auf Seinem Thron.“ [5]

Dann wurde der Fall vor ihn gebracht, dass ein Mädchen in einem arglosen Spiel ein anderes Mädchen auf den Schultern trug. Da kam ein anderes Mädchen daher und kniff das Mädchen, das (das andere) trug. Sie machte einen Sprung, weil sie gekniffen wurde, das Mädchen, dass auf (ihren Schultern) saß, fiel hin, brach sich das Genick und starb. Er (Imam ´Ali, a.) entschied, dass das Mädchen, das (die andere) gekniffen hatte, ein Drittel der Entschädigungs­zahlung zu zahlen hätte und das Mädchen, das gesprungen war, ein (weiteres) Drittel zahlen musste, und das verbleibende Drittel entfiel, da das Reiten des Mädchens, das sich das Genick brach (auf den Schultern des anderen) als Spiel geschah. Der Bericht darüber erreichte den Gesandten Allahs (s.), und dieser bestätigte und bekräftigte dessen Richtigkeit. [6]

Er (a.) gab (auch) sein Urteil (in dem Fall), als eine Mauer auf einige Leute gefallen war und sie getötet hatte. In ihrer Gruppe befanden sich eine Sklavin und eine freie Frau. Die freie Frau hatte einen kleinen Sohn von einem freien Mann, und die Sklavin hatte einen kleinen Sohn von einem Sklaven, und das freie Kind konnte nicht von dem Sklavenkind unterschieden werden.[7] Er warf Lose zwischen ihnen, und er sprach dem die Freiheit zu, auf den das Los des Freien fiel, und er sprach dem die Sklaverei zu, auf den das Los des Sklaven fiel. Dann befreite er ihn (den Sklaven) und machte ihn zum Schutzbefohlenen (des Freien), und so urteilte er hinsichtlich ihres Erbes mit dem Urteil eines Freien und dessen Schutzbefohlenen. Der Gesandte Allahs (s.) bestätigte dieses Urteil, er erklärte dessen Richtigkeit, indem er es bekräftigte, wie wir es vorher schon erwähnt und beschrieben haben.

[1] Mit leichter Abweichung wurde es überliefert in „Tabaqat al-Kubra“: 2: 337, „Musnad Ahmad 2: 1: 136, „Sunan Ibn Madscha“: 2: 774; „Ansab al-Aschraf“: 2: 101; „Musnad Abi Ya’la“: 1: 268 und 323; „Tarich Bagdad“: 12: 443; und ´Allamah al-Madschlisi überlieferte es in „al-Bihar“: 40: 244

[2] Die Gerechtigkeit Davids gilt als besonders vorbildhaft unter den Propheten, da er einer der wenigen Propheten war, der auch viel zu richten hatte, Anm. d. Übers.

[3] Ähnliches wurde in „al-Kafi“ überliefert: 5: 491,; und in „al-Fakih‘“: 3: 54; „Tahdhib al-Ahkam“: 6: 238: „Misbah al-Anwar“: 182; „Manaqib Al-i -Abi Talib“: 2: 353.

[4] Dadurch wurde der Schaden unter den Opfern gleichmäßig aufgeteilt. Der Erste zahlt ein Drittel, der zweite erhält ein Drittel und zahlt zwei Drittel (also auch nur ein Drittel), der Dritte erhält zwei Drittel und zahlt drei Drittel (also auch nur ein Drittel), so dass letztendlich der Erste, Zweite und Dritte (die jeweils Schuld am Ableben des nächsten waren) gemeinsam die Entschädigungszahlung an den Vierten unter sich aufteilten, da der unschuldig war, Anm. d. Übers.

[5] „Al-Kafi“: 7: 286 / 3; „al-Fakih“: 4: 86/278; „Tahdhib al-Ahkam“: 10: 239/901; „al-Muqanna´a“: 750; „Misbah al-Anwar“: 182; „Manaqib Al-i-Abi Talib“: 2: 354 und 378;, mit leichter Abweichung.

[6] „Al-Muqanna’a“: 750 ; „Manaqib Al-i Abi Talib“: 2: 354, und mit leichter Abweichung in der Aufteilung der Entschädigungszahlung zur Hälfte und zu einem Drittel in „al-Fakih“: 125; „Tahdhib al-Ahkam“: 10: 241; und Allamah al-Madschlisi überlieferte es in „al-Bihar“: 104: 393.

[7] Offensichtlich handelte es sich um Babys und die Problematik betraf das Erbrecht, Anm. d. Übers.

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