Izetbegovic, Alija
  Alija Izetbegovic

Aussprache:
arabisch:
علي عزت بيغوفيتش
persisch:
englisch: Alija Izetbegović

8.8.1925 - 19.10.2003 n.Chr.

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Alija Izetbegović war ein bosnischer Politiker. Er war von 1990 bis 1992 Präsident der jugoslawischen Teilrepublik Bosnien und Herzegovina und von 1992 bis 2000 führendes Mitglied des siebenköpfigen, kollektiven Staatspräsidiums Bosnien-Herzegowinas. 1992 erklärte er im Ergebnis eines international überwachten Referendums in Bosnien die Unabhängigkeit Bosniens.

Izetbegović wurde am 8.8.1925 als Sohn eines Buchhalters in der nordbosnischen Stadt Bosanski Šamac geboren. Später siedelte die Familie nach Sarajevo über. Dort wächst Izetbegović unter slawischen Muslimen auf.

Während des Zweiten Weltkriegs schloss er sich der Gruppe der Jungen Muslime, einer antikommunistischen Organisation, an. Wegen dieser Aktivitäten wurde er nach der Machtübernahme durch den KP-Chef Tito bereits unmittelbar nach Gründung der ersten jugoslawischen Nachkriegsregierung 1946 für drei Jahre ins Gefängnis verbannt. Nach seiner Freilassung studierte er in Sarajevo Jura.

In 1970 gab er das Manifest "Die islamische Deklaration" heraus. 1980 erschien sein Buch "Der Islam zwischen Ost und West". Wegen der islamischen Deklaration, die von der kommunistischen Zensur verboten war und daher illegal kursierte, wurde er vom jugoslawischen Regime 1983 zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Die kommunistische Regierung warf ihm in verschwörerische Pläne zur Errichtung eines Islamischen Staates vor. Er wurde allerdings nach fünf Jahren 1988 nach Veränderungen im Machtsystem Jugoslawiens aus der politischen Haft entlassen.

In 1990 gründete er gemeinsam mit dem Geschäftsmann Fikret Abdić, der später zu einem Rivalen wird, die Partei der demokratischen Aktion (SDA). Aus der Wahl am 16.11.1990 in Bosnien geht sie als Sieger hervor. Obwohl bei den gleichzeitig stattfindenden Wahlen zum Präsidenten Abdić die meisten Stimmen bekam, übernahm nach internen Diskussionen Izetbegović dieses Amt und wurde Präsident Bosnien-Herzogowinas.

Nachdem Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärt hatten war Izetbegović zunächst für den Verbleib Bosnien-Herzegowinas bei Restjugoslawien und sprach sich für eine „gesunde Föderation“ aus. Doch bald entwickelte sich die Lage, auch aufgrund äußerer Zwänge und innerem Druck derart, dass er die Unabhängigkeit anstrebte, während die jugoslawische Volksarmee unter Kommando des bereits im Kroatien-Krieg hervorgetretenen Generals Mladić einen offenen Krieg für Fall einer Unabhängigkeitserklärung Bosniens vorbereitete. Am 15. Januar 1992 erkannte die Europäische Union Slowenien und Kroatien als souveräne Staaten an und stellte auch Bosnien-Herzegowina die Anerkennung unter der Bedingung in Aussicht, dass die Bevölkerung in einem Referendum für die Unabhängigkeit votieren würde.

In dieser Phase unterzeichnete Izetbegović am 23. Februar 1992 ein Abkommen über die Bildung einer Konföderation mit den bosnischen Serben und Kroaten. Nachdem sich am 26. Februar Vertreter der nationalistischen bosnischen Parteien HDZ und SDS getroffen hatten, um über die Aufteilung des Territoriums zu verhandeln, revidierte er diese Position. Am 29. Februar ließ er ein Referendum zur Unabhängigkeit abhalten. Die Volksgruppen der Kroaten und Bosniaken stimmten mit über 90 % dafür, die Serben boykottierten die Abstimmung.

Nach der Anerkennung Bosniens am 6. 4.1992 durch die EU suchte Izetbegović nach einer Aufteilung des ehemaligen Jugoslawien ohne Blutvergießen. Erst als die militärische Eskalation nicht mehr abzuwenden war und die EU das muslimische Bosnien im Stich ließ, wandte sich Izetbegović an muslimische Länder um Hilfe.

Nach dem verlustreichen Bosnienkrieg 1992–95 n.Chr. wurde auf einer Militärbasis in Dayton 1995 in wochenlangen Verhandlungen das Dayton-Abkommen ausgehandelt, in dem US-Unterhändler Holbrooke Izetbegović unter Druck setzte, den nationalistischen Interessen des serbischen und des kroatischen Präsidenten teilweise nachzugeben. Am Ende fand sich die multiethnische bosnische Führung unter Izetbegović zum Unterzeichnen des Friedensvertrages in Paris gemeinsam mit dem kroatischen Staatspräsidenten Tuđman und dem serbischen Staatspräsidenten Milošević bereit.

Alija Izetbegović wurde durch die ersten Nachkriegswahlen 1996 wieder bestätigt und vertrat als Präsident Bosniens seine Partei SDA im kollektiven Staatspräsidium von Bosnien-Herzegowina, das er gemeinsam mit den nationalen Repräsentanten Zubak HDZ und Krajsnik SDS wahrnahm, bis er sich 2000 aus gesundheitlichen Gründen zurückzog. Izetbegović wurde Ehrenvorsitzender seiner Partei SDA, was er bis zu seinem Tode blieb.

Am 10.9.2003 erlitt der 78-jährige Izetbegović nach einem Sturz in seinem Haus einen Ohnmachtsanfall und dabei vier Rippenbrüche sowie innere Blutungen. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich am 16. Oktober 2003, und er wurde auf die Intensivstation eines Krankenhauses verlegt. Am Vortag seines Todes schien er zu ahnen, dass er nicht mehr genesen werde. Der amtierende türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan reiste nach Sarajevo, um noch einmal mit ihm zu sprechen. Izetbegović rief an diesem Tag in einem telefonischen Interview mit dem privaten TV-Sender Hayat in Sarajevo nochmals zur Versöhnung auf und mahnte, dass die Republik Bosnien-Herzegowina nur überleben würde, wenn der Hass zwischen den Völkern überwunden werde. Gleichzeitig mahnte Izetbegović die Einheit des Staates Bosnien-Herzegowina an: Serben, Kroaten und Bosniaken sollten ihrer nationalen Identität treu bleiben, aber „sie sollten alle Bosnier sein“.  Am 19.10.2003 n.Chr. starb Izetbegović, den seine Anhänger liebevoll "Dedo" (Großvater) riefen. Er wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und Anwesenheit vieler Staatsgäste in Sarajevo nach islamischen Ritus beigesetzt.

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