An Bord der »Couronne«.
Salonique, Mai 1876.
Eben hat der Sultan Mourad V. den Thron bestiegen und seit
drei Tagen prangt Salonique im Festesglanz. Die Reede hat
Flaggenschmuck angelegt und illuminiert jeden Abend. Beim
Einbruch der Nacht erstrahlen die türkischen Schiffe in
bengalischem Licht. Unter allen anderen sind sie diejenigen,
die die prächtigste Beleuchtung und das stärkste
Artilleriefeuer haben.
Am Land trägt jedes Minarett einen Feuerkranz, und lange
Lichtschnüre säumen die Kais, auf denen erst kürzlich Galgen
gestanden haben.
In der Stadt gibt es viel Lärm, in allen Moscheen wird
inbrünstig zu Ehren Allahs gesungen. Besonders die türkischen
Stadtteile sind sehr belebt, die Bewohner ergehen sich in
ihren glänzendsten Gewändern, die fürstlichen Goldbesatz
tragen, und die Straßen sind, wie bei unseren ländlichen
Festen daheim, voller Reisiggirlanden und vielfarbiger
Lampions.
Heute, am dritten Freudentag, bricht am frühen Morgen
plötzlich Feuer in einem Winkel des Bazars aus. Die alten
finstern Gäßchen mit ihrer Holzpflasterung, die alten Häuschen
aus Holz flammen wie Stroh, und die türkischen Händler, welche
die Feuersbrunst vertrieben hat, breiten nun kunterbunt auf
dem Boden all ihre kostbare orientalische Ware, Teppiche und
Gewürze, aus. Bei Tagesanbruch steht ein ganzer großer
Stadtteil in roter Glut, von ungeheueren Rauchsäulen umgeben.
Französische und fremde Schiffe entsenden in Eile ihre
Mannschaft mit Löschapparaten. Eine Griechenbande, die das
Durcheinander zu Diebstählen benützen will, wird von den
Matrosen braun und blau geschlagen. Letztere erklimmen die
Dächer und beginnen sie abzutragen; so gelingt es ihnen rasch,
den Brand einzuschränken und ihn schließlich ganz zu meistern.
Um zehn Uhr gibt es nur mehr Rauch und erloschene Glut.
Morgen Trauermesse für den Konsul von Frankreich.
Übermorgen Seelenamt für den Konsul von Deutschland in der
griechischen Kirche. Schwarzgeränderte Maueranschläge an allen
Enden der Stadt bringen dies zur allgemeinen Kenntnis.