Qutb, Sayyid
Sayyid Qutb

Aussprache: sayyid qutb
arabisch:
سيد قطب
persisch:
سيد قطب
englisch: Sayyid Qutb

9.10.1906 - 29.8.1966 n.Chr.

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Sayyid Qutb war ein Ideologe der ägyptischen Muslimbruderschaft und galt als Vordenker des Islam Ende des 19. Jh. n.Chr.

Er wurde am 9. Oktober 1906 in Muscha in Ägypten geboren. Seine Werke wurden von einigen Muslimen als Aufruf zur Militanz gegen zunächst die Monarchie und dann das Militärregime in Ägypten verstanden.

Sayyid Qutb entstammt einer bürgerlichen Familie und fand nach eigenen Angaben erst nach seiner Jugend näheren Zugang zum Islam. Sein Vater war Abgeordneter der Nationalen Partei. Nach Beendigung der Schulzeit begann er sein Studium am Institut für Lehrerausbildung in Kairo, während er bei seinem ortsansässigen Onkel wohnte, der Journalist war. Nach erfolgreichem Abschluss absolviert er 1933 „Das Haus der (islamischen) Wissenschaft“ (Dar al-Ulum), das gegründet worden war als Konkurrenz zur Al-Azhar-Universität. Über den zweiten Weltkrieg hinaus bis ca. 1949 arbeitete er für das Bildungsministerium und verfasste zahlreiche Reformentwürfe für die Verbesserung des Erziehungswesens. Gleichzeitig trat er als Journalist für auflagenstarke Zeitungen in Erscheinung.

Als ehemaliges Mitglied der Wafd-Partei trennte er sich 1945 von der Parteipolitik und trat als Sprecher arabisch-nationalistischer Ideen in Erscheinung, wodurch er den Zorn König Faruqs auf sich zog. Er wurde 1948 im Auftrag des Bildungsministeriums in die USA geschickt, um für unbegrenzte Zeit in den Vereinigten Staaten zu bleiben und das dortige Bildungssystem zu studieren, was faktisch einem temporären Landesverweis entsprach.

Seine Erlebnisse während des Aufenthalts in den USA, die von Qutb wahrgenommene Doppelmoral aber insbesondere auch der damals vorherrschende Rassismus, der auch ihn als Ägypter traf, und die Wahrnehmung der Vergötterung des Geldes beeinflussten wahrscheinlich seine spätere Weltanschauung. Als er dann auch noch miterleben musste, wie die Ermordung des Oberhauptes der Muslimbruderschaft, Hasan al-Banna, in den USA mit Freude quittiert wurde, kehrte ein Mann nach Ägypten zurück, der wegen seiner öffentlichen Kritik an den Missständen des Landes gezwungen wurde, seinen Posten im Bildungsministerium aufzugeben. In diese Zeit fällt seine Rückbesinnung auf den Islam und die Kontakte zu der Muslimbruderschaft, der er 1951 beitrat. Dort arbeitete er zunächst in der Abteilung „Nasr ad-Dawa“ (Triumph der Einladung (zum Islam)). Auch der damals noch junge Nasser soll zu seinen Zuhörern gehört haben, der ihn allerdings später bei einer Streitigkeit einsperren ließ.

Am 8. Oktober 1954 scheiterte ein Attentat auf Nasser, wobei ein Anhänger der Muslimbruderschaft festgenommen wurde. Dies bot Nasser die Gelegenheit, ein für allemal diese Widersacher zu beseitigen. Die Muslimbruderschaft wurde zerschlagen, zahlreiche Aktivisten verhaftet und gefoltert, darunter auch Qutb. Das Urteil für Qutb von 13. Juli 1955 lautete auf 25 Jahre Zwangsarbeit. Diese musste er anfänglich in einem Staatsgefängnis in Tura und dann in einem Gefängniskrankenhaus verbringen. In dieser Zeit erhielt er die Möglichkeit zu schreiben. Seine Werke "Im Schatten des Korans" [fi zilal al-qur’an] und "Zeichen auf dem Weg" [ma'alim fi-t-tariq] entstanden während seiner Haftzeit. Qutb wurde 1964 durch die Intervention des irakischen Präsidenten, der zu dieser Zeit auf Staatsbesuch in Ägypten weilte, entlassen. Sein letztgenanntes Buch wurde veröffentlicht, dann von der Zensur verboten, wieder zugelassen und nach der fünften Auflage erneut verboten.

Das Regime Nassers beschloss einige unliebsame Kritiker zu liquidieren. Qutb und zwei seiner Gefährten wurden gefoltert und in einem Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 29. August 1966 vollstreckt. Qutb wurde erhängt.

Seine Werke prangerten die damals vorherrschende Wertlosigkeit in den muslimischen Gesellschaften an und die Abwendung vom Islam, in der er die Ursache für den Niedergang der muslimischen Gesellschaften sah. Er verglich die gesellschaftliche Situation mit der Zeit der Unwissenheit. Auf dem Weg zur Beseitigung der Unwissenheit empfahl Qutb den Rückzug von der unislamischen Kultur, die Selbstreinigung und Befreiung von den Traditionen und Vorstellungen der Gesellschaft der Unwissenheit. Seine Kritik richtete sich dabei gegen den Kapitalismus und Sozialismus, die beiden damaligen ideologischen Weltblöcke, gleichermaßen.

Sein Buch "Unser Kampf mit den Juden" wurde ihm von seinen Gegnern als antisemitisch angeprangert. Er traf allerdings den damaligen Zeitgeist einer mehrere Niederlagen gegen Israel hinnehmenden arabischen Gesellschaft. Da eine deutliche Differenzierung zwischen Israeliten, Zionisten und/oder Juden in seinen Schriften nicht erkennbar war, wurden sie nach seinem Ableben von manchen seiner Anhänger gegen das Judentum an sich gedeutet, was mit der islamischen Heilsbotschaft nicht vereinbar ist. Da Qutb 1966 hingerichtet wurde, war ihm selbst eine Interpretation, Klarstellung bzw. Überarbeitung seiner Gedanken nicht mehr möglich. So bleibt zweifelhaft, ob er wirklich überhaupt zum militanten Kampf aufgerufen hat, wenn auch einige spätere Militante sich auf ihn berufen haben.

Die bei den muslimischen Akademikern aufgrund der Einsetzung durch die Machthaber nicht mehr so beliebten Gelehrten der Al-Azhar-Universität lehnten die Schriften Qutbs ab, was als zusätzliche Werbung wirkte. Sie verglichen ihn mit den Chawaridsch, was allerdings nicht als sehr glaubwürdig anerkannt wurde, verteidigten doch die gleichen Gelehrten Muawiya ibn Abu Sufyan.

Sein Bruder Muhammad Qutb erwiderte 1975 auf die Vorwürfe gegen seinen Bruder, dass er ihn mehr als einmal habe sagen hören: „Wir sind Prediger und keine Richter. Unser Ziel ist es nicht, den Menschen Regeln aufzuzwingen, sondern ihnen diese eine Wahrheit nahe zubringen, dass es keinen Gott außer Gott gibt. Tatsächlich wissen die Menschen nicht, welche Anforderungen diese Formel beinhaltet.“

Die Islamische Republik Iran hat Sayyid Qutb zu Ehren 1984 n.Chr. eine Briefmarke herausgebracht.

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