An Bord des »Tonnerre«.
Lorient, 3. Februar 1878.
Ich kam vom Friedhof zurück. Dort hatte man einen jungen
Artillerieoffizier begraben, der sich unter den Fenstern
seiner Angebeteten aus unglücklicher Liebe erschossen hatte.
Mein Freund, der Schiffsfähnrich d'Esguiyen, mit dem ich
eine Stunde geplaudert hatte, verließ mich plötzlich, um so
schnell als möglich, auf einem Querweg, heimzugelangen. »Weil
man mich zu Hause erwartet,« sagte er. »Man« waren sein junges
Weib und sein blondes einjähriges Töchterchen, die seiner
Heimkunft harrten ... Ich aber schlenderte trübselig meinem
leeren Zimmer entgegen. Die Winternacht fiel herein, grauer
Dämmerdunst umhüllte die Stadt, und die gelben Lichter der
Gaslaternen flammten langsam im kalten Nebel auf.
Hafenarbeiter kamen aus dem Dienst, müde und froh zugleich, –
auch auf sie wartete »man« am heimischen Herd...
Arme, liebe kleine Aziyadé, Stambul liegt fern, doch die
Februarnacht sinkt düster und geheimnisvoll auch auf die
Haremsgebäude nieder und auf die mächtigen Tempel des Islam,
die zweifellos bald nicht mehr sein werden. Liebe kleine
Aziyadé, ich liebe dich mit meiner ganzen Seele und meinem
ganzen Herzen noch ebenso wie einst beim bitteren Scheiden.
Vielleicht kommt einst der Tag, wo »man« mich auch daheim
erwarten wird, eine andere, eine Unbekannte, deren Dasein mir
noch fremd ist, die mir heut' noch nichts bedeutet ...
Vielleicht auch Kinder, kleine Kinder, und es werden nicht
deine Kinder sein ...
Meinst du, ich könnte jemals kleine Kinder lieben, wenn
nicht in ihren Adern dein Blut und meines gemeinsam fließt?
...